Leverage Ratio
Ein wesentlicher Bestandteil des Basel-III-Rahmenwerkes und dessen Umsetzung in der Europäischen Union (EU) ist die Einführung einer Verschuldungsquote (Leverage Ratio). Diese setzt das aufsichtliche Kernkapital einer Bank (Zähler) in Beziehung zu ihrem Gesamtengagement (Nenner). Eine geringe Kennziffer geht demnach mit einer relativ zum Kernkapital hohen Verschuldung einher. Dabei orientiert sich der Wertansatz bilanzieller Positionen an dem für das jeweilige Institut maßgeblichen Rechnungslegungsstandard. Um die internationale Vergleichbarkeit der Leverage Ratio sicherzustellen, sind hierbei einige Sonderregelungen enthalten.
Im Gegensatz zu den, auch auf Modellannahmen gestützten risikobasierten Eigenkapitalanforderungen werden die einzelnen Positionen im Rahmen der Leverage Ratio nicht mit einem individuellen Risikogewicht versehen, sondern ungewichtet im Kennziffernwert berücksichtigt. Die Leverage Ratio soll Schwächen der Regulierung adressieren, die während der Finanzkrise, beginnend in 2007, zutage traten. So soll die Leverage Ratio zum einen der im Grundsatz zyklischen Wirkung risikobasierter Eigenkapitalanforderungen entgegenwirken. Zum anderen soll die ergänzende risikoinsensitive Leverage Ratio Schwächen risikobasierter Eigenkapitalanforderungen ausgleichen (sog. Backstop-Funktion). Solche offenbarten sich in der Krise, als die von Banken erlittenen Verluste in einigen Fällen die modellgestützt berechneten Risiken deutlich überstiegen.
Die Leverage Ratio wurde zunächst als ergänzendes Instrument, das nach Ermessen der Aufsichtsbehörden auf einzelne Institute angewandt werden kann, eingeführt (Säule II). Im Dezember 2017 hat der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht (Basel Committee on Banking Supervision, BCBS) dann entschieden, die zunächst vorläufige Zielquote i. H. v. 3,0 % ab 2018 als verbindliche Mindestanforderung (Säule I) vorzusehen.
Neben der Neueinordnung in das bankaufsichtliche Drei-Säulen-Modell sieht das finalisierte Baseler Leverage Ratio-Rahmenwerk verschiedene technische Änderungen an der Methodik zur Berechnung der Kennziffer vor. Weiterhin soll für global systemrelevante Banken (G-SIBs) ab 2023 die LR-Anforderung um einen Kapitalzuschlag erhöht werden, der ebenfalls aus aufsichtlichem Kernkapital bestehen und 50 % des risikobasierten Kapitalpuffers für G-SIBs betragen soll. Zum Beispiel würde demnach für eine Bank, die einen risikobasierten G-SIB-Puffer von 2 % vorhalten muss, die LR-Anforderung um 1 % auf dann insgesamt 4 % steigen.
Die Capital Requirements Regulation (CRR, Verordnung (EU) Nr. 575/2013) in der jeweils aktuellen Fassung, ist für die EU-Mitgliedstaaten die Rechtsgrundlage für die Leverage Ratio-Anforderungen. Deren Anwendungsbereich wurde national jedoch durch eine weiter gefasste Definition des Institutsbegriffs vergrößert. Dieser schließt beispielsweise auch Institute, die nur das Einlagen-, nicht aber das Kreditgeschäft betreiben, ein (§ 1a KWG).
Um das Risiko einer übermäßigen Verschuldung beurteilen zu können, melden Institute den nationalen Aufsichtsbehörden vierteljährlich alle erforderlichen Informationen zur Leverage Ratio und ihren Komponenten. Darüber hinaus sind die Institute seit 2015 zur Offenlegung der Leverage Ratio und ihrer Bestandteile verpflichtet. Mit Anwendung der Vorgaben der CRR II zur Leverage Ratio ist diese seit Juni 2021 eine verbindliche Mindestanforderung innerhalb der EU. Im Rahmen CRR II der wird ebenfalls der Zuschlag für G-SIBs, analog zu den Baseler Vorgaben, ab 2023 in der EU umgesetzt.
Weiterführende Informationen
Europäisches Regelwerk zur Leverage Ratio
Baseler Regelwerk zur Leverage Ratio
teilweise in englischer Sprache