Stabilitäts- und Wachstumspakt nicht schwächen Stellungnahme der Deutschen Bundesbank zu den Kommissionsvorschlägen für eine Reform des Stabilitäts- und Wachstumspakts

Die EU-Kommission hat am 3. September 2004 ihre Vorschläge für eine Reform des Stabilitäts- und Wachstumspakts erläutert. Nach Auffassung der Bundesbank würde der Stabilitäts- und Wachstumspakt durch die vorgeschlagenen Änderungen insgesamt nicht gestärkt, sondern geschwächt. Damit würden sich die Rahmenbedingungen für die Geldpolitik in der Währungsunion verschlechtern. Der Anreiz zu einer soliden Haushaltspolitik in den Mitgliedstaaten der Währungsunion würde vermindert und zugleich ein falsches Signal an jene Länder gesendet, in denen die Gemeinschaftswährung bislang noch nicht eingeführt worden ist.

Ziel des Stabilitäts- und Wachstumspakts ist es, in der Wirtschafts- und Währungsunion solide öffentliche Finanzen zu erreichen und zu sichern. Die finanzpolitische Flexibilität der Mitgliedstaaten wird dabei keineswegs über Gebühr eingeschränkt. Ein mittelfristig zumindest annähernd ausgeglichener Haushalt ermöglicht grundsätzlich das Wirkenlassen der automatischen Stabilisatoren. Solide öffentliche Finanzen fördern Wachstum und Beschäftigung und helfen, die demographischen Herausforderungen zu bewältigen, die zu einer erheblichen Belastung der sozialen Sicherungssysteme führen werden. Gesunde Staatsfinanzen sind eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass das Europäische System der Zentralbanken Preisstabilität bei relativ niedrigen Zinsen dauerhaft gewährleisten kann. In der öffentlichen Debatte in Deutschland bildeten die finanzpolitischen Regeln in Europa eine wichtige Voraussetzung für die Einführung des Euro.

Der Stabilitäts- und Wachstumspakt hat kein Ausgestaltungs-, sondern ein Umsetzungsproblem. Zwar zielen einige Kommissionsvorschläge auf eine konsequentere Anwendung des Pakts im Rahmen des gegebenen Regelwerks, doch warnt die Bundesbank davor, die festgelegten Regeln für die Finanzpolitik zu verändern. Viele der jetzt von der EU-Kommission zur Diskussion gestellten Vorschläge würden das Regelwerk komplizierter und unübersichtlich machen und damit seine Durchsetzbarkeit beeinträchtigen. Einige Vorschläge laufen auch auf weniger Regelbindung und mehr Ermessensspielraum hinaus. Einen solchen Richtungswechsel hält die Bundesbank für falsch. So sollte insbesondere das Überschreiten der 3%-Grenze für die Defizitquote nach unserer Überzeugung auch weiterhin nur in den im Stabilitäts- und Wachstumspakt spezifizierten Ausnahmefällen erlaubt sein. Der Zeitraum für die Korrektur übermäßiger Defizite sollte nicht ausgedehnt werden.