Stellungnahme anlässlich der öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages zum Entwurf des CRD IV-Umsetzungsgesetzes am 7. Mai 2013 Schriftliche Stellungnahme der Deutschen Bundesbank anlässlich der öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages zum Entwurf des CRD IV-Umsetzungsgesetzes am 7. Mai 2013

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wird die Richtlinie 2012/…/EU in das Kreditwesengesetz (KWG) umgesetzt und es werden Änderungen aufgrund der unmittelbar geltenden Verordnung (EU) Nr. …/2012 (zusammen im Folgenden: CRD IV) vorgenommen. Die Trilogverhandlungen zur CRD IV auf europäischer Ebene sind nunmehr abgeschlossen und das Europäische Parlament hat das Regulierungspaket am 16. April 2013 angenommen. Das CRD IV-Umsetzungsgesetz wurde bereits in einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses am 28. November 2012 behandelt. Die eingebrachten Änderungs­anträge zum Umsetzungsgesetz beruhen insbesondere auf zwischenzeitlich vorgenommenen Änderungen und Ergänzungen in dem finalen CRD IV-Paket.

Die Deutsche Bundesbank begrüßt den Entwurf des Umsetzungsgesetzes einschließlich der vorgelegten Änderungsanträge, mit dem die Umsetzung von Basel III in nationales Recht und somit eine nachhaltige Stärkung der Widerstandskraft des Bankensystems erfolgen soll. Zu einzelnen Punkten nimmt die Deutsche Bundesbank wie folgt Stellung: 

1. Anwendungsbereich und Ausnahmen

Der Begriff des Kreditinstituts ist nach der Verordnung (EU) Nr. …/2012 auf Unternehmen beschränkt, die das Einlagen- und Kreditgeschäft betreiben, während der Kreis der Bankgeschäfte und damit der Kreditinstitutsbegriff im KWG weiter gefasst ist. Auch der Begriff des Finanzdienstleistungsinstitutes ist nach den Vorschriften des KWG breiter definiert als die Wertpapierfirma nach Verordnung (EU) Nr. …/2012. An der weiten nationalen Abgrenzung wird auch künftig festgehalten; die bestehenden Begriffs­bestimmungen für Institute und Finanzunternehmen bleiben deshalb grundsätzlich unverändert. Auf Institute, die nicht unter den Institutsbegriff der Verordnung (EU) Nr. …/2012 fallen, werden die Regelungen der EU-Verordnung über einen entsprechenden Verweis in § 1a KWG-E ebenfalls angewendet. Wir befürworten, dass damit die EU-rechtlichen Vorgaben in bewährter deutscher Umsetzungstradition grundsätzlich auf alle Institute erstreckt werden.

Für Bürgschaftsbanken werden die Regelungen der EU-Verordnung zwar grundsätzlich angewendet, sie werden zu Recht jedoch von den Regelungen zur Berechnung der Liquiditätsanforderungen, der Leverage Ratio und zum antizyklischen Kapitalpuffer ausgenommen. Gleichwohl ist vorgesehen, dass Bürgschaftsbanken gesonderte Liquiditätsanforderungen zu erfüllen haben, die durch eine Rechtsverordnung geregelt werden. 

Des Weiteren wurde ein besonderer Abschnitt zur Beaufsichtigung von Wohnungsunternehmen mit Spareinrichtung eingefügt. Diese betreiben in geringem Umfang das Einlagengeschäft und sind daher Kreditinstitute nach dem KWG. Für sie wird nicht auf die Regelungen der EU-Verordnung verwiesen. Vielmehr werden Sonderregelungen im Sinne von Vereinfachungen eingeführt, die eng an der Geschäftsstruktur dieser Unternehmen ausgerichtet sind und auch die für diese Institutsgruppe bestehende Verwaltungspraxis berücksichtigen. Die Ausnahmen sind aufgrund des geringen Risikogehalts der Geschäfte dieser Institute zu begrüßen. 

2.         „Zuständige Behörde“ im Sinne von Art. 5 Richtlinie 2012/…/EU

Nach Art. 5 Richtlinie 2012/…/EU müssen die Mitgliedstaaten der Europäischen Kommission und der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) die im Sinne der EU-Richtlinie „zuständigen Behörden“ anzeigen, wobei die EU-Richtlinie ausdrücklich Regelungen für den Fall trifft, dass zwei oder mehr Behörden zuständig sind. Mit der ihr gesetzlich übertragenen Wahrnehmung der laufenden Überwachung übt die Bundesbank Tätigkeiten aus, die einer zuständigen Behörde zugewiesen werden. Die Deutsche Bundesbank begrüßt ihre ausdrückliche Benennung als zuständige Stelle, da hierdurch die im KWG niedergelegte Aufgabenverteilung gegenüber der Europäischen Kommission und insbesondere gegenüber der EBA sowie die Einbindung der Deutschen Bundesbank in die Bankenaufsicht deutlich gemacht werden.

3.         Aufsichtlicher Überprüfungs- und Evaluierungsprozess

Mit dem neuen § 6b KWG-E wird die Normierung des aufsichtlichen Überprüfungs- und Evaluierungsprozesses gestärkt. Wesentlich ist dabei die Ausrichtung auf eine präventive Aufsichtstätigkeit. Die Deutsche Bundesbank befürwortet die Umgestaltung der Bestimmungen, da damit den Erfahrungen in der Finanzkrise mit systemrelevanten Instituten und deren Bedeutung bzw. Risiken für die Finanzstabilität Rechnung getragen wird. Deutschland setzt so auch die internationalen Anforderungen an eine bei systemrelevanten Instituten intensivierte und effektive Aufsicht um.

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) soll in enger Abstimmung mit der Deutschen Bundesbank zusammenfassend und zukunftsgerichtet beurteilen, ob die von einem Institut geschaffenen Regelungen, Strategien, Verfahren und Prozesse sowie die Liquiditäts- und Eigenmittelausstattung des Instituts ein angemessenes und wirksames Risikomanagement und eine solide Risikoabdeckung gewährleisten. 

4.         Verschwiegenheitspflicht

Durch die Änderungen in § 9 KWG-E wird der Kreis der Stellen erweitert, an die unter bestimmten Bedingungen Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse von Instituten weitergegeben werden dürfen, die der Verschwiegenheit unterliegen. Dazu gehören neben den parlamentarischen Untersuchungsausschüssen des Bundes, dem Bundesverfassungs­gericht, den Verwaltungsgerichten und dem Bundesrechnungshof die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich einschließlich des dort angesiedelten Financial Stability Board, der Internationale Währungsfonds, der Europäische Ausschuss für Systemrisiken, der Ausschuss für Finanzstabilität sowie die Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung. Geregelt wird auch, dass die Ergebnisse von Stresstests veröffentlicht oder an die EBA übermittelt werden dürfen.

Während die Weitergabe von Informationen an das Bundesfinanzministerium bereits als dienstliche Berichterstattung zulässig ist, dürfen künftig im Krisenfall Informationen auch direkt an die zuständigen Stellen in anderen Mitgliedstaaten weitergegeben werden. Darüber hinaus kann es in Krisenfällen im Hinblick auf die globale Vernetzung des Bankensystems erforderlich werden, Tatsachen an zuständige Stellen in Drittstaaten weiterzugeben, so dass auch diese Fallgestaltung abgedeckt wird. 

5.         Kapitalpufferanforderungen

Die Deutsche Bundesbank unterstützt die im Gesetzentwurf vorgesehene Anforderung an die Bildung von Kapitalpuffern, die gewährleisten, dass Institute über das vorhandene Mindesteigenkapital hinaus über einen Puffer verfügen, der in schwierigen Zeiten möglicherweise auftretende Verluste auffangen kann. Die zwei in Basel III angelegten Kapitalpuffer – der Kapitalerhaltungspuffer in Höhe von 2,5 % sowie der antizyklische Kapitalpuffer in Höhe von 0 bis 2,5 % – werden in § 10c bzw. § 10d KWG-E umgesetzt. § 10e KWG-E enthält darüber hinaus Vorgaben für einen weiteren Kapitalpuffer für langfristige, nicht zyklische systemische oder makroprudentielle Risiken. Dieser Kapitalpuffer kann durch die BaFin angeordnet werden. Dieser zusätzliche Kapitalpuffer basiert nicht auf Baseler Regelungen, sondern wurde im Rahmen der Diskussion über ein sog. „Flexibilitätspaket“ in die CRD IV aufgenommen.

Weitere Pufferanforderungen sind von systemrelevanten Instituten zu erfüllen. In Anlehnung an die entsprechenden auf G20-Ebene vereinbarten Standards schreibt § 10f KWG-E einen Kapitalpuffer für global systemrelevante Institute vor. Solche Banken haben – gestaffelt nach Systemrelevanz – einen Kapitalpuffer von 1 bis 3,5 % vorzuhalten. Sind Institute zwar nicht global, jedoch in Bezug auf den nationalen Finanzmarkt oder den Europäischen Binnenmarkt systemrelevant, kann die BaFin nach § 10g KWG-E auch eine Kapitalpufferanforderung für anderweitig systemrelevante Institute in Höhe von bis zu 2 % festlegen. Die BaFin bestimmt dabei im Einvernehmen mit der Bundesbank, welche Institute als global oder anderweitig systemrelevant eingestuft werden.

Unterliegt eine Bank sowohl dem Kapitalpuffer für systemrelevante Institute als auch dem Kapitalpuffer für systemische Risiken nach § 10e KWG-E, so ist nach § 10h KWG-E grundsätzlich lediglich der höhere anzuwenden. Nur wenn sich eine Pufferanforderung für systemische Risiken ausschließlich auf inländische Risikopositionen eines Staates des Europäischen Wirtschaftsraums bezieht, ist diese Kapitalanforderung additiv zu dem Kapitalpuffer für systemrelevante Institute vorzuhalten.

In § 10i KWG-E wird die „kombinierte Kapitalpuffer-Anforderung“ als Summe der Kapitalpuffer definiert. Die kombinierte Kapitalpuffer-Anforderung wird aufgrund der unterschiedlichen Höhe des antizyklischen Kapitalpuffers, des Kapitalpuffers für systemische Risiken sowie des Kapitalpuffers für global bzw. anderweitig systemrelevante Institute für jedes Institut unterschiedlich hoch sein. Weiterhin ist in diesem Paragraphen festgelegt, dass ein Institut keine Ausschüttung vornehmen darf, wenn dadurch die kombinierte Kapitalpuffer-Anforderung unterschritten würde. Des Weiteren verpflichtet der Paragraph die Institute, in diesem Fall einen Kapitalerhaltungsplan aufzustellen, mit dem der Aufsicht darzulegen ist, durch welche Maßnahmen es die Erfüllung der Kapitalpuffer-Anforderung in einem angemessenen Zeitraum wieder sicherstellen will.

In § 64q Abs. 5 KWG-E sind die Übergangsvorschriften für den Kapitalerhaltungs- und den antizyklischen Kapitalpuffer niedergelegt. Beide Puffer werden parallel ab 2016 in vier 25 %-Schritten eingeführt, gelten also erstmals ab 1. Januar 2019 vollständig. Gleiches gilt nach § 64q Abs. 7 KWG-E für den Kapitalpuffer für global systemrelevante Institute. Der Kapitalpuffer für systemische Risiken kann bereits mit Inkrafttreten der CRD IV am 1. Januar 2014, der Kapitalpuffer für anderweitig systemrelevante Institute ab dem 1. Januar 2016 aktiviert werden. 

6.         Maßnahmen zur Begrenzung makroprudentieller oder systemischer Risiken

Um makroprudentielle oder systemische Risiken auf nationaler Ebene zu adressieren, hat die BaFin nach § 48t KWG-E die Möglichkeit, bestimmte Anforderungen zu verschärfen, wie z. B. die Eigenkapital- oder Großkreditanforderungen sowie die Offenlegungspflichten. Die getroffenen Maßnahmen müssen jedoch gegenüber dem Europäischen Parlament, der EU-Kommission, dem Rat, dem ESRB und der EBA anzeigt und begründet werden. Der Rat kann – auf Vorschlag der EU-Kommission – die Maßnahmen unter bestimmten Bedingungen mit qualifizierter Mehrheit ablehnen. Darüber hinaus kann die BaFin ohne Widerspruchsmöglichkeiten des Rates zeitlich beschränkt die Risikogewichte bei Wohn- und Gewerbeimmobilienkredite und für Forderungen innerhalb des Finanzsektors um bis zu 25 Prozentpunkte erhöhen sowie die Obergrenze für Großkredite um bis zu 15 Prozentpunkte senken.

Diese Maßnahmen sind neben dem Kapitalpuffer für systemische Risiken Teil des in der CRD IV verankerten Flexibilitätspaketes, das den einzelnen Mitgliedstaaten Spielräume belässt, um bei makroprudentiellen und systemischen Risiken mit dem notwendigen Grad an Flexibilität angemessen reagieren zu können. 

7.         Ausweitung des Millionenkreditmeldewesens / Eigenständiger Begriff der Kreditnehmereinheiten für die Zwecke der Millionenkredite

Ziel der Änderungen ist, das Meldewesen den insbesondere infolge der Finanzkrise stark gestiegenen Informationsbedürfnissen der makroprudentiellen Überwachung, aber auch der Bankenaufsicht anzupassen. Das Gesamtpaket umfasst neben der Absenkung der Meldeschwelle auf eine Million Euro auch eine Ausweitung des Kreditbegriffs, eine für die Zwecke der Millionenkredite eigenständige Definition für die Bildung von Kreditnehmereinheiten sowie eine granularere Betragsdatenmeldung. Es soll stufenweise bis 2016 vollständig umgesetzt werden.

Obwohl die Absenkung der Meldegrenze ein Teil des mit der Industrie bereits seit Februar 2011 konsultierten Gesamtpaketes zur Modernisierung des Millionenkreditmeldewesens ist, wendet sich die Kreditwirtschaft gegen die Absenkung des Betrags. Die Deutsche Bundesbank befürwortet hingegen die Absenkung, da die erweiterte und aussagekräftigere Datenbasis, die u. a. auch durch den höheren Abdeckungsgrad der Millionenkreditevidenz geschaffen wird, der Aufsicht insbesondere die dringend benötigten eingehenderen Analysen der Kreditportfolios der meldepflichtigen Institute als Kreditgeber (z. B. Kreditvolumen, Kreditart, Besicherungen, Wertberichtigungen) ermöglicht. Darüber hinaus werden die Analysemöglichkeiten der makroprudentiellen Überwachung verbessert, z. B. durch die genauere Identifizierung und Analyse von Risikokonzentrationen im Bankensektor.

Von der verbesserten Datenbasis profitiert unmittelbar auch die Kreditwirtschaft. So wird der  Umfang der aufwändigen Ad hoc-Umfragen zurückgehen, da genauere Informationen über das ausgebaute regulatorische Meldewesen nach § 14 KWG-E gesammelt werden können.

Die erweiterte Datenbasis kann ferner als Grundlage für Auswirkungsstudien über künftig geplante Änderungen im bankaufsichtlichen Regelwerk genutzt werden. Schließlich erhalten die meldepflichtigen Kreditgeber durch die Rückmeldung seitens der Evidenzzentrale der Bundesbank genauere Informationen über die Gesamtverschuldung ihrer jeweiligen Kreditnehmer. Im Vergleich zu den Kreditregistern anderer europäischer Staaten (Frankreich 25.000 Euro, Italien, 30.000 Euro, Österreich 350.000 Euro) ist die neue Meldeschwelle von einer Million Euro immer noch hoch.

Um sicher zu stellen, dass Industrie und Bankenaufsicht den aus der Absenkung der Meldegrenze resultierenden Anstieg des Meldevolumens bewältigen können, wird die Meldegrenze von 1,5 Millionen Euro stufenweise in drei Schritten auf eine Million Euro abgesenkt.

Hinzu kommt eine für die Millionenkreditmeldungen eigene Definition für die Bildung von Kreditnehmereinheiten (§ 19 Abs. 2 KWG-E), für die im Wesentlichen gesellschaftsrechtlich begründete Kontroll- bzw. Beherrschungsverhältnisse ohne Widerlegungsmöglichkeit und ohne Ausnahmetatbestände maßgeblich sind. Ziel ist eine für alle Beteiligten einheitliche und formalisierte Anwendung der Kreditnehmereinheitendefinition im Interesse der allgemeinen Informationsbereitstellung und der schnelleren Verarbeitung. 

8.         Organisatorische Pflichten

Die Pflicht zur Einrichtung einer Compliance-Funktion als Bestandteil des internen Kontrollsystems wurde neu in das KWG aufgenommen. Die Compliance-Funktion soll Vorkehrungen zur Einhaltung der für das Institut wesentlichen rechtlichen Regelungen und Vorgaben bewerten und deren Qualität bzw. Angemessenheit sichern und überwachen. Außerdem umfasst eine ordnungsgemäße Geschäftsorganisation künftig auch die Einführung eines Prozesses, der es den Mitarbeitern unter Wahrung der Vertraulichkeit ihrer Identität ermöglicht, Verstöße gegen das Aufsichtsrecht sowie etwaige strafbare Handlungen innerhalb des Unternehmens an geeignete Stellen zu berichten. Die Ausgestaltung dieses sogenannten „Whistleblowing“ hängt von Art, Umfang, Komplexität und Risikogehalt der Geschäftstätigkeit ab; eine geeignete Stelle kann sowohl innerhalb als auch außerhalb des Instituts eingerichtet werden. Die Deutsche Bundesbank hält diese Maßnahmen für sinnvoll.

Die Deutsche Bundesbank begrüßt auch die der BaFin gegenüber systemrelevanten Instituten zusätzlich eingeräumte Anordnungsbefugnis, die Institute zu verpflichten, einen geeigneten Sanierungsplan zur Stärkung der wirtschaftlichen Verhältnisse in Stresssituationen und zur Sicherung einer positiven Fortführungsprognose zu entwickeln und regelmäßig aktualisiert vorzuhalten.

Der bisherige Gruppenbegriff wird für die Zwecke des Risikomanagements auf alle nachgeordneten Unternehmen unabhängig von deren Branche erweitert. Hiermit wird u. a. der Verlagerung von Bankaktivitäten in unregulierte Tochterunternehmen entgegengewirkt. 

9.         Vergütungsregelungen

In das Kreditwesengesetz werden in § 25a Absatz 5 erstmals Regelungen zur Begrenzung der variablen Vergütung der Mitarbeiter und Geschäftsleiter von Instituten aufgenommen. Damit sollen Anreizsysteme regulatorisch eingeschränkt werden, die zu spekulativem Verhalten mit dem Ziel der Erhöhung von Bonuszahlungen führen. Die Vorschrift legt eine Obergrenze für das Verhältnis zwischen variabler und fixer Vergütung fest. Die variable Vergütung darf dabei maximal 100 % der fixen Vergütung betragen und kann durch einen Beschluss der Eigentümer des Instituts auf 200 % der fixen Vergütung angehoben werden. Zudem müssen die Vergütungssysteme der Institute auch auf eine längerfristige Erfolgsbasis und damit nachhaltiger ausgerichtet sein. Die weiteren Vorgaben zur Ausgestaltung der Vergütungssysteme, insbesondere zur Zurückbehaltung, Reduzierung oder Streichung von Bonuszahlungen, werden in der Institutsvergütungsverordnung konkretisiert.

Regeln zur Vergütungspraxis sollten möglichst global abgestimmt werden, um ihre volle Wirkung zu entfalten. Einheitliche europäische Regeln sind daher ein Schritt in die richtige Richtung. Ungeachtet dessen erachtet die Deutsche Bundesbank die Begrenzung und die geforderte längerfristige Orientierung der variablen Vergütungszahlungen als wichtigen Schritt, um die Anreize für Moral hazard-Verhalten im Finanzsektor zu beschränken und nachhaltiges Risikoverhalten zu stärken. 

10.      Geschäftsleiter

Die Anforderungen an die Geschäftsleiter werden erstmalig positiv formuliert (§ 25c KWG-E): Sie müssen im Rahmen ihrer Gesamtverantwortung für die ordnungsgemäße Geschäftsorganisation Grundsätze einer ordnungsgemäßen Geschäftsführung beschließen, deren Wirksamkeit überwachen, angemessene Schritte zur Behebung von Mängeln einleiten und der Festlegung der Strategien und der Befassung mit den Risiken ausreichend Zeit widmen. Bisher ergaben sich die Anforderungen an die Geschäftsleiter lediglich aus einem Umkehrschluss wie etwa den Erlaubnisversagungsgründen.  

Die Geschäftsleiter müssen auch für angemessene und transparente Unternehmensstrukturen sorgen, die an den Geschäftsaktivitäten und den Strategien des Instituts ausgerichtet sind. Sie müssen die Unternehmensstrukturen innerhalb der Gruppe und des übergeordneten Unternehmens in ausreichendem Maß kennen, und zwar auch bei komplexeren Gruppenstrukturen.

Die Deutsche Bundesbank befürwortet diese Schritte, da sie sinnvolle Anforderungen an Geschäftsleiter klar formulieren. 

11.      Verwaltungs- und Aufsichtsorgan

Bei dem Verwaltungs- und Aufsichtsorgan werden – wie auch bei den Geschäftsleitern –Anforderungs- und Maßnahmenseite künftig voneinander getrennt. Hinzu gekommen ist die auf der CRD IV beruhende Pflicht, der Wahrnehmung der Aufgaben ausreichend Zeit zu widmen. Ein Verstoß gegen diese neue Anforderung ist zu einem neuen Abberufungsgrund nach § 36 KWG-E geworden.

Nach § 25d  KWG-E erfordert „Sachkunde“ bei den einzelnen Verwaltungs- und Aufsichtsorganmitgliedern – anders als die bei Geschäftsleitern geforderte fachliche Eignung – finanztechnisches Fachwissen (nur) in einem Ausmaß, das die Person zur Mitwirkung an der Kollektiventscheidung befähigt. Notwendige Spezialkenntnisse müssen in der Zusammenschau aller Mitglieder vorhanden sein. Die Ausgestaltung der Vergütungssysteme für Mitglieder des Verwaltungs- oder Aufsichtsorgans darf im Hinblick auf die wirksame Wahrnehmung der Überwachungsfunktion des Verwaltungs- oder Aufsichtsorgans keine Interessenkonflikte erzeugen.

Das Verwaltungs- oder Aufsichtsorgan muss die Geschäftsleiter auch dahingehend überwachen, dass diese die bankaufsichtsrechtlichen Anforderungen einhalten und darüber hinaus der Erörterung von Strategien, Risiken und Vergütungssystemen für Geschäftsleiter und Mitarbeiter ausreichend Zeit widmen. So haben die Verwaltungs- und Aufsichtsorgane grundsätzlich einen Risikoausschuss, einen Prüfungsausschuss, einen Nominierungsausschuss und einen Vergütungsausschuss zu bilden. Von der Bildung von Ausschüssen kann abgesehen werden, wenn die Größe und Systemrelevanz des Instituts sowie Art, Umfang, Komplexität und Risikogehalt der Geschäftsaktivitäten dies erlauben.

Die vorgesehenen Änderungen im Bereich der organisatorischen Pflichten und die neuen Anforderungen an Geschäftsleiter und das Verwaltungs- und Aufsichtsorgan sind positiv zu bewerten, da eine gute Unternehmensführung zur Stabilität der Institute beiträgt. 

12.      Maßnahmen zur Verbesserung der Eigenmittelausstattung und der Liquidität

Die BaFin soll zukünftig Maßnahmen nach § 45 Absatz 1 KWG-E anordnen können, wenn ein Institut die Eigenmittel- und Liquiditätsanforderungen wahrscheinlich nicht dauerhaft erfüllen können wird. Neben der bislang schon zu berücksichtigenden Entwicklung der Vermögens-, Finanz- oder Ertragslage des Instituts können künftig auch externe Umstände, die bisher noch keine Auswirkung auf die finanzielle Situation des Instituts hatten, berücksichtigt werden. Hierzu zählen etwa ein besonderes Branchen- oder Länderrisiko des Instituts oder drohende Sanktionen internationaler Organisationen. Wir befürworten diese sehr frühzeitige Möglichkeit, präventive Maßnahmen anzuordnen.

Entsprechen bei einem Institut die Eigenmittel oder die Anlage der Mittel nicht den Anforderungen des KWG (§ 45 Absatz 2 KWG-E), kann die BaFin neben den bislang schon möglichen Maßnahmen anordnen, dass das Institut den Gesamtbetrag der variablen Vergütungen auf einen bestimmten Anteil des Jahresergebnisses beschränkt oder vollständig streicht. Hiervon ausgenommen sind variable Vergütungsbestandteile, die durch Tarifvertrag vereinbart sind. Seitens der Aufsicht kann hiermit zu einem frühen Zeitpunkt, zu dem noch keine Allokation auf verschiedene Unternehmensebenen und Personen stattgefunden hat, auf eine Gefährdungslage reagiert werden.