Kaufkraftvergleiche historischer Geldbeträge

Allgemeine Erläuterungen

Um ak­tu­el­le Ver­gleichs­wer­te für his­to­ri­sche Geld­be­trä­ge zu er­mit­teln, sind Kauf­kraft­be­rech­nun­gen not­wen­dig. Sie be­ant­wor­ten die Frage nach dem heu­ti­gen Wert der Güter (Waren und Dienst­leis­tun­gen), die da­mals für einen be­stimm­ten Geld­be­trag er­hält­lich waren. Die errechneten Vergleichswerte werden als Kaufkraftäquivalente bezeichnet. Wäh­rend der heutige Vergleichswert in Euro (€) in­ter­es­siert, sind die his­to­ri­schen Geld­be­trä­ge häufig in Wäh­run­gseinheiten notiert, die frü­her in Deutsch­land ver­wen­det wur­den: zum Beispiel D-Mark (DM), Reichsmark (RM), Mark (M), preu­ßi­scher Taler oder süd­deut­scher Gul­den (fl). Je nach Währung, Zeitraum und konkreter Fragestellung, sind bei der Ermittlung des Kaufkraftäquivalents unterschiedliche Rechenansätze und Einschränkungen zu berücksichtigen.

Der folgende Text gibt einen kurzen Einblick in die Währungsgeschichte Deutschlands seit dem 19. Jahrhundert. Anschließend wird die Methodik von Kaufkraftberechnungen anhand einiger Beispiele erläutert. Des Weiteren werden Vorbehalte rein rechnerischer Kaufkraftvergleiche beschrieben.

Eine Tabelle mit aktuellen Kaufkraftäquivalenten historischer Beträge in deutschen Währungen ab 1810 sowie Berechnungsbeispiele finden Sie in der rechten Spalte.

Währungsgeschichte – Vom Taler und Gul­den bis zum Euro

Zur Zeit des Deutschen Bundes (gegründet 1815) bestand in fast allen der nahezu 40 beteiligten Staaten eine Silberwährung. Lediglich Bremen hielt an seiner Goldwährung fest. Als vorherrschende Währungen etablierten sich der preu­ßi­sche Taler mit einem Silberfein­ge­halt von 16,7 g und der süd­deut­sche Gul­den mit einem Silberfeinge­halt von 9,5 g (insbesondere aufgrund des Dresd­ner Münz­ver­trags von 1838 und des Wiener Münz­ver­trags von 1857).

Nach Gründung des Deutschen Reichs 1871 wurden die Landeswährungen sukzessive durch die Mark ersetzt. Für den preu­ßi­schen Taler galt ein Tausch­kurs von 1 Taler = 3 M und für den süd­deut­schen Gul­den von 1 fl = 12/7 M (Münzgesetz vom 9. Juli 1873). Ab dem 1. Januar 1876 war die Mark die allein gültige Währung für das gesamte deutsche Reichsgebiet.

Mit dem Münzgesetz vom 30. August 1924 löste die Reichs­mark die Mark als of­fi­zi­el­le Wäh­rung ab. Der fest­ge­leg­te Tausch­kurs der Mark zur Reichs­mark be­trug 1 RM = 1 Bil­li­on M.

Statt in Mark oder Reichsmark sind historische Geldbeträge oftmals in „Goldmark“ benannt. Die Gold­mark war jedoch weder eine ge­setz­li­che Wäh­rungs­ein­heit noch ein ge­setz­li­ches Zah­lungs­mit­tel, sondern eine Recheneinheit. Die Goldmark bezeichnete den Ge­gen­wert einer be­stimm­ten Menge Fein­gold. Sie entsprach dem Preis von 1/2790 Ki­lo­gramm fei­nem Gold. Auf Goldmark lautende Beträge waren in Ein­hei­ten der je­wei­li­gen of­fi­zi­el­len Wäh­rung zahl­bar; also bis Oktober 1924 in Mark und anschließend bis 1948 in Reichs­mark. Da für die Mark ein gesetzlich festgelegtes Austauschverhältnis zu Gold bestand (Goldparität), ergab sich bis zum Ausbruch des ersten Weltkriegs für eine Goldmark ein Ge­gen­wert von einer Mark. Als die Reichs­bank zum 31. Juli 1914 die Ein­lö­sung von Mark-Bank­no­ten in Gold ein­stell­te und damit die Gold­pa­ri­tät fak­tisch auf­hob, stieg mit zu­neh­men­der In­fla­ti­on und in Ab­hän­gig­keit von der Ent­wick­lung des Dol­lar­kur­ses der Wert der Gold­mark zur Mark. Am 20. No­vem­ber 1923 konn­te der Wech­sel­kurs der Mark zum gold­ge­deck­ten Dol­lar – und damit auch zur Gold­mark – sta­bi­li­siert wer­den. Der Wert der Gold­mark be­trug da­nach bis zur Ein­füh­rung der Reichs­mark am 11. Ok­to­ber 1924 kon­stant 1 Bil­li­on Mark. Von der Ein­füh­rung der Reichs­mark bis zur Wäh­rungs­re­form 1948 ent­sprach eine Gold­mark einer Reichs­mark.

Mit der Ein­füh­rung der D-Mark zum 21. Juni 1948 galt für lau­fen­de Zah­lun­gen, wie zum Bei­spiel Löhne und Ge­häl­ter, Ren­ten aus So­zi­al­ver­si­che­run­gen, Pen­sio­nen und Mie­ten, ein Um­tausch­ver­hält­nis der Reichs­mark zur D-Mark von 1:1. Hingegen galten beispielsweise für private Bankguthaben abweichende Umtauschverhältnisse. Ausführungen zur Währungsreform 1948 finden Sie unter den weiterführenden Informationen und der Literatur am Ende dieser Seite.

Am 1. Ja­nu­ar 1999 wurde der Euro als Buchgeld und drei Jahre später, am 1. Januar 2002, auch als Bargeld eingeführt. Das Umtauschverhältnis beträgt 1 € = 1,95583 DM.

Spezielle Kauf­kraft­entwicklung

Orientiert man sich bei der Berechnung der heutigen Kaufkraft an einen bestimmten Verwendungszweck des Geldes, spricht man von speziellen Kaufkraftäquivalenten. Ein spezielles Kaufkraftäquivalent ergibt sich durch den Ver­gleich des his­to­ri­schen Prei­ses eines be­stimm­ten Gutes und dem ak­tu­el­len Preis des glei­chen oder eines zu­min­dest ver­gleich­ba­ren Gutes.

In folgender Tabelle werden exemplarisch einige Lebensmittelpreise aus dem Jahr 1882 den entsprechenden Preisen von 2023 gegenübergestellt. Das spezielle Kaufkraftäquivalent errechnet sich jeweils als Quotient aus dem Preis im Jahr 2023 und dem Preis im Jahr 1882.

NahrungsmittelPreis 1882 
in M
Preis 2023
in €
Kaufkraft­äquivalent
einer M in €1
1 kg Roggenbrot

0,26

4,11

16

1 kg Weizenmehl

0,45

1,26

3

1 kg Speisekartoffeln

0,07

1,84

26

1 l Vollmilch

0,17

1,25

7

1 kg Butter

1,98

7,74

4

10 Eier

0,50

2,86

6

Quellen: Statistisches Landesamt Hessen und eigene Berechnungen auf Basis von Verbraucherpreisindizes des Statistischen Bundesamtes. 1 Die Kaufkraft einer M im Jahr 1882 entspräche der Kaufkraft von … € im Jahr 2023.

Die errechneten Werte zeigen bereits eine relativ große Span­ne für das Wert­ver­hält­nis Euro zu Mark. So er­rech­net sich bei­spiels­wei­se für 1 M aus dem Jahr 1882 über den Preis für Spei­se­kar­tof­feln ein Kauf­kraft­äqui­va­lent von 26 € im Jahr 2023, wäh­rend der über den Preis für Wei­zen­mehl er­mit­tel­te Ver­gleichs­wert nur 3 € be­trägt. Werden als Vergleichsmaßstab Preise anderer Güter verwendet, kann das nochmals zu deutlich ab­wei­chen­den Er­geb­nis­sen füh­ren.

Allgemeine Kaufkraftentwicklung

Um die Kaufkraftentwicklung des Geldes im Allgemeinen zu beurteilen, ist nicht die Preisentwicklung einzelner Güter zu betrachten, sondern die Entwicklung des allgemeinen Preisniveaus. Üblicherweise werden hierzu Verbraucherpreisindizes verwendet. Diese messen die durchschnittliche Preisentwicklung eines repräsentativen „Warenkorbs“, bestehend aus allen Waren und Dienstleistungen, die von privaten Haushalten für Konsumzwecke gekauft werden.

In Deutschland wird der Verbraucherpreisindex vom Statistischen Bundesamt ermittelt. Die Zusammensetzung des Warenkorbs wird regelmäßig an die Konsumgewohnheiten der privaten Haushalte angepasst, auch Qualitätsänderungen der Güter werden berücksichtigt. Insbesondere über län­ge­re Zeit­räu­me sind Vergleiche der allgemeinen Kaufkraft durch Änderungen in der Zusammensetzung des Warenkorbs erschwert. Der heutige Warenkorb stimmt umso weniger mit dem Warenkorb früherer Jahre überein, je grö­ßer der zeit­li­che Ab­stand zwi­schen den Ver­gleichs­pe­ri­oden ist: Zum einen ändern sich im Zeitablauf die Verbrauchsgewohnheiten der privaten Haushalte. Zum anderen war ein großer Teil der heute üblichen Waren und Dienstleistungen in der Vergangenheit gar nicht oder nicht in vergleichbarer Form und Qualität verfügbar. Ausführlicher wird diese Problematik in einem Gut­ach­ten zur Entwicklung des Geldwertes er­ör­tert, das die Deut­sche Bun­des­bank 1965 für den Bun­des­fi­nanz­hof an­ge­fer­tigt hat (siehe „Weiterführende Informationen“ unten).

In der rechts stehenden PDF-Tabelle „Kaufkraftäquivalente historischer Beträge in deutschen Währungen“ finden Sie die Ergebnisse allgemeiner Kaufkraftberechnungen auf Basis deutscher Verbraucherpreisindizes ab 1810. Das Kaufkraftäquivalent errechnet sich hier als Quotient aus dem Preisindex des Jahres 2023 und dem Preisindex des jeweiligen Vergleichsjahres. So hätte beispielsweise eine Mark aus dem Jahr 1882 etwa dieselbe Kaufkraft wie 8,70 € im Jahr 2023. Zur Erläuterung der Berechnungsmethode finden Sie zwei Rechenbeispiele in der Spalte rechts.

Die in der Tabelle „Kaufkraftäquivalente historischer Beträge in deutschen Währungen“ errechneten Werte ermöglichen eine Betrachtung der Kaufkraftentwicklung in der Vergangenheit. Soll hingegen für Zahlungen in der Zukunft (z. B. Mieten, Pachten, Pensionen, sonstige laufende Zahlungen) sichergestellt werden, dass der Gläubiger auch künftig den Betrag erhält, der der heutigen Kaufkraft des Geldes entspricht, werden in Verträgen oft Wertsicherungsklauseln angewandt. Auch Wertsicherungsklauseln basieren häufig auf dem Verbraucherpreisindex. Erläuterungen und Rechenhilfen zu Wertsicherungsklauseln in Verträgen sowie ausführliche Informationen zum deutschen Verbraucherpreisindex bietet das Statistische Bundesamt auf seiner Internetseite (siehe „Externe Links“ in der rechten Spalte).

Vorbehalte und Hinweise

Kaufkraftberechnungen sind mit Unsicherheiten verbunden. Die berechneten Kaufkraftäquivalente sind daher immer unter dem Vorbehalt gewisser Einschränkungen zu betrachten:

  • Wie bereits im vorhergehenden Abschnitt ausgeführt, sind allgemeine Kaufkraftvergleiche insbesondere über län­ge­re Zeit­räu­me nur begrenzt aussagefähig. Auch bei speziellen Kaufkraftberechnungen ist die Vergleichbarkeit zugrunde liegender Güter früher und heute oft eingeschränkt.
  • Besonders eingeschränkt ist die Aussagekraft von Kaufkraftvergleichen, bei denen der Ausgangspunkt in eine Zeit mit außergewöhnlichen wirtschaftlichen Verhältnissen fällt, da sich dann die Verbrauchsgewohnheiten der privaten Haushalte von denen in „normalen“ Jahren unterscheiden. Für Deutschland sind hier insbesondere die Jahre des ersten Welt­kriegs und danach, die Hy­per­in­fla­ti­on bis 1924, die Welt­wirt­schafts­kri­se ab Ende der zwan­zi­ger Jahre sowie die Jahre des zweiten Weltkriegs bis 1948 zu nennen. 

    Hinzu kommt, dass der deutsche Verbraucherpreisindex für die Jahre des Zweiten Weltkriegs bis zur Währungsreform 1948 überwiegend staatlich regulierte Preise berücksichtigt. Das Warenangebot zu diesen offiziellen Preisen war sehr beschränkt. Entsprechend wichen (insbesondere ab Kriegsende) die Preise auf dem „Schwarzmarkt“ massiv von den offiziellen Preisen ab. Eine Kaufkraftberechnung mit Ausgang in diesen Jahren basiert somit überwiegend auf Preisdaten, die den tatsächlichen damaligen Preisen der Waren und Dienstleistungen nicht entsprechen. Insofern sind die Ergebnisse von Kaufkraftberechnungen für diese Zeit zusätzlich zu relativieren, wenn nicht sogar ohne Aussagegehalt.
  • Neben der zeitlichen Komponente, die die Aussagefähigkeit von Kaufkraftberechnungen einschränken kann, bestimmt die Wahl der Güter oder des Preisindex, auf dessen Grundlage die Kaufkraft berechnet wird, entscheidend das Ergebnis. Wie die Beispielrechnungen für das Jahr 1882 zeigen, können unterschiedliche Rechengrundlagen zu deutlich voneinander abweichenden Ergebnissen führen. Daher ist im Einzelfall und in Abhängigkeit von der jeweiligen Fragestellung zu überlegen, welches die geeignetste Rechengrundlage ist.
    Soll zum Beispiel die Kaufkraft eines historischen Geldbetrages im Zusammenhang mit dem Wert einer Wohnimmobilie beurteilt werden, eignet sich als Rechengrundlage ein Index, der die Entwicklung von Baukosten umfasst. In diesen Fällen kann der vom Statistischen Bundesamt berechnete Preisindex für den Neubau von Wohngebäuden als Rechengrundlage herangezogen werden (siehe „Externe Links“: Wiederherstellungswerte für 1913/1914 erstellte Wohngebäude). Danach ergibt sich beispielsweise für eine D-Mark aus dem Jahr 1955 ein Kaufkraftäquivalent von 7,21 € im Jahr 2023. Im Vergleich dazu beträgt das entsprechende Kaufkraftäquivalent auf Basis des Verbraucherpreisindex 2,94 €.

Die Angabe eines konkreten Euro-Gegenwertes für einen historischen Geldbetrag kann in jedem Fall nur als grobe Orientierung dienen und ist stets mit Vorsicht zu beurteilen. Um die damalige wirtschaftliche Bedeutung des Betrages besser einschätzen zu können, sollte er zu anderen Wertangaben aus der jeweiligen Zeit in Beziehung gesetzt werden. Anhaltspunkte bieten sowohl gesamtwirtschaftliche Größen, wie zum Beispiel das Sozialprodukt, als auch Preise für Lebensmittel, Grundstücke und Gebäude sowie Löhne und Gehälter. Zudem kann die Umrechnung eines historischen Geld­be­trages sowie die Umrechnung aktueller Preise oder errechneter Kaufkraftäquivalente in Verdienste und Arbeitszeiten einen relativen Vergleich über die Zeit hinweg ermöglichen. Daten zu Ar­beit­neh­mer­ver­diens­ten in Deutschland ab 1913 stellt das Statistische Bundesamt auf seiner In­ter­net­sei­te zur Verfügung (siehe „Ex­ter­ne Links“). Weitere Hinweise finden Sie in der unten aufgeführten Literatur.

Ergänzend weisen wir darauf hin, dass in bestimmten Fällen bei der Ermittlung eines aktuellen Wertes währungsrechtliche Vorschriften relevant sind (z. B. bei vielen Grundbucheinträgen). Diese können eine Umrechnung des Betrages mit einem konkreten Umstellungskurs vorsehen.

Für weitere Fragen zum Thema kontaktieren Sie uns gern. Verwenden Sie hierfür bitte unser Formular unter „Kontakt“.

Literatur

  • Deutsche Bundesbank (1968), Das Ausmaß der Geldentwertung seit 1950 und die weitere Entwicklung des Geldwertes, Monatsbericht der Deutschen Bundesbank, 20. Jg., Nr. 3, Seiten 3-19.
  • Wolfram Fischer, Jochen Krengel und Jutta Wietog (1982), Sozialgeschichtliches Arbeitsbuch I, Materialien zur Statistik des Deutschen Bundes 1815-1870, Ver­lag C.H.Beck, München, Seiten 147-167.
  • Gerd Hohorst, Jürgen Kocka und Gerhard A. Ritter (1978), Sozialgeschichtliches Arbeitsbuch II, Materialien zur Statistik des Kaiserreichs 1870-1914, Ver­lag C.H.Beck, München, Seiten 92-117.
  • Dietmar Petzina, Werner Abelshauser und Anselm Faust (1978), Sozialgeschichtliches Arbeitsbuch III, Materialien zur Statistik des Deutschen Reiches 1914-1945, Ver­lag C.H.Beck, München, Seiten 90-106.
  • Bernd Sprenger (2002), Das Geld der Deutschen: Geldgeschichte Deutschlands von den Anfängen bis zur Gegenwart, Schöningh, München.
  • Statistisches Landesamt Hessen (1960), Hessen im Wandel der letzten hundert Jahre 1860-1960, Wiesbaden.