Bundesbank-Projektionen: Aufschwung verschiebt sich etwas Inflationsrate bleibt zunächst erhöht, sinkt allmählich in Richtung 2 Prozent

Die deutsche Wirtschaft erleidet im Winterhalbjahr pandemiebedingt einen Rückschlag, nimmt im Frühjahr 2022 aber wieder kräftig Fahrt auf. „Der Aufschwung verschiebt sich zeitlich etwas nach hinten“, sagte Bundesbankpräsident Jens Weidmann anlässlich der aktuellen Projektionen seiner Institution. Aufgrund der Wachstumsdelle steigt das Bruttoinlandsprodukt den Vorausschätzungen zufolge in diesem Jahr um 2,5 Prozent und damit weniger stark als im Juni erwartet. In den kommenden beiden Jahren verstärke sich das Wirtschaftswachstum kalenderbereinigt auf 4,2 beziehungsweise 3,2 Prozent.

Während laut der Bundesbank-Projektionen pandemiebedingte Einschränkungen sowie Lieferengpässe bei Vorprodukten das Wachstum im Winterhalbjahr bremsen, legt ab dem kommenden Frühjahr der private Konsum erheblich zu. Dabei wird unterstellt, dass pandemiebedingte Einschränkungen dann weitgehend entfallen. Die während der Pandemie gebildeten Ersparnisse der privaten Haushalte dürften zum Teil zusätzlich ausgegeben werden. „Die Verbraucherinnen und Verbraucher werden eine Zeit lang mehr von ihrem verfügbaren Einkommen ausgeben als noch vor der Pandemie“, erläuterte Weidmann. Zudem wird angenommen, dass sich die Lieferengpässe bis Ende 2022 auflösen. Die Fachleute der Bundesbank gehen daher davon aus, dass vor allem die Exporte vorübergehend einen starken Schub erhalten. „Der kräftige Aufschwung hat zur Folge, dass die gesamtwirtschaftlichen Kapazitäten schon ab der zweiten Hälfte des kommenden Jahres wieder überdurchschnittlich ausgelastet sein werden“, erklärte der Bundesbankpräsident.

Deutliche Aufwärtsrevision der Inflationsprognose

Die Bundesbank-Projektionen für die Inflationsrate liegen durchgehend deutlich höher als noch im Juni erwartet. Für dieses Jahr wird mit einer Inflationsrate von 3,2 Prozent gerechnet (gemessen am Harmonisierten Verbraucherpreisindex). Der Anstieg gehe nicht nur auf seit längerem bekannte Sondereffekte wie die ausgelaufene Senkung der Umsatzsteuersätze oder die Einführung von CO2-Emissionszertifikaten zurück. Das allgemeine Preisniveau sei auch deshalb so kräftig gestiegen, weil die Rohstoffpreise für Energie auf den internationalen Märkten überraschend stark angezogen hätten. Außerdem würden Unternehmen höhere Kosten aufgrund der Liefer- und Transportengpässe auf die Verbraucherinnen und Verbraucher überwälzen und zusätzlich bei starker Nachfrage die Gewinnmargen ausweiten. Im Durchschnitt des kommenden Jahres dürfte die Inflationsrate aufgrund dieser Einflüsse noch weiter auf 3,6 Prozent steigen, obwohl dann Sondereffekte, vor allem der mit der Umsatzsteuer verbundene, entfallen.

Erst wenn diese Einflüsse im Jahr 2023 nachlassen, sinkt die Inflationsrate nach Einschätzung der Bundesbank-Fachleute wieder. Mit 2,2 Prozent bleibe sie aber auch in den Jahren 2023 und 2024 vergleichsweise hoch. Die Gründe dafür seien deutlich steigende Löhne, die gute Konjunkturlage, aber auch die Kosten, die der Umbau zu einer klimaneutralen Wirtschaft verursache. „Für die Inflationsrate überwiegen wie im Euroraum insgesamt die Aufwärtsrisiken“, sagte der Bundesbankpräsident. „Die Geldpolitik sollte diese Risiken nicht ignorieren und wachsam bleiben.

Staatsfinanzen: Krisenlasten laufen zügig aus

Die Projektion konnte die finanzpolitischen Vorhaben der neuen Bundesregierung noch nicht berücksichtigen. In dem Basisszenario einer unveränderten Finanzpolitik sinkt sowohl die staatliche Defizit- als auch die Schuldenquote zügig. Dies liegt daran, dass sich die Wirtschaft kräftig erholt und Krisenhilfen auslaufen. Damit könnte der Staatshaushalt ab dem Jahr 2023 etwa ausgeglichen sein und die Schuldenquote wieder nahe 60 Prozent liegen. Mit den neuen finanzpolitischen Vorhaben dürfte die Fiskalpolitik aber wohl expansiver ausfallen als bisher veranschlagt.

Projektion Dezember 2021

Veränderung ggü. Vorjahr in %

2020

2021

2022

2023

2024

Reales BIP, kalenderbereinigt

-4,9

2,5

4,2

3,2

0,9

Reales BIP, unbereinigt

-4,6

2,5

4,1

3,0

0,9

Harmonisierter Verbraucherpreisindex

0,4

3,2

3,6

2,2

2,2

Harmonisierter Verbraucherpreisindex
ohne Energie und Nahrungsmittel

0,7

2,2

2,3

1,8

2,1

Quelle: Statistisches Bundesamt. Jahreswerte für 2021 bis 2024 eigene Projektionen.