Deutschland-Prognose: Wirtschaftliche Erholung kommt langsam in Gang US-Zölle belasten zunächst – Fiskalpolitik sorgt ab 2026 für Auftrieb
Die Erholung der deutschen Wirtschaft verzögert sich aufgrund der Unsicherheit über die internationale Handelspolitik. Erst allmählich wird die Konjunktur durch fiskalische Maßnahmen gestützt. Im laufenden Jahr wird die deutsche Wirtschaft noch auf der Stelle treten. Die neuen US-Zölle und die Unsicherheit über die künftige US-Politik dämpfen zunächst das Wirtschaftswachstum
, sagte Bundesbankpräsident Joachim Nagel anlässlich der neuen Deutschland-Prognose seines Hauses. Das trifft die deutsche Industrie zu einem Zeitpunkt, zu dem sie sich nach langer Schwächephase zu stabilisieren begann
. Die kräftig steigenden Verteidigungs- und Infrastrukturausgaben des Staates dürften aber ab 2026 für einen merklichen Nachfrageschub und Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) sorgen. Laut der neuen Prognose nimmt der Inflationsdruck in Deutschland zudem weiter ab. Damit liefert die Deutschland-Prognose auch gute Nachrichten für Konsumenten und Wirtschaft
, sagte Nagel.
Im Jahr 2025 dürfte das kalenderbereinigte BIP zunächst stagnieren. Für 2026 und 2027 erwarten die Bundesbank-Fachleute allerdings kräftigere Wachstumsraten von 0,7 und 1,2 Prozent. Damit wird der Wachstumsausblick gegenüber der Deutschland-Prognose vom vergangenen Dezember für 2025 nach unten und für 2027 nach oben revidiert. Kurzfristig trübt den Bundesbank-Fachleuten zufolge vor allem die protektionistische Handelspolitik der USA und die damit verbundene Unsicherheit die Aussichten. Insgesamt werden die Exporte 2025 deutlich zurückgehen und im kommenden Jahr nur wenig zulegen. Die durch die Zölle geringere Dynamik der Industrieproduktion trägt zu einer Abkühlung am deutschen Arbeitsmarkt bei und dämpft das Lohnwachstum. Ab 2026 führen dann die expansive Fiskalpolitik und die geringeren wachstumsdämpfenden Einflüsse der US-Wirtschaftspolitik zu einer spürbaren Erholung der deutschen Wirtschaft.
Nach der Lockerung der Schuldenbremse finanziert die Fiskalpolitik insbesondere Ausgaben für Verteidigung und staatliche Infrastruktur umfangreich über Kredite. Der Staatskonsum und vor allem die staatlichen Investitionen steigen deshalb ab 2026 kräftig. Wir gehen davon aus, dass die zusätzlichen staatlichen Ausgaben für Verteidigung und Infrastruktur das BIP-Wachstum bis Ende 2027 spürbar erhöhen
, sagte Bundesbankpräsident Nagel.
Die staatliche Defizitquote dürfte im laufenden Jahr zwar noch sinken, dann aber bis 2027 kräftig auf gut 4 Prozent steigen. Der deutliche Anstieg ist zu einem Großteil auf das Fiskalpaket zurückzuführen. Dieses umfasst nicht nur höhere Ausgaben für Verteidigung und staatliche Infrastruktur, sondern auch Steuersenkungen, ausgeweitete Subventionen und Transfers für Unternehmen und Privathaushalte. Die Maastricht-Schuldenquote steigt bis 2027 auf rund 66 Prozent. Ende 2024 lag sie noch bei 62,5 Prozent. Die deutschen Staatsfinanzen können einen vorübergehenden Defizit- und Schuldenquotenanstieg verkraften
, sagte Nagel.
Der Anstieg der Inflation schwächt sich 2025 gemessen am Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) im Jahresdurchschnitt auf 2,2 Prozent ab. 2026 dürfte die Teuerung dann energiepreisbedingt vorübergehend auf 1,5 Prozent zurückgehen, bevor sie 2027 wieder auf 1,9 Prozent steigt. Die Kernrate (ohne Energie und Nahrungsmittel) sinkt in diesem Jahr auf 2,6 Prozent und bleibt damit noch merklich höher. 2026 sinkt sie dann auf 1,9 Prozent. Ab 2026 pendelt sich die Kernrate bei etwa 2 Prozent ein
, sagte Bundesbankpräsident Nagel. Gründe für diesen Rückgang sind der abnehmende Preisdruck von den Arbeitskosten und die zunächst noch schwache Nachfrage. Dabei zeigt auch die straffe Geldpolitik des Eurosystems bis 2024 mit zeitlicher Verzögerung ihre Wirkung
.
Projektion Juni 2025
Veränderung ggü. Vorjahr in % | 2024 | 2025 | 2026 | 2027 |
Reales BIP, kalenderbereinigt | -0,2 | 0,0 | 0,7 | 1,2 |
Reales BIP, unbereinigt | -0,2 | -0,1 | 1,0 | 1,3 |
Harmonisierter Verbraucherpreisindex | 2,5 | 2,2 | 1,5 | 1,9 |
Harmonisierter Verbraucherpreisindex ohne Energie und Nahrungsmittel | 3,2 | 2,6 | 1,9 | 2,0 |
Quelle: Statistisches Bundesamt (Rechenstand: 21. Mai 2025). 2025 bis 2027 eigene Prognosen. |
Weiterführende Informationen
Aussichten für das Euro-Währungsgebiet
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