Joachim Nagel ... ©Ingrid Herden

Nagel: Junge Menschen müssen Europa als Erfolgsgeschichte wahrnehmen

Europa sollte auf Kurs bleiben und ein attraktiver Arbeitsmarkt sein. Und diese Generation hier, denke ich, spielt dabei eine ganz entscheidende Rolle, sagte Bundesbankpräsident Joachim Nagel bei der zweitägigen internationalen Konferenz „Young Factor“ des Osservatorio Permanente Giovani-Editori zur Verbesserung der finanziellen Bildung in Mailand. Mehr als 350 Schülerinnen und Schüler nahmen in diesem Jahr daran teil, um mit Zentralbankchefs des Eurosystems über finanzielle Bildung und die Europäischen Union zu diskutieren. 

Auf Europa kommt es an!

Das Fiskalpaket der Bundesregierung ist Nagel zufolge eine gute Nachricht, um das Wirtschaftswachstum in Deutschland zu fördern. Das habe auch positive Effekte auf die Wirtschaft anderer Länder wie Italien, sagte er beim gemeinsamen Roundtable mit sechs weiteren Notenbankchefs des Eurosystems. Die deutsche Bundesregierung sei ihrer Verantwortung nachgekommen, fiskalische Spielräume für Zukunftsinvestitionen zu schaffen. Nun kommt es laut Bundesbankpräsident auf Europa an, um die europäische Wettbewerbsfähigkeit zu stärken: Wir müssen mehr tun, wir müssen noch mehr zusammenwachsen. Deutschland solle dabei eine starke Rolle spielen.

Europa muss sich nicht verstecken

Bundesbankpräsident Nagel betonte im Austausch mit den Schülerinnen und Schülern zwei Schritte, die Europa gehen müsse, um sein Wettbewerbsfähigkeit zu stärken: Ich glaube, der erste und in meinen Augen allerwichtigste Schritt ist die Vollendung der Spar- und Investitionsunion, sagte er zu einem Schüler. Eine vollständig integrierte Bankenunion sollte dann folgen. Beides trägt Nagel zufolge dazu bei, Europa für ausländische Investorinnen und Investoren attraktiver zu machen. Europa müsse sich aber nicht verstecken, betonte Nagel. Wir sind eine starke Volkswirtschaft und für so viele Länder auch ein starker Handelspartner.

Eine weitere Herausforderung ist ihm zufolge die demografische Entwicklung in Deutschland und Europa. Um den Austritt der Babyboomer aus dem Arbeitsmarkt zu kompensieren, braucht es laut Nagel qualifizierte Zuwanderung. Zudem seien Investitionen in digitale Innovationen wie Künstliche Intelligenz (KI) notwendig, um zumindest das angestrebte Wettbewerbsniveau zu erhalten. Der Bundesbankpräsident betonte insbesondere, wie wichtig es sei, junge Menschen im europäischen Arbeitsmarkt zu halten: Wir müssen jungen Menschen das Gefühl geben, dass Europa eine Erfolgsgeschichte ist. Wenn sie das Gefühl bekommen, dass es in Europa nicht mehr so gut läuft, kommen vielleicht einige auf die Idee, Europa den Rücken zu kehren und woanders zu arbeiten. Und das ist nicht in unserem Interesse.

In der Fragerunde mit den Schülerinnen und Schülern sprach er zudem über die internationale Rolle des Euro, wie sich die US-Zollpolitik auf Europa auswirken werde und warum Krypto-Assets aus Zentralbankensicht nicht als Währung fungieren können. 

Zu Besuch in der Deutsche Schule Mailand

Bei seinem Aufenthalt in Mailand besuchte der Bundesbankpräsident auch die Deutsche Schule. Sie ist eine von weltweit 140 deutschen Auslandsschulen. Dort erklärte Nagel den Schülerinnen und Schülern, wie der EZB-Rat Entscheidungen trifft und wie das Eurosystem funktioniert. Ich habe mitgenommen, dass es wichtig ist, eine unabhängige Zentralbank zu haben, die trotzdem eng mit der Politik, den G7/G20 und dem Kabinett verbunden ist und sie berät, sagte Achilles aus der zehnten Klasse. Die Schülerinnen und Schüler sprachen mit dem Bundesbankpräsidenten zudem über die Zukunft des Euro sowie Einstiegsmöglichkeiten bei der Bundesbank. Bei seinem Besuch trug er sich auch in das Gästebuch der Schule ein.