Schwerpunkte des Monatsberichts April
Effektive Wechselkurse aus Finanzmarktdaten
Die Berechnung nominaler und realer effektiver Wechselkurse basierte bislang sowohl in der akademischen Literatur als auch in der wirtschaftspolitischen Praxis überwiegend auf Handelsströmen und Gütermarktpreisen. Im Zuge der zunehmenden Finanzmarktintegration haben jedoch internationale Kapitalverkehrstransaktionen an Bedeutung gewonnen; ihr Wert übersteigt den der grenzüberschreitenden Gütermarkttransaktionen bei Weitem. Daher ist es sinnvoll, reale Wechselkurse nicht nur auf Basis von Gütermarktansätzen, sondern auch auf Basis von Kapitalmarktansätzen zu konstruieren.
Der Aufsatz stellt ein Konzept effektiver Finanzmarktwechselkurse dar, bei dem nicht nur die Gewichtung, sondern auch die Deflationierung auf der Grundlage von Finanzvariablen vorgenommen wird. Damit lassen sich effektive Finanzmarktwechselkurse als Indikatoren für die relative Attraktivität von Vermögenswerten unterschiedlicher Länder konstruieren.
Es zeigt sich, dass die Indikatoren der preislichen Wettbewerbsfähigkeit auf den Gütermärkten einerseits und entsprechende Finanzmarktindikatoren andererseits zeitweilig deutlich voneinander abweichen können. Mithin liefern sie durchaus unterschiedliche Informationen. So geben im historischen Vergleich sehr hohe oder sehr niedrige Werte des effektiven Finanzmarktwechselkurses Hinweise auf mögliche Über- beziehungsweise Unterbewertungen von Vermögensanlagen.
In der Vergangenheit wurden solche Fehlbewertungen mitunter durch spekulativ operierende Akteure auf den Finanzmärkten verstärkt, die losgelöst von den Fundamentalfaktoren eine Fortsetzung bestehender Entwicklungen erwarteten. In der Folge bauten sich „spekulative Blasen“ auf, die zum Teil schwere Turbulenzen auf den Finanz- und Gütermärkten ausgelöst haben. Möglicherweise kann die Konstruktion effektiver Finanzmarktwechselkurse dazu beitragen, den Aufbau von Fehlbewertungen auf nationalen Finanzmärkten frühzeitiger zu erkennen.
Der US-Arbeitsmarkt im aktuellen Zyklus
Die Beschäftigung in den USA ging im Zuge der jüngsten Rezession scharf zurück und nahm im einsetzenden Aufschwung nur zögerlich wieder zu. Diese ausgeprägte Arbeitsmarktschwäche ist sowohl im historischen Vergleich als auch im internationalen Kontext auffällig und dürfte die gesamtwirtschaftliche Entwicklung in den letzten Quartalen zusätzlich belastet haben.
Zu ihrer Erklärung sind zahlreiche, mitunter sehr unterschiedliche Argumente vorgebracht worden, insbesondere größere Produktivitätsfortschritte, verstärkter Strukturwandel und Finanzierungsrestriktionen kleiner Unternehmen. Keiner dieser Faktoren dürfte jedoch die jüngste Arbeitsmarktentwicklung hinreichend erklären. Das Produktivitätswachstum hat sich zwar zeitweise erheblich beschleunigt, anschließend aber wieder merklich verlangsamt. Hinweise auf einen rascheren technischen Fortschritt finden sich nicht. Zweifelsohne wurden einige Wirtschaftszweige und Regionen, in welchen der jeweilige lokale Immobilienmarkt eine wichtige Rolle spielt, spürbarer von der Rezession in Mitleidenschaft gezogen als andere. Insgesamt jedoch waren die Beschäftigungsverluste über Branchen und Bundesstaaten hinweg recht breit angelegt. Kleine Unternehmen dürften zwar aufgrund ihrer Abhängigkeit von Banken in Finanzierungsfragen mehr unter strikteren Kreditkonditionen der Institute gelitten haben als größere Firmen, gleichwohl haben sie sich bei der Einstellung von Arbeitnehmern keinesfalls stärker zurückgehalten.
Wenig Beachtung fanden jedoch bislang Erklärungsansätze, die die Strategie der Unternehmen zur Lohnkostensenkung in der Rezession in den Mittelpunkt stellen. Dabei veranschaulichen die Daten, dass die Anpassung im Abschwung ganz wesentlich über die Beschäftigung und kaum über den Lohn vorgenommen wurde. Neu geschaffene Spielräume in der einsetzenden Erholung wurden dann vorrangig für höhere Lohneinkommen genutzt und weniger zur Aufstockung der Arbeitsplätze. Trotz hoher Erwerbslosigkeit und zeitweise sogar rückläufiger Preise zogen die nominalen Stundenlöhne hartnäckig weiter an, sodass Reallohnsenkungen, die zu einer Räumung des Arbeitsmarktes hätten beitragen können, ausblieben. Dazu passen Studien auf Basis von Mikrodaten, die den USA eine im internationalen Vergleich hohe abwärtsgerichtete Rigidität der Nominallöhne bescheinigen. Demgegenüber dürfte in Deutschland nicht zuletzt die engere Kooperation zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern die Kostenanpassung in der Rezession ohne einen massiven Stellenabbau erleichtert haben.
Zu den Beschlüssen des Europäischen Rates zur künftigen Vermeidung und Bewältigung von Staatsschuldenkrisen
Die aktuelle Schuldenkrise einiger EWU-Staaten hat gezeigt, dass die bisherigen Regeln zur Verhinderung und Lösung solcher Krisen unzureichend sind. Der Europäische Rat hat vor diesem Hintergrund am 25. März 2011 ein umfassendes Reformpaket verabschiedet, um die bestehenden Verfahren zu verbessern. Leitgedanke war dabei, den grundlegenden Rahmen der Währungsunion beizubehalten und insbesondere die Eigenverantwortlichkeit der Mitgliedstaaten für ihre Finanzpolitik sowie der Investoren für ihre Anlageentscheidungen zu bestätigen.
Im Wesentlichen wurden Änderungen am Stabilitäts- und Wachstumspakt, die Einführung eines Verfahrens bei makroökonomischen Ungleichgewichten, der „Euro-Plus-Pakt“ sowie die Errichtung eines Europäischen Stabilitätsmechanismus beschlossen.
Das Gesamturteil über das Reformpaket ist gemischt. So weiten die Reformen die Präventions- und Krisenlösungsverfahren deutlich aus und verstärken die Koordination. Die Stärkung der Prävention zielt zwar in die richtige Richtung, speziell beim Stabilitäts- und Wachstumspakt erscheint der Ansatz jedoch zu zaghaft. Die Wirksamkeit der vorbeugenden Maßnahmen hängt weiterhin entscheidend davon ab, dass der politische Wille vorhanden ist, die beschlossenen Regeln auch konsequent anzuwenden. Diesbezüglich besteht vor dem Hintergrund der bisherigen Erfahrungen kein Anlass für großen Optimismus.
Mit den Entscheidungen zum Krisenlösungsmechanismus wurden Risiken stärker vergemeinschaftet. Die Stringenz und Wirksamkeit der Verfahren bleibt auch hier letztlich maßgeblich von der konkreten zukünftigen Umsetzung abhängig. Einige Aspekte sind noch nicht abschließend geregelt. Mit den noch zu treffenden Entscheidungen zu diesen offenen Fragen sollte der stabilitätspolitische Rahmen der Währungsunion in die Richtung verbesserter Anreize für solide Finanzpolitiken und wirksamer Disziplinierung durch die Finanzmärkte gestärkt werden.