Joachim Nagel ©Frank Rumpenhorst

Nagel: Erste Zinsschritte könnten zeitnah folgen

Bundesbankpräsident Joachim Nagel hat sich erneut dafür ausgesprochen, rechtzeitig mit einer Normalisierung der Leitzinsen im Euroraum zu beginnen. „Wenn die Nettoanleihekäufe abgeschlossen sind, womöglich im Juni, sehe ich bald darauf den Zeitpunkt für eine erste Zinsanhebung gekommen, womöglich im Juli“, sagte Nagel bei der Pressekonferenz des G7-Treffens der Finanzminister und Notenbankgouverneure auf dem Petersberg bei Bonn. „Weitere Zinsschritte könnten zeitnah folgen.“

Inflation bekämpfen

Vor allem die Energiepreise seien drastisch gestiegen. Aber auch die Verbraucherpreise insgesamt seien in den Industrieländern deutlich nach oben gegangen. Aus der Bundesbank-Unternehmensumfrage ergebe sich, dass die meisten Firmen in Deutschland weitere Preiserhöhungen planten. „Die Zentralbanken müssen dafür sorgen, dass sich der sehr starke Preisauftrieb nicht verfestigt. Deshalb müssen wir entschlossen handeln,“ so Nagel.

Solide Staatsfinanzen gewährleisten

Nagel ermahnte zudem die Staaten – insbesondere im Euroraum – zu mehr Haushaltsdisziplin. „Auch wenn die Fiskalpolitik bei Pandemie und dem Ukrainekrieg zu Recht in die Bresche gesprungen ist, sollte sie die Neuverschuldung baldmöglichst herunterfahren und einen tragfähigen Schuldenpfad in Aussicht stellen“, so Nagel. „Hierbei wiederum spielen meines Erachtens glaubwürdige Fiskalregeln eine bedeutende Rolle.“ Entscheidend sei, das grundsätzliche Vertrauen in solide Staatsfinanzen zu bewahren und so die Handlungsfähigkeit der Fiskalpolitik zu erhalten. Dann könne sich die Geldpolitik darauf konzentrieren, die Preisstabilität zu gewährleisten.

Hohe Inflation nicht nur im Euroraum

In der anschließenden Fragerunde betonte Nagel, dass die hohe Inflation nicht nur ein Thema für den Euroraum sei. Länder wie die USA oder Großbritannien hätten eine noch höhere Inflation und daher schon früher die Zinswende eingeleitet. Nagel zeigte sich aber zuversichtlich, dass das Eurosystem diesem Weg bald folgen werde. Auch Bundesfinanzminister Christian Lindner betonte, dass die hohe Inflation ein ernstes Thema sei. Internationale Koordination sei wichtig, diese zu bekämpfen. „International koordiniert müssen wir in die gleiche Richtung arbeiten. Es muss auch ein Ausstieg aus der expansiver Finanzpolitik gefunden werden,“ sagte er.

Vorbereitung für den G7-Gipfel auf Schloss Elmau

Bei dem zweitägigen Treffen der Fi­nanz­mi­nis­terinnen und Finanzminister sowie der Gouverneurinnen und Gouverneure der No­ten­bank­en der sieben wirt­schaft­lich be­deu­tends­ten In­dus­trie­na­tio­nen (G7) ging es neben dem Thema Inflation vor allem um Liquiditätshilfen für die Ukraine. Über mögliche weitere Sanktionen gegen Russland und internationale Besteuerung wurde bei dem Treffen auch diskutiert. Es dient als Vorbereitung für den G7-Gipfel der Staats- und Regierungschefs auf Schloss Elmau, der vom 26. bis 28. Juni die­ses Jah­res stattfindet.