Das deutsche Auslandsvermögen Ende 2011

Die finanzielle Verflechtung Deutschlands mit dem Ausland hat im Jahr 2011 ‑ zum Teil krisenbedingt ‑ weiter zugenommen. Allerdings ist der Anstieg der grenzüberschreitend gehaltenen Vermögenspositionen im Vergleich zum Vorjahr deutlich schwächer ausgefallen. So stiegen die Auslandsforderungen um 4 % auf 6 555 Mrd €, die Auslandsverbindlichkeiten um 5 % auf 5 710 Mrd €. Ausschlaggebend war bei den Aktiva die höhere Auslandsposition der Bundesbank, während bei den Passiva hohe „Safe haven“-Zuflüsse in Bundesanleihen die wesentliche Rolle spielten. Da die Auslandspassiva etwas stärker als die Aktiva gestiegen sind, ist die Netto-Auslandsposition Deutschlands im Ergebnis um 26 Mrd € auf 845 Mrd € zurückgegangen. Die negativen Effekte durch die Neubewertung aller Forderungen und Verbindlichkeiten und durch sonstige Anpassungen fielen in der Summe somit höher aus als der Leistungsbilanzüberschuss. 

Die grenzüberschreitende Netto-Vermögensposition der monetären Finanzinstitute (ohne Bundesbank) reduzierte sich binnen Jahresfrist um 12 % auf 177 Mrd €. Dabei stiegen die Auslandsforderungen um 40 Mrd € auf 2 863 Mrd € und die Auslandsverbindlichkeiten um 63 Mrd € auf 2 686 Mrd €. Diese Zunahmen gingen per saldo ausschließlich auf Finanzderivate zurück, deren Bestand in der Aktivposition um 132 Mrd € und in der Passivposition um 143 Mrd € zugenommen hat. Ohne Finanzderivate gerechnet wären die Auslandsforderungen deutscher Banken im Berichtsjahr um 92 Mrd €, die Auslandsverbindlichkeiten um 80 Mrd € gesunken. Damit setzte sich der Trend der Vorjahre fort. Während auf der Aktivseite ein Rückgang der Wertpapierforderungen (um 68 Mrd €) maßgeblich war, welcher im Wesentlichen durch Verkäufe und Wertverluste bei Anleihen getrieben wurde, schlug auf der Passivseite vor allem ein Rückgang der Kreditverbindlichkeiten hiesiger Banken gegenüber dem Ausland (um 88 Mrd €) zu Buche, der sich stark auf das kurze Laufzeitende konzentrierte. 

Heimische Wirtschaftsunternehmen und Privatpersonen, zu denen auch Versicherungen und Investmentfonds (ohne Geldmarktfonds) gezählt werden, weiteten ihre Netto-Auslandsposition 2011 erneut aus (und zwar um 12 Mrd € auf 1 035 Mrd €). Ihr Forderungs­bestand gegenüber Gebietsfremden erhöhte sich um 5 Mrd € auf 2 738 Mrd €. Zugleich haben die Auslandsverbindlichkeiten um 7 Mrd € auf 1 704 Mrd € abgenommen. Hinter diesen Angaben stehen entgegengesetzte Entwicklungen bei den Direktinvestitionen und den Wertpapieranlagen. Getragen von der 2011 gut laufenden Konjunktur in Deutschland nahm die grenzüberschreitende Unternehmensverflechtung über Direktinvestitionen weiter zu. Ausschlaggebend für den Anstieg bei den deutschen Auslandsinvestitionen (um 23 Mrd €) war dabei die Ausweitung der Kapitalbeteiligungen, während über konzerninterne Kredite in nennenswertem Umfang Mittel von den gebietsfremden Tochterunternehmen nach Deutschland flossen. Auf diese Weise reichen üblicherweise im Ausland ansässige Finanzierungsinstitute die Emissionserlöse von am internationalen Kapitalmarkt begebenen Wertpapieren an ihre Muttergesellschaften weiter. Auch ausländische Eigner erhöhten ihr Engagement bei ihren Niederlassungen in Deutschland (um 9 Mrd €). Bei den grenzüberschreitenden Wertpapieranlagen kam es hingegen zu deutlichen Rückgängen. So verringerten sich die Bestände an Wertpapieren ausländischer Provenienz bei hiesigen Unternehmen und Privatpersonen um 33 Mrd €. Bei gebietsfremden Anlegern ist das Engagement in deutschen Titeln sogar noch stärker zurückgegangen (52 Mrd €). Dabei spielten jeweils Bewertungseffekte die entscheidende Rolle. Während ausländische Anleger vor allem die deutlichen Kursrückgänge am deutschen Aktienmarkt zu spüren bekamen (‑ 61 Mrd €), waren die Kursverluste der gebietsansässigen Anleger breit über ausländische Aktien, Investmentzertifikate und Anleihen verteilt. Gegenläufig wirkten sich hier jedoch hohe Zukäufe ausländischer Anleihen durch hiesige Anleger aus (37 Mrd €), welche vorwiegend durch Versicherungsunternehmen und außerhalb des Euroraums erfolgten. 

Die Auslandsverbindlichkeiten staatlicher Stellen lagen Ende 2011 bei netto 1 036 Mrd €. In der Verschlechterung der Auslandsposition der öffentlichen Hand (um 20 %) kommt unter anderem der Zustrom an Mitteln in den sicheren Hafen Deutschland zum Ausdruck. Die Auslandspassiva stiegen in der Folge um 184 Mrd €, vorwiegend durch die Zunahme der öffentlicher Schuld­verschreibungen im Auslandsbesitz (164 Mrd €). Der Anstieg war etwa hälftig auf zahlungsbilanzrelevante Transaktionen und auf Kurssteigerungen bei den hiesigen Staatstiteln zurückzuführen. Diese erhöhen zwar den Marktwert der vom Ausland gehaltenen Staatsanleihen, bedeuten aber keine zusätzlichen Rückzahlungsverpflichtungen des deutschen Staates. Die 2010 im Zuge der dem Staatssektor zugeordneten Abwicklungsanstalten sprunghaft gestiegenen Auslandsforderungen des öffentlichen Sektors sind im Berichtszeitraum mit 12 Mrd € nur noch geringfügig angewachsen. Dabei erhöhten sich insbesondere die Kreditforderungen ‑ vor allem transaktionsbedingt ‑ um insgesamt 13 Mrd €, während die Wertpapierbestände leicht zurückgegangen sind. 

Die Netto-Auslandsposition der Bundesbank stieg im Jahr 2011 um 158 Mrd € auf 668 Mrd €. Dabei legten die Währungsreserven um 23 Mrd € auf 185 Mrd € zu. Von dem Zuwachs entfielen 20 Mrd € auf die übliche Neubewertung der Währungsreserven zu Marktpreisen, wovon allein 17 Mrd € den Bewertungsgewinnen beim Gold zuzuschreiben waren. Transaktionsbedingt kam es bei den Währungsreserven zu einem Anstieg um 3 Mrd €; hierfür zeichnete in erster Linie eine Erhöhung der Reserveposition im Internationalen Währungs­fonds verantwortlich. Ausschlaggebend für den deutlichen Bestandszuwachs bei den sonstigen Anlagen von 167 Mrd € auf 530 Mrd € war der fortgesetzte Forderungsaufbau im Rahmen von TARGET2. Außerdem hat die Bundesbank im Rahmen der Ankaufprogramme des Eurosystems auch im Jahr 2011 in wieder nennenswertem Umfang ausländische Wertpapiere in ihre Bücher genommen. Beim Zuwachs der Auslandsverbindlichkeiten der Bundesbank (32 Mrd €) zum Jahresende 2011 handelte es sich vor allem um höhere Einlagen von Zentralbanken und internationalen Organisationen außerhalb des Euro-Währungsgebiets.