Dr. Andreas Martin – Starke Stimme der genossenschaftlichen Banken Rede anlässlich der Verabschiedung von Dr. Andreas Martin, Vorstandsmitglied des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR)

Es gilt das gesprochene Wort.

1 Einleitung

Lieber Herr Altmüller,
liebe Frau Präsidentin Kolak,
lieber Herr Dr. Martin,
meine sehr geehrten Damen und Herren,

ich freue mich, heute mit Ihnen an diesem geschichtsträchtigen Ort Ihre Verabschiedung in den wohlverdienten Ruhestand zu feiern. Das Gebäude des Hotel de Rome, in dem wir uns befinden, kann auf eine lebhafte Vergangenheit zurückblicken.

Ende des 19. Jahrhunderts als Hauptsitz der Dresdner Bank erbaut, beherbergte es zu DDR-Zeiten die Staatsbank der DDR. Wenn auch aus ganz unterschiedlichen Gründen – beide Banken existieren heute längst nicht mehr. Gemein ist aber beiden Banken, dass sie noch existierten als Sie, lieber Herr Dr. Martin, beim Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) zu arbeiten anfingen.

2 Persönliche Würdigung

Sie können auf ein langes und sehr beeindruckendes Berufsleben zurückblicken. Wolfgang Altmüller hat uns eben Ihre beruflichen Stationen nachdrücklich vor Augen geführt. Ein Detail Ihres Lebenslaufs möchte ich an dieser Stelle noch ergänzen: Uns beide verbindet, dass wir an der Universität Göttingen studiert haben. Auf dem Papier sieht Ihr beruflicher Lebenslauf beeindruckend aus. Doch er verrät uns nicht viel über den Menschen, Andreas Martin. Wie ist der berufliche Austausch mit ihm? Wofür steht er? Was treibt ihn an? 

Ich habe Sie im Jahr 2009 nach meiner Wahl zum Mitglied des europäischen Parlaments kennengelernt. Und Seit 2018 bin ich als Mitglied des Vorstands der Deutschen Bundesbank unter anderem auch für den Zahlungsverkehr zuständig. So haben wir uns in diesen knapp eineinhalb Jahrzehnten immer wieder getroffen. Der regelmäßige Austausch mit Ihnen hat mir immer gutgetan. 

Ihr Blick auf die Bankenwelt und die anstehenden Herausforderungen – gerade aus der Perspektive des genossenschaftlichen Verbands – war für mich immer äußert wertvoll. Denn wir sind als Zentralbank auf ein stabiles, gut funktionierendes Bankensystem mit seinen unterschiedlichen Säulen angewiesen:

  • Geldpolitische Impulse wirken über die Banken in die Realwirtschaft.
  • In der Bargeldlogistik und im unbaren Zahlungsverkehr brauchen wir die Banken als Schnittstelle zu Unternehmen sowie Bürgerinnen und Bürgern.
  • Und das soll auch bei zukünftigen Projekten – wie etwa dem digitalen Euro, auf den ich gleich noch zu sprechen komme – so bleiben. 

Bei all diesen Themen habe ich Sie stets als hoch kompetent, fachlich versiert und vor allem auch als besonders zuverlässig erleben dürfen. Besonders hervorheben möchte ich Ihre ruhige und ausgeglichene Art. Auch in schwierigen Situation haben Sie eine Lösung gefunden. Immer gemäß des Mottos der Volksbanken- und Raiffeisenbanken wir machen den Weg frei.

Auf dem Weg zu diesen Lösungen haben Sie aber nie auf Konfrontation gesetzt, sondern das Miteinander gesucht und betont. Die Frage, wofür Sie stehen, lässt sich daher für mich leicht beantworten: Sie stehen für das Miteinander. Sie sind die Personifizierung des Grundgedankens der genossenschaftlichen Banken: Füreinander und Miteinander. Für diese Idee und das Modell der Genossenschaftsbanken haben Sie sich stets vehement eingesetzt.

Und was treibt Sie darüber hinaus an? Das sind aus meiner Sicht ganz klar Ihr breites Interesse an bankgeschäftlichen Themen, Ihre nie versiegende Neugier und Ihr untrügliches Gespür für Zukunftsthemen. So stand das kontaktlose Bezahlen schon lange auf Ihrer Agenda, bevor es im Mainstream der Finanzwelt angekommen war. Aber auch bei vielen anderen wichtigen Themen des Zahlungsverkehrs setzten Sie bis zuletzt immer wieder wichtige Akzente.

Das betrifft auch ein Thema, das mir ganz besonders am Herzen liegt: Der digitale Euro. Es gibt viele Gründe, die dafür sprechen, dass eine Zentralbank in einer zunehmend digitalisierten Welt neben Bargeld auch digitales Geld emittieren sollte. Ich habe mich dazu in jüngster Zeit immer wieder geäußert – genauso wie Sie, lieber Herr Dr. Martin. 

Und ich gebe Ihnen uneingeschränkt Recht: Ein digitaler Euro kann und darf nicht gegen den Widerstand der Finanzindustrie eingeführt werden. Wir müssen gemeinsam einen Weg finden, das große Potenzial einer digitalen Währung für Europa zu heben. Genauso wie Sie, bin auch ich überzeugt: Ein gut gestalteter digitaler Euro kann zum „Fortschrittsmotor“ werden und den digitalen Wandel der europäischen Wirtschaft spürbar vorantreiben.

Im Herbst 2023 endet die momentan laufende Untersuchungsphase, in der das Eurosystem vor allem die mögliche technische und funktionale Ausgestaltung eines digitalen Euro mit allen Stakeholdern analysiert hat. Im Anschluss wird das Eurosystem entscheiden, ob es in eine dreijährige Realisierungsphase eintritt. Mit einer Einführung ist daher nicht vor 2027 zu rechnen.

Klar ist: Ein enger Austausch aller beteiligten Stakeholder ermöglicht es uns, eine Lösung zu finden, die Risiken und Chancen angemessen berücksichtigt. Dafür brauchen wir auch in Zukunft engagierte Personen in der Finanzbranche, die ihren Standpunkt klar kommunizieren.

3 Verabschiedung

Lieber Herr Dr. Martin,

Sie haben Ihren Standpunkt immer klar kommuniziert. Und Sie haben sich dabei stets für die Interessen der Genossenschaftsbanken eingesetzt. Nach über drei Jahrzehnten genossenschaftlichen Engagements übergeben Sie nun Ihren Sitz im Vorstand des BVR an Frau Tanja Müller-Ziegler. Ich freue mich schon auf die künftige Zusammenarbeit mit Ihr. Vermissen aber werde ich den beruflichen Austausch mit Ihnen.

Ich wünsche Ihnen nun einen guten Start in den neuen Lebensabschnitt und bin mir sicher, Sie werden sich hier schnell zurechtfinden und neue spannende Themen entdecken. Oder, um es mit den Worten der Volks- und Raiffeisenbanken zu sagen: Morgen kann kommen. Für die Umsetzung Ihrer persönlichen Ziele wünsche ich Ihnen weiterhin alles Gute und viel Erfolg!

4 Schluss

Lieber Herr Dr. Martin,

Was dem einzelnen nicht möglich ist, das vermögen viele, sagte einst Friedrich Wilhelm Raiffeisen. Und so ist es auch heute bei Ihrer Verabschiedung. Erst die Gesamtheit der Redenbeiträge macht Ihre Verabschiedung vollständig.

Und so darf ich nun das Wort übergeben an Herrn Dr. Roman Glaser, Präsident des Baden-Württembergischen Genossenschaftsverbandes.