Gemeinsam Herausforderungen bewältigen Ansprache anlässlich der Amtseinführung des Bundesbank-Repräsentanten in Riga

Es gilt das gesprochene Wort.

1 Begrüßung

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

es ist mir eine große Freude, heute an der Deutschen Botschaft in Riga zu sein und mit Ihnen die Einführung von Nikola Marcinko als Repräsentanten der Deutschen Bundesbank hier in Lettland zu feiern.

2 Eurosystem, Geldpolitik und Zusammenarbeit

2024 ist für Europa ein Jahr der Jubiläen. Vor 25 Jahren, am 1. Januar 1999, wurde der Euro als gemeinsame Währung in elf europäischen Ländern, darunter auch Deutschland, als Buchgeld eingeführt. Drei Jahre später hielten die Menschen in zwölf europäischen Staaten die Euro-Scheine und -Münzen in den Händen.

Vor 20 Jahren, am 1. Mai 2004 ist Lettland gemeinsam mit neun weiteren Ländern der Europäischen Union (EU) beigetreten.[1] Zehn Jahre später, am 1. Januar 2014, führte Lettland dann als 18. Land den Euro ein. Die Latvijas Banka wurde Mitglied im Eurosystem.[2]

Heute bringt der Euro Menschen aus mittlerweile 20 Ländern zusammen. Er ist die Währung für fast 350 Millionen Menschen und ein Symbol für Europa. Der Euro ist eine verbindende Kraft, die die wirtschaftliche und politische Einheit in ganz Europa fördert. Neben dem Binnenmarkt spielt die gemeinsame Währung eine wichtige Rolle bei der Förderung des wirtschaftlichen Wohlstands und trägt zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit und Souveränität Europas bei, auch auf der globalen Bühne.

Doch die Geschichte des Euro ist nicht nur eitel Sonnenschein. Die gemeinsame Währung musste auch einige Stürme meistern. Etwa die Finanzkrise ab dem Jahr 2007 und die darauffolgende Staatschuldenkrise. Oder die Corona-Pandemie und den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Die dadurch verursachten Liefer- und Energieengpässe trugen maßgeblich zum starken Anstieg der Inflationsraten bei.[3][4]

Um zu verhindern, dass sich die hohe Inflationsdynamik verfestigt, hat der EZB-Rat entschieden reagiert und die Leitzinsen zwischen Juli 2022 und September 2023 zehn Mal in Folge erhöht.  Die Inflation im Euroraum hat inzwischen deutlich nachgelassen. Das lag insbesondere am starken Energiepreisrückgang. Aber es ist auch ein Resultat der geldpolitischen Straffung. 

Dennoch wird die Inflationsrate auch in diesem Jahr noch deutlich über unserer Zielrate von zwei Prozent liegen. In der jüngsten Prognose sahen die Fachleute des Eurosystems einen Jahresdurchschnitt von 2,7 Prozent.  Den Zielwert erreicht die Teuerung demnach erst im Jahr 2025. Erst wenn hinreichend gesichert ist, dass wir dieses Ziel erreichen, kann eine geldpolitische Lockerung ins Auge gefasst werden. Deshalb hat der EZB-Rat bei seiner jüngsten Sitzung die Leitzinsen erneut unverändert gelassen und klargestellt, dass es für Zinssenkungen noch zu früh wäre.

Nun gilt es, die wirtschaftlichen und finanziellen Entwicklungen im Euroraum genau zu beobachten und die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen. Der fachliche Austausch zwischen den Zentralbanken ist dabei eine wichtige Grundlage. Auch deshalb stehen wir miteinander in engem Kontakt. Indem wir uns regelmäßig austauschen, steigern wir das gegenseitige Verständnis und kommen unserem gemeinsamen Ziel, die Preisstabilität zu sichern, näher. Diese gute Zusammenarbeit beruht nicht zuletzt auch auf direkten persönlichen Kontakten. 

3 Bundesbank-Repräsentant in Riga

Deshalb ordnet die Bundesbank mit Herrn Nikola Marcinko nun auch einen Repräsentanten an die Deutsche Botschaft in Riga – der größten Stadt des Baltikums – ab. Er wird über die Entwicklungen in Lettland, Estland und Litauen im Bereich der Wirtschaft- und Finanzpolitik, sowie der Finanzstabilität berichten. Zudem wird er auch die vertrauensvollen Beziehungen der Bundesbank zu den Notenbanken der baltischen Staaten pflegen und verstärkt Kontakte zu nationalen Behörden und Finanzinstitutionen vor Ort aufbauen. Dieses Netzwerk wird unsere schon bestehenden Notenbankkontakte ergänzen und vertiefen.

Ich freue mich, dass wir mit Nikola Marcinko einen so geeigneten Repräsentanten für die Arbeit in Riga gefunden haben. Herr Marcinko hat – nach seinem Studium der Ingenieurswissenschaften und ersten beruflichen Erfahrungen in der freien Wirtschaft – in der Bundesbank im Rahmen des Traineeprogramms einen sehr guten Überblick über das Zentralbankwesen erhalten. Anschließend hat er unter anderem in der Abteilung für „Grundsatzfragen der geld- und währungspolitischen Implementierung“ fundiertes Wissen über die Arbeit im Eurosystem gesammelt.

4 Schluss

Meine Damen und Herren,

der in Riga geborene deutsche Komiker Heinz Erhardt hat einmal gesagt: Pessimisten sind Leute, die mit der Sonnenbrille in die Zukunft schauen. Angesichts der aktuellen geopolitischen Spannungen, der demographischen Entwicklung in Europa und des globalen Klimawandels mag sich der Blick in die Zukunft tatsächlich verdunkeln. Doch ich halte nichts von Schwarzmalerei. Gemeinsam hat Europa bereits Vieles erreicht und ich bin überzeugt, wir können noch viel mehr erreichen. Lassen Sie uns gemeinsam Europa zum Wohl unserer Länder und ihrer Menschen bauen.

Lieber Herr Marcinko, Sie werden dazu hier in Riga in den nächsten Jahren einen wichtigen Beitrag leisten. Dafür wünsche ich Ihnen alles Gute und viel Erfolg!

Meine Damen und Herren, Herr Marcinko ist für Sie die Brücke zur Deutschen Bundesbank. Nutzen Sie diesen Kontakt und die Möglichkeit zum fachlichen Austausch. 

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Fußnoten:

  1. EU-Erweiterung - Europäische Union (europa.eu)
  2. Lettland tritt dem Euro-Währungsgebiet bei (europa.eu)
  3. Aktuelle Inflationsraten Euroraum/Euroländer: Eurostat (europa.eu)
  4. In Lettland lag die Inflationsrate im Dezember 2023 bei 0,9%, nach 20,7% im Dezember 2022.