Monatsberichtsaufsatz zu Geldpolitik und Kreditvergabe

Gestapelte Ein- und Zwei-Euromünzen auf Banknoten ©Nils Thies

In einem Umfeld niedriger Zinsen kann eine expansive Geldpolitik die Kreditvergabe der Geschäftsbanken dämpfen. Diese Möglichkeit besteht speziell dann, wenn die Geschäftsbanken nur wenig Eigenkapital vorhalten. Zu diesem Schluss kommen die Bundesbank-Ökonominnen und -Ökonomen im aktuellen Monatsbericht. Für sich genommen würde ein solcher Zusammenhang dem Ziel, die Kreditvergabe von Geschäftsbanken anzukurbeln, zuwider laufen.

Margen unter Druck

Die beschriebene Wirkung könnte sich laut den Ökonominnen und Ökonomen der Bundesbank über den sogenannten Bankkapitalkanal entwickeln. Er beschreibt den Einfluss der Geldpolitik über Zinsniveau und Zinsstruktur auf die Ertragskraft der Banken und damit ihre Fähigkeit, Eigenkapital zu generieren. Eigenkapital dient Banken insbesondere dazu, mögliche Verluste abzufedern. Banken benötigen es somit, wenn sie ihre Kreditvergabe ausweiten wollen.

Die im Aufsatz dargestellten Studien zeigen, dass die Nettozinsmarge einer Bank in einem Umfeld niedriger Zinsen unter Druck geraten kann. Diese Marge ist die Differenz zwischen den Zinsen, die Geschäftsbanken auf ihre Aktiva, also zum Beispiel auf vergebene Kredite erhalten und den Zinsen, die sie für Fremdkapital, also zum Beispiel für die bei ihnen gehaltenen Einlagen, zahlen müssen. Da die Nettozinsmarge einen entscheidenden Teil der Profitabilität ausmacht, kann ihr Rückgang im Niedrigzinsumfeld für sich genommen die Ertragskraft der Banken mindern. Somit könne sich laut Monatsbericht in einem Niedrigzinsumfeld eine Situation ergeben, "in der expansive geldpolitische Maßnahmen zumindest in der längeren Frist belastend und restriktive Maßnahmen stützend auf die Ertragslage wirken, mit entsprechendem Einfluss auf die Fähigkeit zum Aufbau von Eigenkapital und somit tendenziell auch auf die Kreditvergabe".

Adverse Effekte von der Eigenkapitalausstattung abhängig

Die Expertinnen und Experten messen dem beschriebenen Effekt besonders dann Bedeutung zu, wenn die Banken bereits über eine knappe Eigenkapitalausstattung verfügen, also nur gerade so viel Eigenkapital halten, wie es die Bankenregulierung fordert. Sind darüber hinaus der Aufnahme von Eigenkapital über den Markt Grenzen gesetzt, begünstige das den Effekt ebenfalls. Deshalb sei eine gute Eigenkapitalausstattung aus geldpolitischer Sicht von zentraler Bedeutung, schreiben die Ökonominnen und Ökonomen. Die Eigenkapitalausstattung des Bankensystems habe sich im Euroraum in den vergangenen Jahren zwar deutlich gebessert. Gleichzeitig liege der Bestand an notleidenden Krediten in einigen Ländern jedoch weiterhin auf einem sehr hohen Niveau, was die Eigenkapitalausstattung zukünftig belasten könnte. Je schlechter die Eigenkapitalausstattung der Banken insbesondere im Niedrigzinsumfeld sei, desto stärker dürften damit etwaige adverse Reaktionen der Banken auf geldpolitische Maßnahmen ausfallen und desto "schwieriger wird es für die Geldpolitik, ihr Ziel, die Wahrung von Preisstabilität, zu erreichen", so die Expertinnen und Experten.

Ihre Erkenntnisse stünden im Gegensatz zur bisherigen Interpretation des Bankkapitalkanals in der wissenschaftlichen Literatur, schreiben die Ökonominnen und Ökonomen. Dort würde der Bankkapitalkanal bislang als Verstärkungsmechanismus der Geldpolitik angesehen. Diese Studien gingen jedoch auch nicht von einem Umfeld aus, in dem die Zinsen für lange Zeit sehr niedrig sind.