Joachim Nagel auf dem European Banking Congress ©dfv Euro Finance Group, M8 Mediahouse

Nagel beim European Banking Congress 2025: Europa produktiver machen

Bundesbankpräsident Joachim Nagel hat auf dem diesjährigen European Banking Congress (EBC) in Frankfurt am Main eindringlich zu Reformen für Europas Zukunft aufgerufen. Vor dem Hintergrund zunehmender geopolitischer Spannungen, eines herausfordernden globalen Handelsumfelds und des demografischen Wandels plädierte Nagel für eine klare europäische Strategie, um Produktivität und Wohlstand langfristig zu sichern.

Mit begrenzten Ressourcen ist unser einziger Weg nach vorn, produktiver zu werden, betonte der Bundesbankpräsident zu Beginn seiner Rede. Europa stehe vor tiefgreifenden Veränderungen: steigenden Sicherheitsanforderungen, einer alternden Bevölkerung und dem Übergang zu einer klimaneutralen Wirtschaft.

Produktivitätslücke habe sich zuletzt deutlich vergrößert

Während die EU in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg bei der Produktivität gegenüber den USA aufholte, sei dieser Prozess spätestens seit Mitte der 1990er Jahre ins Stocken geraten. Fast die Hälfte des heutigen Produktivitätsrückstands gegenüber den USA ist allerdings erst in den vergangenen fünf Jahren entstanden, so der Bundesbankpräsident. Neben strukturellen Wachstumsunterschieden sei diese Entwicklung durch Pandemie, Energiepreisschocks und unterschiedliche wirtschaftspolitische Reaktionen verstärkt worden.

Gleichzeitig relativierte Nagel eine zu pessimistische Sicht auf Europas Leistungsfähigkeit. Gemessen am materiellen Lebensstandard, also am realen Pro-Kopf-Einkommen, sei Europa besser durch die vergangenen Jahrzehnte gekommen, als die reinen Produktivitätszahlen nahelegen, da viele Länder erfolgreich zusätzliche Arbeitskräfte aktiviert hätten.

Impulse für mehr Dynamik: Regulierung vereinfachen, Kapitalmärkte vertiefen

Um die Produktivität in den kommenden Jahren zu steigern, brauche Europa strukturelle Reformen, flankiert durch Maßnahmen auf nationaler Ebene. Ein zentrales Thema ist für Nagel der Abbau bürokratischer Hürden für Unternehmen und eine stärkere Harmonisierung innerhalb des Binnenmarkts. Er verwies dabei auf die laufenden Reformpakete der EUWir müssen es Unternehmen leichter machen, in Europa zu wachsen – mit klareren, schlankeren und einheitlicheren Regeln.

Auch ein besserer Zugang zur Eigenkapitalfinanzierung sei entscheidend. Europa brauche eine echte Spar- und Investitionsunion, um Innovationen von der Start-up-Phase bis zur Skalierung zu unterstützen. Venture Capital, Wagniskapital, sowie tiefere und liquidere Kapitalmärkte spielten dabei eine zentrale Rolle. Nagel appellierte abschließend an die europäische Entschlossenheit: Europa steht vor großen Herausforderungen. Lassen Sie uns diese Herausforderungen in etwas Produktives verwandeln. 

Der European Banking Congress (EBC) gilt als einer der wichtigsten Treffpunkte für Entscheidungsträgerinnen und -träger aus Finanzwirtschaft, Politik und Wissenschaft. Er bietet ein Forum für den Austausch über zentrale Fragen der europäischen Zukunft.