Jens Weidmann bei seiner Rede beim Jahresempfang des Hessischen Ministerpräsidenten in Brüssel ©Hessische Landesvertretung/fkph

Weidmann: Deutschland und Frankreich müssen an einem Strang ziehen

Bundesbankpräsident Jens Weidmann hält es für erforderlich, dass Deutschland und Frankreich in der europäischen Reformdebatte an einem Strang ziehen – "und zwar in die gleiche Richtung". Bei einer Rede in Brüssel begrüßte Weidmann die Reformvorschläge des französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron. Es sei ein großes Verdienst, dass er "ein überzeugendes, lebendiges Narrativ für das gemeinsame Europa geschaffen" habe, sagte Weidmann. In Deutschland seien die Vorschläge mit einer Mischung aus Wohlwollen und Skepsis aufgenommen worden.

Handeln und Haften müssen im Einklang bleiben

Weidmann betonte, dass der Euroraum heute wesentlich besser aufgestellt sei als vor der Krise. Dazu hätte zum einen ein beachtlicher Aufholprozess in den ehemaligen Krisenländern beigetragen, durch den die Volkswirtschaften beispielsweise wettbewerbsfähiger geworden seien. Zum anderen hätten neu geschaffene Institutionen wie der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) und die Bankenunion den Euroraum stabiler gemacht. Die bisherigen Schritte reichten jedoch noch nicht, "um den Euroraum so solide aufzustellen, wie wir uns das alle wünschen", sagte er.

Aus Sicht der Bundesbank muss für eine stabile Währungsunion die Einheit von Handeln und Haften gewährleistet sein, betonte Weidmann. Eine Ausweitung von Gemeinschaftshaftung schließt Weidmann daher nicht grundsätzlich aus, sie setze aber voraus, dass entsprechend Souveränitätsrechte auf die europäische Ebene übergehen. "Andernfalls entstehen eine Unwucht und bedenkliche Fehlanreize", warnte der Bundesbankpräsident.

So sei die Bundesbank, angesichts der gemeinsamen Verantwortung für die Bankenaufsicht, etwa nicht per se gegen eine gemeinsame Einlagensicherung. "Im Gegenteil: Eine solche wäre zweifellos ein Beitrag zu einem stabilen Finanzsystem, da das Risiko einer Einlegerpanik sänke", so Weidmann. Zunächst müssten dazu jedoch Risiken, die in nationaler Verantwortung entstanden sind, abgebaut werden. Dazu zählten die teilweise noch sehr hohen Bestände an notleidenden Krediten in den Bankbilanzen einiger Euroländer. Auch die hohen Bestände an Staatsanleihen in den Bankbilanzen nannte Weidmann problematisch, da diese nicht oder kaum mit Eigenkapital unterlegt seien.

Weidmann regte darüber hinaus an, die private Risikoteilung im Euroraum auszubauen. Die Bundesbank unterstütze deshalb ausdrücklich die von der EU-Kommission vorgeschlagene Schaffung einer Kapitalmarktunion. Das Projekt habe das Potenzial, das wirtschaftliche Wachstum zu fördern, Hindernisse für grenzüberschreitende Investitionen aus dem Weg zu räumen, die Unternehmensfinanzierung breiter aufzustellen und die private Risikoteilung zu stärken.

Prinzip der Subsidiarität beachten

In seiner Rede sprach sich Weidmann außerdem dafür aus, dass sich die EU auf Aufgaben fokussiert, die einen "klaren europäischen Mehrwert" haben. Als Beispiele nannte er die Themen Grenzsicherung und Migrationspolitik und forderte, auf diesen Feldern zügig voranzukommen. "Das würde auch dazu beitragen, dass sich einzelne Mitgliedstaaten auf Grund ihrer geografischen Lage nicht benachteiligt oder alleingelassen fühlen", so Weidmann. Gleichzeitig setzte sich der Bundesbankpräsident in seiner Rede dafür ein, dem in der EU geltenden Subsidiaritätsprinzip mehr Geltung zu verschaffen. Die von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker eingesetzte Taskforce für Subsidiarität begrüßte er deshalb.