Oliver ©Seraphine Tiedke

Mit Händen sprechen, mit Herz gestalten – mein Alltag als gehörloser Designer bei der Bundesbank Direkteinstieg – Inklusion

Hallo, ich bin Oliver. Ich bin in einer tauben Familie aufgewachsen – meine Eltern, mein Bruder und ich, wir alle sind taub. Unsere Sprache zu Hause war von Anfang an die Deutsche Gebärdensprache (DGS), lebendig, direkt, voller Ausdruck. Für mich ist sie keine Fremdsprache, sondern meine Muttersprache – ein Teil meiner Identität. Auch meine Wurzeln liegen in der Deaf-Community, in der ich mich bis heute eng verbunden fühle.

Beruflich führte mich mein Weg nach dem Fachabitur über den Integrationsfachdienst zur Deutschen Bundesbank – das war im Herbst 2004. Zunächst war ich zwei Jahre in der Spülküche tätig, dann ein Jahr in der Mikrofilmstelle. Seit 2008 arbeite ich im Corporate Design – dort, wo Farben, Formen und Gestaltung auf die Identität der Bank treffen.

Meine Aufgaben sind vielfältig: Ich gestalte Flyer, Broschüren, Plakate und andere Printprodukte für die interne und externe Kommunikation. Auch Social-Media-Grafiken, Animationen oder digitale Banner gehören dazu. Besonders schätze ich die Abwechslung und den kreativen Spielraum, den mir meine Arbeit bietet – Routine ist nichts für mich. Ich bin bei Projekten von der Idee bis zur Druckfreigabe dabei. Ich berate, gestalte, korrigiere, stimme ab – alles in enger Zusammenarbeit mit den Fachbereichen.

Natürlich bringt meine Gehörlosigkeit im Berufsalltag auch Herausforderungen mit sich. Im Gegensatz zu sichtbaren Behinderungen gibt es bei Gehörlosigkeit keine offensichtlichen äußeren Merkmale, die sie auf den ersten Blick erkennbar machen. Ich bin oft auf Gebärdensprachdolmetscher*innen angewiesen, etwa bei Meetings, Sitzungen, Personalversammlungen oder Seminaren. Meist habe ich die Bestellungen von Gebärdensprachdolmetscher*innen selbst arrangiert. Bei vielen Veranstaltungen, wie beispielsweise Online-Vorträgen zum Thema Gesundheit, werden während des Live-Streams jedoch auch Gebärdenspracheinblendungen angeboten. Ich habe mein Team außerdem über praktische Lösungen und Tipps wie Jabber-Chat, Mundablesen, einige Gebärden beibringen oder schriftliche Kommunikation informiert, um die Zusammenarbeit mit mir zu erleichtern.

Die Bundesbank unterstützt mich auch: Zum Beispiel steht mir ein Telefondolmetschdienst (Telesign) zur Verfügung, über den ich selbstständig telefonieren kann, ohne Kolleg*innen bitten zu müssen. Hörgeschädigte können über PC, Smartphone oder Tablet per Video mit Gebärdensprachdolmetschern von Telesign Kontakt aufnehmen. Diese verbinden sich per Telefon mit der hörenden Person und übersetzen zwischen DGS und Lautsprache. Das bedeutet für mich echte Unabhängigkeit und Teilhabe. Gemeinsam mit dem Betrieblichen Gesundheitsmanagement und der IT suchen wir kontinuierlich nach Lösungen für tägliche Herausforderungen, beispielsweise eine App, die Live-Untertitel erzeugt, oder eine Warn-App für den Brandalarm für taube Beschäftigte. Ich freue mich schon auf die Mitwirkung in diesem Projekt.

Abseits der Arbeit bin ich leidenschaftlicher Sportler – früher viel Fußball, heute mehr Padel, das boomt gerade in der Deaf-Community. Ich bin auch ein riesiger Eintracht Frankfurt-Fan, Mitglied im Deaf-Fanclub mit eigenem Gehörlosen-Block im Stadion. Beim Fanmarsch im Endspiel der Europa League 2022 war ich mittendrin – ein unvergessliches Erlebnis. 

Und dann war da noch diese lustige Begegnung im Supermarkt: Ich entdeckte Bundesbank-Präsident Joachim Nagel – inkognito mit Kappe und Mantel. Er erkannte mich sogar und wir machten ein Selfie. Tja, einmal Bundesbank – immer Bundesbank.

Was ich mir für die Zukunft wünsche? Ich würde unseren Kolleg*innen gerne Gebärdenkurse anbieten. Außerdem wünsche ich mir, dass digitale Barrierefreiheit weiter wächst. Dass DGS selbstverständlich wird. Und dass wir alle – unabhängig von Behinderung – gleiche Chancen zur Teilhabe am Arbeitsleben haben. Ich bin stolz, ein Teil dieser Veränderung zu sein.