Schwerpunkte des Monatsberichts März
Die deutsche Zahlungsbilanz für das Jahr 2013
Der Leistungsbilanzüberschuss der deutschen Volkswirtschaft belief sich im Jahr 2013 auf 206 Mrd € und damit 7½ % des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Der Vorjahreswert wurde mit 7½ Mrd € moderat übertroffen. Dabei hat sich die seit dem Jahr 2010 zu beobachtende Tendenz fortgesetzt, wonach der Abbau der Aktivsaldos im Leistungsverkehr mit den Partnerländern der Europäischen Währungsunion (EWU) durch kräftig steigende Einnahmenüberschüsse im außereuropäischen Geschäft überkompensiert wird. Innerhalb der EWU nimmt Deutschland inzwischen keine auffällige Ungleichgewichtsposition mehr ein. Die Anpassungsprozesse haben bereits erkennbar Wirkung entfaltet, wobei der "Beitrag" der deutschen Volkswirtschaft in Form eines robusten Importwachstums im Berichtszeitraum – im Unterschied zum Jahr 2012 – wieder deutlich zum Vorschein kam.
Die Zunahme des Überschusses im Leistungsverkehr mit den Drittländern war im Jahr 2013 darauf zurückzuführen, dass die anziehende Konjunktur in Deutschland kaum zu steigenden Importen von Gütern aus dem außereuropäischen Raum führte. Aufgrund erheblicher Preisermäßigungen bei international gehandelten Rohstoffen und Halbwaren erzielte die deutsche Wirtschaft überdies beträchtliche Terms-of-Trade-Gewinne. Das Ausfuhrgeschäft blieb im Jahr 2013 ohne Schwung. Hierbei spielte eine Hauptrolle, dass der Bedarf an hochwertigen Investitions- und Konsumgütern aus deutscher Produktion in den Schwellenländern im Berichtszeitraum nicht mehr so hoch ausgefallen ist wie in den Jahren davor, als es eine ausgesprochen kräftige Expansion gegeben hatte.
Der Kapitalverkehr Deutschlands mit dem Ausland stand im vergangenen Jahr zum einen weiter unter dem Einfluss der Finanz- und Staatsschuldenkrise. Er spiegelte zum anderen aber auch den deutschen Leistungsbilanzüberschuss wider. Im Ergebnis kam es 2013 zu hohen Netto-Kapitalexporten (250½ Mrd €). Diese entfielen überwiegend auf deutsche Wertpapieranlagen im Ausland und auf den unverbrieften Kreditverkehr der Kreditinstitute. Hiesige Banken verzeichneten dabei vor allem einen starken Abfluss kurzfristiger Auslandsgelder, die ihnen zum Teil auf dem Höhepunkt der Finanzkrise zugeflossen waren. Gegenläufig wirkte unter anderem der kräftige Rückgang der grenzüberschreitenden Forderungen der Bundesbank im Rahmen des Zahlungsverkehrssystems TARGET2. Die eher längerfristig ausgerichteten Direktinvestitionen wiesen ebenfalls Kapitalexporte auf. Ausschlaggebend war, dass hiesige Unternehmen ihre Auslandspräsenz weiter ausbauten.
Das Schattenbankensystem im Euro-Raum: Darstellung und geldpolitische Implikationen
Aus volkswirtschaftlicher Perspektive ist es eine wesentliche Aufgabe des Finanzsystems, dem nichtfinanziellen Sektor geeignete Möglichkeiten zur Finanzierung und zur Geldvermögensbildung bereitzustellen. Diese Intermediationsaufgabe wird zunehmend auch vom "Schattenbankensystem" geleistet, also von Finanzunternehmen, die außerhalb des regulären Geschäftsbankensystems angesiedelt sind. Hierzu zählen beispielsweise finanzielle Zweckgesellschaften und Fonds (Geldmarkt-, Investment-, Hedgefonds). Daneben werden auch bestimmte Aktivitäten (darunter Verbriefungen und Wertpapierfinanzierungsgeschäfte) zum Schattenbankensystem gezählt.
Die gewachsene Bedeutung der Schattenbankenakteure wird häufig aus dem Blickwinkel der Finanzstabilität betrachtet. Sie ist aber auch aus geldpolitischer Perspektive relevant, da sie zum einen die monetäre Analyse berührt und zum anderen die Wirkungsweise geldpolitischer Maßnahmen verändern kann. So kann ein Angebot von bankähnlichen Leistungen durch Schattenbankenakteure oder eine verstärkte Interaktion zwischen Schatten- und Geschäftsbanken implizieren, dass die für die Einschätzung der wirtschaftlichen Aktivität und der Güterpreisentwicklung relevanten Geld- und Kreditmengen nur noch unvollständig oder verzerrt abgebildet werden. Der Gefahr eines sinkenden Informationsgehalts monetärer Indikatoren durch verstärkte Schattenbankenaktivität begegnete die monetäre Analyse des Eurosystems bisher dadurch, dass sie ausgewählte Schattenbankenakteure in die Berechnung monetärer Aggregate einbezog (Geldmarktfonds) und um bestimmte Transaktionen bereinigte (beispielsweise Kreditverbriefungen). Diese Korrekturen – in Kombination mit einer verstärkten Analyse der sektoralen Verschiebungen in der Geldhaltung – stellen aktuell eine ausreichend hohe Aussagekraft der monetären Aggregate sicher.
Aufgrund der zentralen Rolle des Finanzsektors für die geldpolitische Transmission kann die gestiegene Bedeutung der Schattenbanken prinzipiell auch die Wirkungsweise der Geldpolitik verändern. Da die entsprechende Forschung für den Euro-Raum erst in den Anfängen steckt – was auch an der noch unzureichenden statistischen Erfassung des Schattenbankensystems liegen dürfte – können diesbezüglich nur einige konzeptionelle Überlegungen angestellt werden: Einerseits dürfte die erhöhte Aktivität der Schattenbanken die Möglichkeiten des nichtfinanziellen Sektors zur Finanzierung und Vermögensbildung erweitern, was für sich genommen die Übertragung geldpolitischer Maßnahmen über die Geschäftsbanken tendenziell schwächt. Andererseits impliziert die verstärkte Schattenbankenaktivität aber auch eine gestiegene Bedeutung marktbezogener Variablen in der geldpolitischen Transmission, insbesondere der Vermögenspreise, was isoliert betrachtet die Wirksamkeit geldpolitischer Maßnahmen erhöht. In der Summe ist daher nicht notwendigerweise davon auszugehen, dass die gestiegene Bedeutung der Schattenbanken die Effektivität der Geldpolitik verändert, wohl aber die relative Bedeutung einzelner Transmissionskanäle.
Zur Krisenanfälligkeit von Unternehmen des Verarbeitenden Gewerbes in Deutschland – Ergebnisse einer Risikoanalyse mit Jahresabschlussdaten
Mit zunehmender Dauer der Finanz- und Wirtschaftskrise ist auch das Bewusstsein für die Notwendigkeit einer systematischen Beobachtung und periodischen Analyse des Risikopotenzials ökonomischer Systeme stark gewachsen. Während im Bankensektor regelmäßig Untersuchungen zum Beispiel in Form von Stresstests zumindest der größten Institute vorgenommen werden, gibt es für den realen Sektor bisher nur wenige unternehmensübergreifende Ansätze zur Risikomessung und -bewertung, obwohl es wegen der engen Verzahnung von Realwirtschaft und Finanzsystem durchaus zu gesamtwirtschaftlich relevanten Wechselwirkungen kommen kann.
Im vorliegenden Aufsatz werden die Bestimmungsfaktoren des Risikos nichtfinanzieller Unternehmen systematisiert und auf der Basis entsprechender Risikokennzahlen mit einem umfangreichen Datensatz aus dem Jahresabschlussdatenpool der Deutschen Bundesbank untersucht. Hierbei steht die Krisenanfälligkeit der Unternehmen im Vordergrund, die sich in Ergebnisschwächen manifestiert und die oftmals lange vor erzwungenen Marktaustritten wichtige Hinweise für Schwachstellen und strukturelle Auffälligkeiten im Unternehmenssektor geben kann.
Die empirische Analyse verdeutlicht, dass krisenanfällige Unternehmen vor allem in Branchen mit hoher Konjunkturempfindlichkeit auf der Nachfrageseite und in Wirtschaftsbereichen mit Strukturproblemen angesiedelt sind. Besondere Risikotreiber sind im finanzwirtschaftlichen Bereich eine hohe Verschuldung, die über den negativen Hebel des Leverage-Effekts die Erträge belastet, sowie im operativen Bereich relativ starre Kostenstrukturen bei den Personalausgaben und den sonstigen betrieblichen Aufwendungen. Offensichtlich entstehen in Krisensituationen zunächst beträchtliche Kostenremanenzen, wenn die betroffenen Unternehmen bedingt durch Nachfrageausfälle ihre Produktion drosseln müssen, wodurch sich die Ertrags- und Liquiditätslage weiter verschlechtern.
Die Untersuchungsergebnisse sprechen aber auch dafür, dass die deutsche Industrie ein hohes Risikoabsorptionspotenzial besitzt. Dadurch kam sie bisher nicht nur recht gut durch die Finanzkrise, sondern hat auch das Finanzsystem eher stabilisiert als durch negative Rückkopplungseffekte belastet. So konnten die sichtbar gewordenen Ergebnisschwächen selbst bei den meisten als anfällig eingestuften Unternehmen binnen kurzer Zeit wieder bereinigt werden. Die solide preisliche Wettbewerbsfähigkeit und die kostenorientierte Produktionsflexibilität der deutschen Wirtschaft ebenso wie der hohe Grad an regionaler Absatzdiversifikation dürften trotz der allgemeinen Risikoexposition einer Volkswirtschaft mit einem hohen Offenheitsgrad, wie der deutschen, dazu ganz entscheidend beigetragen haben.