Einleitende Bemerkungen Eröffnungsplenum der Sibos-Konferenz 2025
Es gilt das gesprochene Wort.
Meine Damen und Herren,
die Themen Zahlungsverkehr und Zahlungsabwicklung waren noch nie so spannend und so politisch wie heute. Denn wir erleben derzeit mehrere parallele Entwicklungen, die uns vor große Herausforderungen stellen:
die rasche Entwicklung neuer, weithin als disruptiv betrachteter Technologien
die sich wandelnde Landschaft der Finanzmarktinfrastrukturen: So sind heute beispielsweise Zahlungsvorgänge in Echtzeit möglich. Darüber hinaus wird intensiv an der Verknüpfung bestehender Finanzmarktinfrastrukturen gearbeitet, deren Angebot im Hinblick auf Betriebszeiten und Funktionsumfang ausgebaut werden soll.
die Entwicklung neuartiger Zahlungsinstrumente wie Krypto-Token, Stablecoins und tokenisierte Einlagen: Diese bieten möglicherweise Funktionen, die bislang nicht umsetzbar waren. Damit verbunden sind aber auch zuvor unbekannte Risiken, und die Instrumente entziehen sich zumindest teilweise der herkömmlichen Regulierung.
der erfolgreiche Eintritt von Marktteilnehmern in das Transaktionsbanking, für die das Thema Zahlungsverkehr zuvor nicht relevant war: Dazu zählen sowohl FinTech- als auch BigTech-Unternehmen. Erstere warten oft mit überlegenen technologischen Lösungen auf, Letztere verfügen über nahezu unbegrenzte Finanzkraft und Kundenpotenzial. Beide sind in der Lage, andere Unternehmen hinter sich zu lassen, denn sie können unabhängig von etablierten IT-Systemen agieren.
Mit den genannten Entwicklungen sind sowohl Risiken als auch Chancen verbunden. Auf Letztere möchte ich zuerst eingehen. Als Hüter der Zahlungs- und Abwicklungssysteme stehen wir vor einer großen Chance:
Neue Technologien rücken die Schaffung einer intelligenten Wirtschaft, die dieses Attribut tatsächlich verdient, in den Bereich des Möglichen. Eine Wirtschaft, in der die Abwicklung von Kontrakten weitgehend automatisiert abläuft, ermöglicht durch digitales Geld, die Distributed-Ledger-Technologie (DLT) und Smart Contracts.
Die Vision eines Abwicklungssystems, in dem sich Waren und Dienstleistungen, Informationen und Geld synchron bewegen, könnte also Wirklichkeit werden.
Damit ließen sich Zeit und Kosten sparen, Risiken minimieren und auch enorme Wachstumspotenziale freisetzen.
Eine ausgewogene Einschätzung bedarf aber auch einer Betrachtung der Risiken. Denn schiefgehen könnte vieles. Innovationen nur um ihrer selbst willen zu fördern, wäre sicher der falsche Weg. Die wichtigsten Leitplanken und Grundsätze, an denen wir uns orientieren müssen, sind folgende:
Die Ankerfunktion des Zentralbankgelds darf nicht geschwächt werden. Vertrauen in Geld erfordert Preisstabilität. Deshalb werden wir als Zentralbanken Entwicklungen nicht hinnehmen, die unsere Fähigkeit zur wirksamen Umsetzung der Geldpolitik beeinträchtigen. Wir sorgen dafür, dass der Euro vorherrschende Währung in unserem Währungsgebiet bleibt.
Auch die Finanzstabilität darf nicht gefährdet werden. Dafür sind folgende Punkte von Belang: Zum einen müssen wir sicherstellen, dass Großbetragszahlungen in Zentralbankgeld abgewickelt werden. Dafür lässt sich die DLT nutzen, allerdings in Verbindung mit digitalem Zentralbankgeld für Großbetragszahlungssysteme. Zum anderen dürfen neue Instrumente und Infrastrukturen keine Fehlanreize auslösen, die zu Bank Runs oder größerer Marktvolatilität führen könnten. Hinzu kommt, dass für alle Akteure des Finanzsystems eine angemessene Regulierung gewährleistet sein muss. Wettbewerbsgleichheit ist bei der Regulierung von entscheidender Bedeutung. Unsere aktuellen Instrumente zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung (AML/CFT) oder die Prinzipien für Finanzmarktinfrastrukturen (PFMI) müssen für alle Anbieter von Finanzdienstleistungen gleichermaßen gelten. Soweit zu den Leitplanken und Grundsätzen.
Ich möchte aber auch die enormen Anstrengungen nicht unerwähnt lassen, die von den Zentralbanken und weiteren Beteiligten unternommen werden, um den neuen Entwicklungen gerecht zu werden und die richtigen Lösungen für die damit verbundenen Probleme zu finden.
Viele Zentralbanken untersuchen und testen bereits digitale Formen von Geld, also digitale Zentralbankwährungen. Gegenstand intensiver Diskussionen sind auch neue Ledger-Technologien, die mehrere Formen von digitalem Geld unterstützen könnten. Die Zentralbanken arbeiten gemeinsam an einer Vielzahl technischer Projekte, die über das Innovation Hub der BIZ abgewickelt werden. Um die besten Lösungen für die Zukunft des Transaktionsbankings zu entwickeln, stehen viele von uns in nahezu ständigem Austausch mit Marktteilnehmern und Betreibern von Finanzmarktinfrastrukturen.
Auch aus diesem Grund nehmen viele Vertreterinnen und Vertreter der Zentralbanken – so auch ich – heute an der Veranstaltung teil. Mein besonderer Dank gilt Swift für die Organisation dieser Woche des Austauschs und der Diskussion. Ich bin mir sicher, dass wir dabei viele neue Einblicke gewinnen werden. Vielen Dank.