Wie entsteht Geld? – Teil II: Buchgeld

Im Wirtschaftsleben zahlt man kleinere Einkäufe oft mit Banknoten und Münzen. Größere Beträge werden hingegen ohne Bargeld mit einer Überweisung oder mit der Bankkarte bezahlt. 
Dafür wird Geld vom Bankkonto des Zahlers auf das Bankkonto des Empfängers umgebucht. Das Guthaben des Zahlenden nimmt ab, das Guthaben des Zahlungsempfängers nimmt zu.
Guthaben auf den Bankkonten nennt man Buchgeld. Die Banken buchen auf den Bankkonten die Zahlungen ihrer Kunden.

Hebt ein Bankkunde von seinem Konto Geld ab, wird aus Buchgeld Bargeld. Zahlt er Bargeld auf sein Konto ein, verwandelt sich das Bargeld wieder in Buchgeld. Durch Abheben vom und Einzahlen auf das Konto entsteht kein neues Geld. Geld wechselt lediglich seine Form.
Im Euro-Währungsgebiet gibt es viel mehr Buchgeld als Bargeld.

Doch wie kommt dieses Buchgeld in die Welt?
Neues Buchgeld schaffen die Banken, wenn sie Kredite vergeben. Ein Beispiel: Um ein Auto zu kaufen, benötigt Herr Müller einen Kredit. Er verhandelt darüber mit seiner Bankberaterin.
Die Bank gewährt Herrn Müller einen Kredit. Den Kreditbetrag schreibt sie auf seinem Konto gut. Sein Guthaben nimmt zu. Die Bank hat neues Buchgeld geschaffen. Zuvor eingeworbene Spareinlagen benötigte sie hierfür nicht.
Herr Müller muss für den Kredit Zinsen zahlen. Die Zinsen sind der Preis für den Kredit. 
Herr Müller kann dieses Guthaben jetzt für Zahlungen nutzen. Zum Beispiel kann er eine Überweisung ausfüllen, um ein Auto zu bezahlen. Dann bucht die Bank das Guthaben von seinem Konto auf das Konto des Autoverkäufers. Das Buchgeld „fließt“ von einem Konto zum anderen – und Herr Müller bekommt das Auto.

Buchgeld wird also von Banken geschaffen, indem sie Kredite vergeben. Buchgeld kann aber auch so entstehen: Eine Bank kauft einem Kunden wie Frau Maier Vermögenswerte ab, zum Beispiel Aktien, Gold oder Immobilien. Die Bank schreibt dann Frau Maier den Kaufbetrag auf ihrem Konto gut.
Der Vorgang kann auch umgekehrt ablaufen: Verkauft die Bank Vermögenswerte an Frau Maier, dann bezahlt Frau Maier, indem die Bank den Kaufbetrag von ihrem Guthaben abzieht. Dadurch verringert sich der Bestand an Buchgeld. Ebenso wird Buchgeld „vernichtet“, wenn Herr Müller seinen Kredit  Rate für Rate zurückzahlt.

In einer Wirtschaft werden ständig neue Kredite vergeben und alte Kredite zurückgezahlt, Vermögenswerte von Banken gekauft und verkauft. Die Menge an Buchgeld verändert sich also ständig. Mit Krediten können Unternehmen investieren, zum Beispiel neue Maschinen kaufen und mehr produzieren. So kann die Wirtschaft wachsen. In einer wachsenden Wirtschaft wachsen deshalb üblicherweise die Buchgeldbestände.

Aber: Wie viel Buchgeld können Banken schaffen?
Wie bereits beschrieben entsteht Buchgeld zum großen Teil durch Kreditvergabe. Ein Unternehmen nimmt aber nur dann einen Kredit auf, wenn es Investitionsprojekte hat. Und wenn die erwarteten Erträge hoch genug sind, die geforderten Kreditzinsen zu erwirtschaften.
Denn kann der Schuldner Zins und Tilgung nicht zahlen, entsteht der Bank ein Verlust.
Die Banken haben zudem stets im Blick, welche Kosten ihnen aus der Kreditvergabe und Buchgeldschöpfung entstehen können.

Ein Beispiel: Wenn der Kunde sein neues Guthaben für eine Überweisung auf ein Konto bei einer anderen Bank nutzt, fließt aus Sicht der Bank Geld ab. Die Bank muss sich dieses Geld dann oft wiederbeschaffen. Zum Beispiel indem sie bei einer anderen Bank einen Kredit aufnimmt. Oder sie ‚refinanziert‘ sich durch einen Kredit der Zentralbank. Oder sie bringt Sparer dazu, Bargeld oder Guthaben bei ihr  als Spar- und Termineinlagen anzulegen.

In der Regel muss die Bank für diese Refinanzierung Zinsen zahlen. Die Bereitschaft der Banken, Buchgeld zu schaffen, hängt also auch davon ab wie hoch die Zinskosten für die Bank selbst sind.

Zudem muss jede Bank die Vorschriften der Bankenaufsicht beachten. Auch dies begrenzt die Möglichkeit der Bank, Kredite zu vergeben und zusätzliches Buchgeld zu schaffen.

Außerdem nehmen die Zentralbanken im Rahmen ihrer Geldpolitik Einfluss auf die Buchgeldschöpfung. Im Euroraum sind dies die Europäische Zentralbank sowie die nationalen Zentralbanken der Euro-Länder, für Deutschland die Deutsche Bundesbank.

Ein wichtiges Instrument dazu ist der – im Euroraum einheitliche - Leitzins. Das ist der Zins, den die Banken für ihre Kredite an die Zentralbank zahlen müssen. Droht Inflation, erhöht die Zentralbank den Leitzins. Dann steigen in der Regel auch die Zinsen für Kredite. Das schreckt viele Kunden ab. Im Ergebnis vergeben die Banken weniger Kredite – es wird weniger Buchgeld geschaffen. Droht Deflation, senkt die Zentralbank den Leitzins. Dann sinken üblicherweise auch die Zinsen für Kredite. Dies ermutigt viele Kunden, Kredite aufzunehmen – es wird mehr Buchgeld geschaffen.

Banken können also Buchgeld schaffen. Die wichtigsten Bestimmungsfaktoren dieser Geldschöpfung sind die Nachfrage der Wirtschaft nach Krediten, die Höhe der Zinsen für Kreditnehmer und Banken, das Kreditausfallrisiko, die Vorschriften der Bankenaufsicht sowie die Geldpolitik der Zentralbank.