Deutsche Wirtschaft erleidet Rückschlag im zweiten Quartal
Das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) sank im zweiten Quartal gemäß Schnellmeldung des Statistischen Bundesamtes saisonbereinigt um 0,1 Prozent im Vergleich zum Vorquartal. In den beiden Quartalen zuvor war es noch merklich gestiegen. Laut Bundesbank Monatsbericht spielten zu Beginn des laufenden Jahres auch Vorzieheffekte in Erwartung höherer US-Zölle eine Rolle. Nachdem die Zölle Anfang April erhöht worden waren, kam es im zweiten Vierteljahr zu einem Rückprall bei der Industrieproduktion und den Exporten
, schreiben die Fachleute.
Die wirtschaftspolitische Unsicherheit, insbesondere wegen des Handelskonflikts mit den USA, belastete weiterhin die Investitionsaktivitäten der Unternehmen. Die Bauproduktion sank nach einer leichten Erholung im Vorquartal erneut und erreichte damit trotz tendenziell steigender Nachfrage sogar den tiefsten Wert seit zehn Jahren. Der private Konsum profitierte zwar von stark steigenden Löhnen, der Arbeitsmarkt blieb aber zu schwach, um stärkeren Schwung zu erzeugen.
Deutliche Revisionen des BIP für die letzten Jahre ändern das Konjunkturbild
Mit der Schnellmeldung veröffentlichte das Statistische Bundesamt Revisionen mit deutlichen Auswirkungen auf den Verlauf des BIP in den Jahren 2021 bis 2024. Demnach war die Erholung nach der Corona-Pandemie in den Jahren 2021 und 2022 deutlicher. Gleichzeitig ist die Schwächephase nach Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine nunmehr ausgeprägter. Die deutsche Wirtschaft befand sich damit in den Jahren 2023 und 2024 nun erkennbar in einer Rezession im Sinne eines deutlichen, länger anhaltenden und breit angelegten Rückgangs der Wirtschaftsleistung bei unterausgelasteten gesamtwirtschaftlichen Kapazitäten
, heißt es im Monatsbericht. Die Abwärtsbewegung lief Mitte 2024 aus und ging zunächst in eine leichte Erholung über.
Arbeitsmarkt schwächelt weiter
Bereits seit zwei Jahren ist das Beschäftigungsniveau nahezu unverändert
, heißt es im Monatsbericht. Die Arbeitslosigkeit erhöhte sich im Durchschnitt des zweiten Quartals im Vergleich zum ersten Quartal moderat um rund 50.000 Personen auf 2,95 Millionen. Entsprechend stieg die Arbeitslosenquote um 0,1 Prozentpunkte auf 6,3 Prozent. Für arbeitslose Personen wurde es in den vergangenen drei Jahren zunehmend schwerer, in eine Beschäftigung zu wechseln. „Der starke Strukturwandel erschwert es den Arbeitslosen, in der angestammten Qualifikation und Branche eine neue Stelle zu finden
, schreiben die Fachleute. Die Suchprozesse dauerten länger und zudem müssten sich immer mehr Betroffene regional oder beruflich umorientieren. Die Bundesbank rechnet mit Blick auf verschiedene Frühindikatoren auch in den kommenden Monaten mit gedämpften Aussichten für den Arbeitsmarkt.
Preisauftrieb nahm im Frühjahr deutlich ab
Gemessen am HVPI stiegen die Verbraucherpreise im zweiten Quartal 2025 saisonbereinigt gegenüber dem Vorquartal um 0,4 Prozent, nach 0,7 Prozent im ersten Quartal. Das lag laut den Expertinnen und Experten insbesondere an sinkenden Energiepreisen. Dagegen stiegen die Preise für Dienstleistungen wie Mieten oder Kfz-Versicherungen erneut deutlich an. Auch die Preise für Nahrungsmittel legten merklich zu. In der Vorjahresbetrachtung sank die Inflationsrate kräftig von 2,6 Prozent im Winterquartal auf 2,1 Prozent im Frühjahr. Die Fachleute rechnen in den nächsten Monaten, auch aufgrund eines Basiseffektes bei Energie, mit einer vorübergehend etwas höheren Inflationsrate. Der Ausblick sei jedoch aufgrund geopolitischer Einflussfaktoren weiterhin von hoher Unsicherheit geprägt, heißt es im Monatsbericht.
Wirtschaft könnte im dritten Quartal auf der Stelle treten
Im dritten Quartal könnte nach Einschätzung der Bundesbank die Wirtschaftsleistung in etwa stagnieren. Mit der Grundsatzeinigung im Handelsstreit zwischen den USA und der EU dürfte die Unsicherheit über zukünftige Zollhöhen zwar abgenommen haben. Sie bleibt angesichts noch offener Fragen und der sprunghaften US-Wirtschaftspolitik aber hoch
, so die Fachleute. Den zusätzlichen Belastungen durch die US-Zölle stehe allerdings eine etwas robuster als erwartete Nachfrage aus anderen Wirtschaftsräumen entgegen.
Die trüben Aussichten für den Welthandel, die noch schwache Auftragslage und die niedrige Auslastung vorhandener Kapazitäten dürften die Investitionstätigkeit der Unternehmen weiter beeinträchtigen. Vom Bau kommen wohl noch keine starken Impulse und der private Konsum dürfte durch die gedämpften Aussichten am Arbeitsmarkt und die nachlassende Lohndynamik gebremst werden.