Editierte Abschrift der Frage- und Antwortrunde anlässlich der Pressekonferenz zur Vorstellung des Finanzstabilitätsberichts 2025 Vorstellung des Finanzstabilitätsberichts 2025 durch Michael Theurer, Mitglied des Vorstands der Deutschen Bundesbank

Frage: 

Meine Fragen sind zum einen, wie groß schätzen Sie das Risiko aus Private Credit für das deutsche Finanzsystem ein? Die andere Frage bezieht sich mehr auf die Schattenbanken. Ich hatte den Eindruck, dass der IWF sehr viel stärker vor Risiken aus diesem Bereich gewarnt hat. Bei Ihnen klingt das sehr verhalten. Habe ich den Eindruck, Sie halten das deutsche Finanzsystem für weniger stark ansteckungsgefährdet? Und da Sie den Datenaustausch erwähnt haben, wäre meine dritte Frage: Genügen die vorhandenen Daten für Ihre Zwecke oder bräuchte es mehr Daten aus diesem Bereich?

Michael Theurer, Mitglied des Vorstands der Deutschen Bundesbank:

Wir sind im engen Austausch mit anderen Institutionen, natürlich auch im Financial Stability Board, in den entsprechenden Unterausschüssen, auch in Zusammenarbeit mit dem IWF. Insgesamt sehen wir den Private Credit-Bereich, den Nichtbankensektor, als einen Bereich, in dem man wirklich sehr genau hinschauen muss. Und ich habe vor wenigen Tagen öffentlich sehr deutlich gefordert, dass sich die Datenlage verbessern muss.

Zu Ihrer Frage, ob die vorhandenen Daten ausreichen oder ob zusätzliche Daten erforderlich sind: Da wir keinen Überblick über die vorhandenen Daten haben, lässt sich Ihre Frage nicht abschließend beantworten. Aber der vernünftige Weg wäre, bevor man jetzt neue regulatorische Systeme schafft, sich die vorhandenen Daten genauer anzuschauen. Wir können feststellen, dass in Deutschland der Fondssektor und der Versicherungssektor entsprechend beaufsichtigt werden und reguliert sind und es Regeln gibt, die dafür sorgen, dass die Finanzstabilität eingehalten wird. 

Wir wissen, dass andere europäische Länder Ähnliches tun. Daher liegt es nahe, dass hier kein neues Regime eingeführt werden muss, sondern dass sich auf der Grundlage dieser Daten Erkenntnisse, vor allen Dingen auch Frühwarnungen, ergeben und dafür plädieren wir. Wünschenswert wäre natürlich, dass das überall eingeführt wird, denn insbesondere bei dem von Ihnen angesprochenen Private Credit gibt es ja entsprechende Schätzungen, dass das Volumen stark gewachsen ist, und zwar auf 2,5 Billionen US-Dollar global, wobei 90 Prozent in den USA liegen. Das heißt, der Schwerpunkt von Private Credit liegt dort und daher sind wir natürlich auch im Austausch mit den US-amerikanischen Aufsichtsbehörden, die immer wieder darauf hinweisen, dass sie über Daten verfügen, die sie aber aus rechtlichen Gründen nicht teilen können. Aber wichtig ist ja, dass die jeweiligen Aufsichtsbehörden in ihren Jurisdiktionen dafür sorgen, dass die Stabilität gewährleistet ist. Also auch da ein Hinweis, dass Daten vorhanden sind.

Da der Markt, der Private Credit Markt von allen Fachleuten als Wachstumssektor eingeschätzt wird, auch in der Europäischen Union, müssen wir uns aber auch verstärkt darum kümmern. Auch wenn er bei uns heute noch nicht so groß und so bedeutend ist, gehen wir davon aus, dass diese Bedeutung in Zukunft wachsen wird und vor dem Hintergrund nochmal die nachdrückliche Forderung von uns: wir brauchen dafür in Europa den Gesetzgeber, der dafür Sorge trägt, dass der Datenaustausch organisiert werden kann.

Frage: 

Sie weisen darauf hin, dass die Eigenkapitalausstattung der Großbanken und der deutschen Banken möglicherweise nicht so gut ist, wie die Zahlen das sagen. Ist das jetzt nicht so schlimm, weil die Eigenkapitalausstattung insgesamt recht hoch ist? Oder ist das etwas, wo die EZB-Bankenaufsicht aus ihrer Sicht tätig werden müsste und also bei den Modellen strenger gucken müsste? 

Michael Theurer:

Meine Aussage möchte ich so verstanden wissen, dass wir uns nicht in falscher Sicherheit wiegen dürfen. Es ist einfach der Hinweis, dass das regulatorische Eigenkapital und auch das Überschusskapital uns dort in einer komfortablen Lage erscheinen lässt. Dass sich das aber natürlich mit steigenden Unternehmenskreditrisiken auch verändern könnte. Und deshalb ist es aus Sicht der Finanzstabilität notwendig – und darauf weist ja auch der SSM hin – dass die Kreditinstitute das genau im Blick behalten und gegebenenfalls durch eine höhere Risikovorsorge darauf achten, dass nicht plötzlich die Unternehmenskreditrisiken schlagend werden. 

Frage: 

Herr Theurer, Sie hatten eben erwähnt, dass das Kleinbankenregime, die Vorschläge, die Sie mit der BaFin erarbeitet haben, auch in Europa gut ankommt. Können Sie das ein bisschen spezifizieren? Also, wer findet das auch gut? Und wie sind die Chancen auf eine Umsetzung der Regeln, ähnlich, wie Sie das vorgeschlagen haben? Und das Zweite ist, ich meine, Sie sagten, dass Ansteckungsgefahren aus Staatsanleihebeständen dann entstehen können, wenn es sich um ausländische Banken handelt, die mit deutschen Banken vernetzt sind. Mal rein hypothetisch, eine ausländische Bank, zum Beispiel aus Italien, übernähme ein deutsches Institut, ergeben sich Risiken daraus, dass eine solche Bank vielleicht hohe Staatsanleihebestände hat?

Michael Theurer:

Zu Ihrer ersten Frage, Thema Kleinbankenregime: Wir haben ein hohes Interesse vermerkt, nachdem unsere Vorschläge in den Gremien entsprechend vorgestellt wurden. Das lässt sich gar nicht auf einzelne Jurisdiktionen beschränken, weil die Situation auch in der europäischen Bankenlandschaft sehr unterschiedlich ist. Es gibt in ganz Europa Kleinbanken, vielleicht nicht ganz so viele wie bei uns, aber es gibt auch kleine Mitgliedstaaten, in denen die Situation wieder völlig anders ist als in mittleren Mitgliedstaaten. Und wir erleben, dass sowohl aus dem Bankensektor – also aus den Verbänden – als auch über die entsprechenden Aufsichtsbehörden, Interesse an unserem Vorschlag besteht. 

Wer sich aber auch interessiert, sind natürlich Vertreter der EU-Kommission und der Co-Gesetzgeber, mit denen wir uns zu diesen Vorschlägen austauschen. Am Ende erfordert ein solches Kleinbankenregime gesetzgeberische Grundlagen. Das heißt, da ist auch klar, wer die Adressaten sind. Das Initiativrecht liegt bei der Europäischen Kommission. Und am Ende müssen Rat und Parlament dann darüber entscheiden, ob und inwieweit sie einen solchen Vorschlag aufnehmen könnten. Die Bandbreite der Diskussion spielt sich ab zwischen dem Stichwort Proportionalität, über das seit vielen Jahren gesprochen wird, wo aber Bundesbank und BaFin der entschiedenen Auffassung sind, dass diese Proportionalität sich dann auch materialisieren muss. Da kann man natürlich auf der Grundlage des SNCI, des Small Non-Complex-Institutions-Frameworks der EU, Verbesserungen erreichen. 

Oder aber, und das war unser Ansatz, man geht gleich einen Weg mit einem höheren Ambitionsniveau und schaut, was machen andere? Die USA mit 4.000 Community Banks beispielsweise, wo wir bei den Gesprächen am Rande der IWF-Herbsttagung hören, dass auch die USA sich jetzt nochmal überlegen, ob sie den Rahmen für kleinere Banken erleichtern. Oder die Schweiz oder Großbritannien. Wir drängen vor allen Dingen darauf, dass sich die Gesetzgeber in der EU intensiv mit diesen Praxisbeispielen beschäftigen und sich überlegen: Gibt es Elemente im Sinne des Best Practice, die man auch in Europa zur Geltung bringen kann? 

In Deutschland würden sich bei dem Vorschlag von uns rund 1.000 Banken für das Kleinbankenregime qualifizieren. Ob die dann am Ende eine Opt-in Regel wählen, muss abgewartet werden. In der Schweiz haben sich nur rund ein Viertel der Banken, die sich dafür theoretisch qualifizieren, entschieden, in dieses Kleinbankenregime zu optieren, weil dann höhere Eigenkapitalvorschriften zu erfüllen und auch andere Leitplanken vorgesehen sind. Unser Entwurf enthält auch Leitplanken bei den Derivaten und bei den Assets. Und das beschränkt natürlich auch die Handlungsfähigkeit von Instituten. Wir sind aber überzeugt, dass das ein großer Fortschritt wäre, der gerade Kleinbanken von unnötigem bürokratischem Ballast entlasten würde, ohne dass das Stabilitätsniveau in Frage gestellt wird.

Der von Ihnen genannte hypothetische Fall ist, dass eine ausländische Bank mit möglicherweise höheren Staatsanleihebeständen eine Bank in Deutschland übernimmt: Man könnte an ein italienisches Institut denken, aber das ist natürlich rein hypothetisch. Die Frage hat mehrere Komponenten: Können ausländische Banken in Deutschland Banken übernehmen? Dafür gibt es genügend Beispiele. Also ja, das ist möglich. Können deutsche Banken fusionieren? Auch das ist möglich. Spielen Staatsanleihen in Bankbilanzen eine Rolle? Ja. Welche Staatsanleihen haben Banken in ihren Portfolios? Das ist sehr unterschiedlich. Gibt es hier möglicherweise Auswirkungen für die Finanzstabilität und Handlungsbedarf? Aus Sicht der Bundesbank: ja.

Seit Jahren machen wir auch entsprechende Vorschläge. Im Hinblick auf die künftige Ausgestaltung europäischer Regeln ist es unsere feste Überzeugung, dass der Staaten-Banken-Nexus adressiert werden muss, im Zusammenhang mit den Diskussionen um CMDI-Review, EDIS-Entwicklung und ähnliches mehr. Wenn ich dahingehend eine Empfehlung abgebe, an die Bundesregierung, an die Kommission und die Co-Gesetzgeber, dann erstens: Es ist absolut erforderlich, dass es in Europa einen Public Liquidity Backstop gibt. Dafür wurde die ESM-Regel entsprechend angepasst. Allerdings ist das nicht in Kraft, weil ein Mitgliedstaat das noch nicht ratifiziert hat. Es wäre wünschenswert oder absolut notwendig, dass dieses Instrument geschaffen wird, weil sich in krisenhaften Zuspitzungen herausgestellt hat, dass Liquiditätsengpässe der kritische Faktor sind. Also ja, ganz klar, wir brauchen einen Public Liquidity Backstop. Und dafür gibt es eine Lösung, den ESM. 

Zweitens, der Staaten-Banken-Nexus muss adressiert werden, denn der Home-Bias kann zu einem Problem führen. Konzentrationsrisiken, und zwar völlig unabhängig von welchem Land wir da sprechen. Das könnte auch bei uns zu Problemen führen. Insofern ist es sinnvoll, die Privilegierung von Staatsanleihen innerhalb der Eurozone zu adressieren. 

Eine globale Lösung ist nicht in Sicht, was die Diskussion im Basler Ausschuss für Bankenaufsicht angeht. Das ist aber auch nicht zwangsläufig vorrangig, sondern vorrangig ist die Situation innerhalb der Währungsunion, weil sich in der Währungsunion die einzelnen Mitgliedstaaten praktisch in einer Fremdwährung verschulden. Und aufgrund dieses institutionellen Rahmens ist es sinnvoll im Sinne der Finanzstabilität, dass in Zukunft, wenn über die Frage der Weiterentwicklung der europäischen Einlagensicherung über nationale Deposit Guarantee Schemes hinaus gesprochen wird, auch der Staaten-Banken-Nexus adressiert wird. Lösungsmöglichkeiten, die wir vorgeschlagen haben, wären entsprechende Risikogewichte, die Anreize setzen, das zu begrenzen, oder Konzentrationslimits. Beide Instrumente könnten auch miteinander kombiniert werden. Die Gesetzgeber haben also genügend Möglichkeiten, um das in die Gesetzgebung umzusetzen.

Frage: 

Ich glaube, Sie sind ja auch bei der EZB in einem Gremium, das Vorschläge erarbeiten soll zum Thema Vereinfachung, Entschlackung von Regulierung. Wie wichtig ist dieses Gremium bei der Arbeit, bei dem Projekt, ein Kleinbankenregime in der EU auf den Weg zu bringen?

Michael Theurer:

Der Vorschlag des Kleinbankenregimes ist ein gemeinsamer Vorstoß von BaFin und Bundesbank, basierend auf Papieren, die wir erarbeitet haben. Und damit sind wir in den Gremien unterwegs. Es beschäftigen sich im Moment unterschiedliche Gremien mit der Vereinfachung im Rahmen bestehender Gesetze. Der jährliche Report des SSM zu seinen Aufgaben bearbeitet gerade das Streamlining des aufsichtlichen Überprüfungs- und Bewertungsprozesses, des SREP-Prozesses. Da geht es um die Vereinfachung im bestehenden gesetzlichen Rahmen. Es gibt die High Level Task Force der Gouverneure, die Vorschläge für die Kommission vorbereiten soll. Das ist aber alles noch in der Pipeline. Verschiedene Gremien beschäftigen sich also damit, die BaFin wirkt auch bei der EBA mit. Wir sind mit eingebunden in diesen Prozess, in dem es im Rahmen bestehender Gesetze darum geht, die EBA-Guidelines radikal zu vereinfachen. 

Man kann es wie folgt zusammenfassen: Alle europäischen Institutionen und die nationalen Aufseher arbeiten daran, bestehende Regeln mit stärkerer Proportionalität, mit geringerem bürokratischem Aufwand anzuwenden und die Prozesse entsprechend zu entschlacken, zu vereinfachen. Aber gleichzeitig geht die Diskussion in den Gremien auch darüber hinaus, um Vorschläge der Experten zu erarbeiten, die sich dann an die politischen Entscheidungsträger richten, um eine sachliche Grundlage für die Frage der Anpassung, der notwendigen Anpassung der gesetzlichen Grundlagen zu geben. Also die beiden Säulen bearbeiten wir.

Frage:

Sie hatten die stark gestiegenen Staatsschulden in Europa angesprochen. Wie wahrscheinlich ist es denn, dass es dadurch mal zu Finanzturbulenzen kommen könnte? Ist das ein rein hypothetischer Fall, oder muss man das im Hinterkopf haben?

Und die zweite Frage: An der Börse gab es in den letzten Tagen starke Kursbewegungen bei einer deutschen Immobilienbank, das wurde damit begründet, dass es dort Kreditausfälle gäbe. Ist das insgesamt bei den Immobilienbanken in Deutschland im Moment ein Thema?

Michael Theurer:

Ich habe sehr intensiv in meinem Vortrag über die Gefahr von Staatsschulden gesprochen. Wir sehen diese Risiken nicht als hypothetische Risiken. Das spiegelt auch die Diskussion wider, die andere Institutionen adressieren, z. B. der IWF. Der IWF verweist mit einer aktuellen Studie auch darauf, dass er die Sozialstaatsmodelle der europäischen Staaten für nicht tragfähig hält. Wenn wir uns die Entwicklung anschauen, dann gibt es eine ganze Reihe von Fakten, die Anlass zur Sorge geben. Ich habe die steigenden Zinsausgaben angedeutet. Eine höhere Verschuldung wird in der Bundesrepublik bei Bund, Ländern und Gemeinden zu höheren Zinsausgaben führen, zumal das Zinsniveau gegenüber der Zeit, in der viele Kredite aufgenommen wurden, mittlerweile gestiegen ist. Das heißt, allein durch die Refinanzierung wird der Posten der Zinsausgaben steigen. Und das wird die Haushalte zusätzlich belasten. 

Und wenn wir uns beispielsweise die Projektionen anschauen, sehen wir, dass sich die Zinsausgaben im Bundeshaushalt in absehbarer Zeit deutlich erhöhen werden. Wenn wir uns anschauen, dass die Zinsausgaben im italienischen Haushalt sich von derzeit rund vier Prozent des Bruttoinlandsprodukts in den nächsten Jahren bis Ende der 2020er Jahre möglicherweise auf 6,5 Prozent des BIP erhöhen oder die Zinsausgaben in Frankreich von 2 Prozent auf 4,5 Prozent, dann sind das mit Sicherheit Größen, die nicht nur von uns wahrgenommen werden, sondern auch von den Anleihemärkten und die zeigen, dass es hier Handlungsbedarf gibt. Konsolidierung ist hier das Stichwort. Und global gesehen weist der IWF sehr stark auf entsprechende Entwicklungen hin. Denn auch global ist die Staatsverschuldung in vielen Ländern, u. a. in den USA, gestiegen, und nicht nur in den Industrie- und Schwellenländern, sondern auch in den Least Developed Countries. Wir schließen uns der Einschätzung des IWF an. Man muss das sehr ernst nehmen. Ich wundere mich, wenn Menschen die Meinung vertreten, man könnte über Staatsverschuldung alle Probleme lösen. Angesichts des demografischen Wandels, den strukturellen Veränderungen, der Wachstumsschwäche und den stark steigenden Refinanzierungsbedarfen und Zinsausgaben braut sich eine Gemengelage zusammen, die erhebliche Risiken für die Finanzstabilität beinhaltet und das muss klar benannt werden.

Ihre zweite Frage bezog sich auf ein Einzelinstitut. Ich bitte um Verständnis, dass ich mich zu Einzelinstituten nicht äußern kann. Sie haben gefragt, ob sich generell Ausfallrisiken bei der Immobilienfinanzierung materialisieren könnten. Auf diese Risiken haben wir hingewiesen. Die Wirtschaftslage ist fragil und das wirkt sich auch bei Gewerbeimmobilien aus. Und die Institute, die nicht ausreichend Vorsorge getroffen haben oder die Konzentrationsrisiken eingegangen sind, also Klumpenrisiken, die werden dies spüren. Wir haben als Aufsicht frühzeitig auf diese Schwierigkeiten hingewiesen und die Institute aufgefordert, entsprechende Vorsorge zu treffen. Das schließt nicht aus, dass einzelne Institute aber von Marktentwicklungen betroffen sind und dann damit zurechtkommen müssen.

Frage: 

Letztes Jahr oder vorletztes Jahr kamen Forderungen auf, dass man mehr makroprudenzielle Instrumente bräuchte, wie zum Beispiel eine Loan-to-Income-Obergrenze bei der privaten Hypothekenkreditvergabe. Wie ist denn da der Stand? Kommt das noch und wenn ja, wann?

Michael Theurer:

Bei der Wohnimmobilienkredit-Thematik sind wir dabei die entsprechenden Datengrundlagen zu erhalten. Die Datenerhebung über Wohnimmobilienfinanzierungen, kurz WIFSta, ist das Stichwort. Was die Datenqualität angeht, gab es Diskussionsbedarf mit den Instituten.

Ich bin gespannt, wie die Datenmeldungen Ende des Jahres aussehen und auf der Grundlage wird dann entschieden, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang zum Beispiel eine Obergrenze bei Loan-to-Value eingeführt werden muss oder nicht. Das ist eine Entscheidung, die der Bafin obliegt, die aber im AFS vorher diskutiert wird. Daher kann ich Ihnen im Moment keinen neuen Sachstand mitteilen.

Frage:

Sie haben in Ihrem Statement erwähnt, dass es mögliche abrupte Kurskorrekturen geben könnte an den Finanzmärkten. Das hat auch der IWF getan, der das aber explizit verbunden hat mit einer möglichen KI-Blase. Das haben Sie nicht angesprochen, hat das einen Grund? Sehen Sie mögliche Überbewertungen auch außerhalb des KI-Bereichs oder teilen Sie die IWF-Einschätzung, dass vor allem dort die Risiken liegen?

Michael Theurer:

Wir haben auf die entsprechenden Risikoprämien verwiesen. Und wir sehen Rückschlagpotenzial in den Märkten, nicht nur in einem Markt. Ich möchte diese IWF-Bewertung aber nicht kommentieren. Mein Eindruck ist, wenn Sie auf die Entwicklung der Märkte der vergangenen Wochen schauen, gab es Phasen mit entsprechenden Marktkorrekturen, die darauf hindeuten, dass unter der Oberfläche einer positiven Entwicklung durchaus die Märkte eine gewisse Nervosität zeigen, so nehmen wir die Marktteilnehmer wahr. Und das spiegelt dann vielleicht auch diese Einschätzungen wider. Und wenn Sie sich die Korrekturen anschauen, die im Zusammenhang mit First Brands und den Problemen einzelner Regionalbanken in den USA anschauen, dann waren das natürlich keine KI-Themen. In dem Fall waren es wohl Betrugsthemen, wenn man sich die Berichte anschaut. Deshalb fände ich eine Begrenzung allein auf KI nicht ausreichend.