Bundesbank: Risiken für das deutsche Finanzsystem haben sich erhöht Finanzstabilitätsbericht 2025 sieht Herausforderungen durch geopolitische Spannungen, Handelskonflikte und zunehmende Staatsverschuldung
Das makrofinanzielle Umfeld hat sich aufgrund der handels- und wirtschaftspolitischen Unsicherheit sowie der anhaltenden geopolitischen Spannungen verschlechtert. Die deutsche Wirtschaft sieht sich strukturellen Herausforderungen gegenüber und die hohen Bewertungsniveaus auf den Aktien- und Anleihemärkten bergen das Risiko größerer, plötzlicher Marktpreiskorrekturen
, sagte Michael Theurer, Vorstandsmitglied der Deutschen Bundesbank, bei der Vorstellung des Finanzstabilitätsberichts 2025. Die deutsche Notenbank präsentierte ihren Finanzstabilitätsbericht in diesem Jahr zum 20. Mal der Öffentlichkeit.
Die Risiken im Kreditgeschäft der deutschen Banken nehmen dem Bericht zufolge seit einiger Zeit zu und könnten im Zusammenhang mit den konjunkturellen und strukturellen Herausforderungen perspektivisch weiter steigen. Theurer betonte zudem die möglichen Folgen einer hohen Staatsverschuldung in Europa und die Gefahren, die daraus für die Finanzstabilität erwachsen. Damit die Schulden tragfähig bleiben, muss Europa ein dauerhaft stabiles Wirtschaftswachstum erzielen. Strukturreformen müssen durch glaubhafte, strikte Fiskalregeln flankiert werden. Deutschland ist als wirtschaftlich bedeutender, kreditwürdiger Mitgliedstaat in besonderer Verantwortung als Vorbild und Stabilitätsanker der Währungsunion.
Alles in allem deuten die Entwicklungen bei Vermögenspreisen und Kreditvergabe auf einen Aufschwung des Finanzzyklus hin, wenngleich die weitere Entwicklung ungewiss ist
, sagte das Vorstandsmitglied der Bundesbank. Einige Verwundbarkeiten wie Überbewertungen von Wohnimmobilien haben sich laut Finanzstabilitätsbericht abgebaut. Im deutschen Gewerbeimmobiliensektor bleibt die Lage hingegen fragil.
Steigende Staatsverschuldung als Risikofaktor
Hohe und weiter steigende Staatsschuldenquoten stellen ein Risiko dar. Zunehmende Staatsausgaben und eine wachsende Zinsbelastung beeinträchtigen die Schuldentragfähigkeit in einzelnen Ländern. Aufgrund der engen Verflechtung des deutschen mit dem europäischen Finanzsystem und des sogenannten Staaten-Banken-Nexus könnten sich daraus erhebliche Risiken für die Stabilität des deutschen Finanzsystems ergeben. Während Deutschland trotz steigender Schuldenquote als solide aufgestellt gilt, bestehen in anderen Euroländern größere Probleme bei der Schuldentragfähigkeit. „Allerdings garantieren die jüngst veränderten nationalen Fiskalregeln weder die langfristige Tragfähigkeit noch die Einhaltung der EU-Fiskalregeln, sodass mittelfristig eine Anpassung der Fiskalpolitik erforderlich sein könnte
, so Theurer.
Kreditrisiken im Bankensektor gestiegen
Die Quote notleidender Kredite ist dem Bericht zufolge seit Ende 2022 kontinuierlich gestiegen. Anfangs war demnach vor allem der Gewerbeimmobiliensektor betroffen, inzwischen erfasst die konjunkturelle Schwäche weitere Sektoren – wenn auch in geringerem Maße. Banken sind zudem Marktrisiken aus Anlagen in Staatsanleihen ausgesetzt für den Fall, dass sich deren Preise angesichts der hohen staatlichen Schuldenstände in Europa schlagartig ändern sollten.
Die regulatorischen Eigenkapitalquoten deutscher Banken sind hoch. Allerdings erklärte Theurer auch: Trotz der verschlechterten Risikolage bleiben die Risikogewichte bei systemrelevanten Banken niedrig. Die regulatorischen Eigenkapitalquoten könnten insofern eine Resilienz nahelegen, die in Teilen des Bankensystems tatsächlich niedriger ist.
Bedeutungszuwachs von Nichtbank-Finanzintermediären (NBFI) und deren Vernetzung birgt mögliche Risiken
Die steigende Bedeutung in- und ausländischer NBFI lässt die damit verbundenen Risiken in den Fokus rücken. Besonders relevant ist dabei die Vernetzung europäischer Fonds untereinander und mit dem Bankensektor.
Um Risiken aus dem NBFI-Sektor und dessen zunehmender Vernetzung auch mit dem Bankensystem besser einschätzen zu können, sollte insbesondere der Zugang zu vorhandenen Daten über Ländergrenzen hinweg erleichtert werden.
Makroprudenzielle Maßnahmen angemessen, Vereinfachung in der Regulierung geboten
Bundesbankvorstand Theurer betonte zudem, dass das makroprudenzielle Maßnahmenpaket angemessen sei, mit dem die Widerstandsfähigkeit des Finanzsystems gestärkt wird. Es besteht aus dem antizyklischen Kapitalpuffer und dem sektoralen Systemrisikopuffer für Wohnimmobilienkredite. Dieser Puffer wurde im April 2025 von 2 Prozent auf 1 Prozent gesenkt, nachdem sich Verwundbarkeiten am Wohnimmobilienmarkt teilweise abgebaut haben.
Die infolge der globalen Finanzkrise eingeführten Basel-III-Reformen haben die Resilienz des Bankensystems insgesamt deutlich gestärkt. Jedoch ist die Bankenregulierung sehr komplex geworden. Banken müssen derzeit Eigenkapitalanforderungen für eine Vielzahl von Zwecken erfüllen. Wir plädieren hier für eine Vereinfachung unterschiedlicher Anforderungen“, sagte Theurer. Die Bundesbank strebt außerdem an, die regulatorischen Anforderungen für kleine, nicht-komplexe Institute zu vereinfachen.