Exportwirtschaft unter Druck: Warum Deutschland jetzt handeln muss Rede beim Harvard Club Rhein-Main
Es gilt das gesprochene Wort.
1 Begrüßung
Sehr geehrte Damen und Herren,
mit der Mitgliedschaft im Harvard Club bringen Sie Ihre Verbundenheit mit der Harvard-Universität zum Ausdruck.
Ich habe Harvard selbst mehrere Male besucht und dort Vorträge gehalten. Daher kann ich Ihre Begeisterung für diese Universität sehr gut nachvollziehen. Die akademische Exzellenz, die weltoffene Atmosphäre und die inspirierende Debattenkultur haben mich jedes Mal beeindruckt.
2 Negative Auswirkungen der US-Politik
Umso mehr hat mich das harte Vorgehen der US-Regierung gegen die Universität schockiert. Fördergelder wurden gestrichen und ausländischen Studierenden wurden Visa entzogen. Damit wollte die Regierung offenbar ein Exempel statuieren.
Sollten solche Maßnahmen juristischen Bestand haben, gefährden sie die Freiheit der Lehre und Wissenschaft. Und sie könnten den Ruf einer der angesehensten Hochschulen der Welt beschädigen.
Auch in anderen Bereichen zeigen sich in den USA beunruhigende Tendenzen. Als Bundesbank-Präsident beobachte ich mit besonders großer Sorge, wie derzeit mit der amerikanischen Zentralbank umgegangen wird. Dass ihre Leitung diskreditiert und diffamiert wird und die Unabhängigkeit der Institution unverblümt in Frage gestellt wird.
Ich habe großen Respekt davor, wie Jay Powell mit den verbalen Angriffen umgeht. Wie er sich auf seine Aufgaben konzentriert und sein Mandat erfüllt.
Würde die Unabhängigkeit der Fed politisch nachhaltig untergraben, hätte das schwerwiegende Folgen. Dies würde die wirtschaftliche und finanzielle Stabilität und den Wohlstand der USA gefährden.
Aber es könnte auch kurzsichtige Politiker in anderen Ländern dazu verleiten, ihre unabhängigen Zentralbanken unter Druck zu setzen: Dass sie die Zinsen stärker senken, als es aus stabilitätsorientierter Perspektive geboten ist. Etwa für ein konjunkturelles Strohfeuer oder um einen hochverschuldeten Staat fiskalisch zu entlasten.
Wer sich am Kapitalmarkt auskennt, weiß freilich, dass der Leitzins nur ein Faktor von vielen ist, der das langfristige Zinsniveau beeinflusst. Ein weiterer Faktor sind Inflationserwartungen. Und wenn diese steigen, kommt es über Risikoprämien zu höheren Kapitalmarktzinsen.
Leitzinssenkungen sind für sich genommen nicht automatisch mit fiskalischer Entlastung verbunden. Das Gegenteil kann der Fall sein. Tatsächlich gab es Anzeichen dafür, dass die Angriffe auf die Fed an entsprechenden Handelstagen zu einer steileren US-Zinsstrukturkurve beigetragen haben: am kurzen Ende niedrigere, am langen Ende höhere Renditen. Das zeigt, dass die Finanzmärkte durchaus verstehen, wie wichtig Zentralbankunabhängigkeit ist.
Ein klarer Auftrag für stabile Preise und die Möglichkeit, diesen Auftrag unabhängig zu verfolgen: Das sind die Voraussetzungen dafür, dass wir als Zentralbanken Inflation glaubwürdig und erfolgreich bekämpfen können.[1]
Ein weiteres Thema, bei dem die US-Regierung den bisherigen Weg von Stabilität und Verlässlichkeit verlässt, ist die Handelspolitik. Damit schadet sie nicht nur ihren Handelspartnern. Auch die Menschen in den USA werden die Folgen zu spüren bekommen. Denn Zölle und andere Handelsbeschränkungen verringern den Wohlstand insgesamt.
Als sich die Europäische Union mit der US-Regierung im Juli auf einen „Deal“ geeinigt hat, wurden zwei große Vorteile genannt: Erstens bleibe uns damit ein Handelskrieg erspart, bei dem sich beide Seiten mit Gegenmaßnahmen überbieten. Und zweitens habe die Zolleinigung die Unsicherheit verringert. Exportunternehmen wüssten nun immerhin, woran sie sind.
Das gilt freilich nur, solange die US-Regierung sich an die Vereinbarung gebunden sieht. Jüngste Drohungen und Einschränkungen lassen Zweifel aufkommen, ob die Einigung lange Bestand haben wird.
Doch selbst wenn sie Bestand haben sollte, werden die US-Zölle die europäischen Exportunternehmen belasten. Vor allem deutsche Unternehmen werden darunter leiden.
Leiden werden aber auch die Abnehmer europäischer Waren in den USA. Der durchschnittliche US-Zoll auf Waren aus der EU dürfte sich von 1,5 Prozent unter der Vorgänger-Regierung auf etwa 15 Prozent verzehnfachen. Gegenüber allen Handelspartnern sind die Zollsätze der USA mit mehr als 16 Prozent nun so hoch wie zuletzt in den 1930er Jahren.
3 Zur aktuellen Geldpolitik
Wer die Zolllast letztlich trägt, wird sich zeigen. Das entscheidet nicht die Regierung, sondern der Markt.
Dass die Verbraucherinnen und Verbraucher in den USA die Zölle über höhere Preise zu spüren bekommen, gilt aber als ausgemacht. Auch steigen die Kosten der Unternehmen, die europäische Waren als Input nutzen. Wie stark dies die Inflation befeuert, ist noch unklar.
Sinkende Umsätze und Margen belasten aber auch die Exporteure in Europa. Sie werden nicht dieselben Mengen zum selben Preis absetzen.
Das wird das ohnehin schwache Wachstum im Euroraum und in Deutschland weiter belasten. Allerdings nicht so stark wie die ursprünglich angedrohten Zölle, wenn sie gekommen wären. Insgesamt dürften die BIP-Verluste überschaubar bleiben.
Noch zu Jahresbeginn hatten Vorzieheffekte in Erwartung höherer Zölle die wirtschaftliche Aktivität verstärkt. Mittlerweile ist die Wirtschaft des Euroraums auf einen mäßigeren Wachstumskurs zurückgekehrt.
Die vor einer Woche veröffentlichte Prognose des EZB-Stabs ist für das laufende Jahr etwas optimistischer als noch im Juni. Die Fachleute der EZB erwarten nun 1,2 Prozent statt zuvor 0,9 Prozent Wirtschaftswachstum. Für die beiden kommenden Jahre gehen sie von 1,0 Prozent und 1,3 Prozent aus. Die US-Handelspolitik wird aber weiterhin für Unsicherheit bei der Einschätzung sorgen.
Im Gegensatz zu den Wachstumseffekten der US-Zölle sind die Preiseffekte im Euroraum dabei weniger eindeutig. In der Summe könnten die Zölle über ihre Effekte auf den Wechselkurs sogar leicht inflationsdämpfend wirken.
Für sich betrachtet hätte die Ankündigung von US-Zöllen eine Aufwertung des US-Dollar nahegelegt. Denn die Zölle dämpfen die Importnachfrage in den USA und wirken preissteigernd.
Tatsächlich hat der Dollar gegenüber dem Euro deutlich abgewertet. Das gilt als Indiz für Zweifel am „safe-haven“-Status des Greenback.
Der gestiegene Außenwert des Euro gegenüber dem US-Dollar führt im Euroraum zum Beispiel zu niedrigeren Importpreisen. Da Rohöl weltweit in US-Dollar gehandelt wird, können Sie das etwa an der Tankstelle feststellen.
Die Inflationsprognose der Fachleute bleibt mit unserem mittelfristigen Inflationsziel von 2 Prozent konsistent. Konkret erwartet der EZB-Stab für dieses Jahr im Durchschnitt eine Inflationsrate von 2,1 Prozent. Für die Jahre 2026 und 2027 werden Raten von 1,7 Prozent bzw. 1,9 Prozent erwartet.
Mit Blick auf dieses Inflationsbild halte ich die Entscheidung des EZB-Rates vom vergangenen Donnerstag, die Leitzinsen konstant zu halten, für richtig.
Wir sind gut beraten, angesichts der Unsicherheiten weiterhin vorsichtig zu bleiben. Unser Ansatz, datenabhängig und von Sitzung zu Sitzung zu entscheiden, hat sich bewährt.
Mit der aktuellen geldpolitischen Ausrichtung sind wir gut positioniert, um auf unerwartete Veränderungen reagieren zu können.
4 Zu den Gründen der deutschen Exportschwäche
Die Zoll-Diskussion hat der deutschen Exportwirtschaft zweifellos einen Dämpfer versetzt.
Immerhin sind die Vereinigten Staaten unser wichtigster Handelspartner: Waren im Wert von mehr als 160 Milliarden Euro wurden im vergangenen Jahr in die USA exportiert.[2] Das ist mehr als ein Zehntel der gesamten deutschen Ausfuhren.
Ein Aufsatz im Bundesbank-Monatsbericht Juli zeigt indes, dass die deutschen Exporte bereits lange vor dem jüngsten Handelskonflikt zu schwächeln begonnen haben.[3] Die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtete darüber mit der Überschrift: Germany Can’t Blame Trump for Slide in Exports
.[4] Das stimmt.
Ebenso wenig kann Russlands Krieg gegen die Ukraine und die damit ausgelöste Energiekrise allein verantwortlich gemacht werden für die deutsche Exportschwäche. Oder die Corona-Pandemie.
Beide Ereignisse belasteten die deutsche Wirtschaft ohne Frage erheblich. Allerdings wird in dem Aufsatz festgestellt, dass Deutschland bereits seit 2017 Marktanteile im internationalen Handel verliert. Also schon vor der Corona-Pandemie und vor dem russischen Angriff.
In der Vergangenheit war der Außenhandel ja oft Motor des Wachstums in Deutschland. Der Export war häufig Impulsgeber für wirtschaftliche Aufschwünge.
Dieser Motor stottert jetzt. Unsere Fachleute haben untersucht, wo die Gründe dafür liegen. Denn nur wer die Ursachen der Verluste kennt, kann die richtigen wirtschaftspolitischen Schlussfolgerungen ziehen.
Fakt ist, dass sich nicht nur das Wachstum der deutschen Absatzmärkte verlangsamt hat. Vielmehr haben sich die deutschen Ausfuhren noch deutlich schwächer entwickelt. Dies bedeutet, dass die deutsche Exportwirtschaft Anteile auf dem Weltmarkt eingebüßt hat.
Hätten die deutschen Ausfuhren mit den Absatzmärkten Schritt gehalten, wäre die deutsche Wirtschaft zwischen 2021 und 2024 um fast 2 ½ Prozentpunkte stärker gewachsen. Das ist eine ganze Menge. Vor allem, wenn man bedenkt, dass die deutsche Wirtschaft in diesem Zeitraum mehr oder weniger stagniert hat.
Um den Ursachen für die Verluste an Exportmarktanteilen tiefer auf den Grund zu gehen, haben unsere Fachleute einen neuen empirischen Ansatz entwickelt. Dieser ermöglicht es nicht nur, zwischen angebots- und nachfrageseitigen Entwicklungen zu unterscheiden, sondern auch auf wichtige Warengruppen und Handelspartner zu schauen.
Angebotsseitige Entwicklungen erfassen, wie sich die Wettbewerbsfähigkeit eines Landes in einzelnen Wirtschaftsbereichen oder auf bestimmten Zielmärkten verändert hat. So werden eine detaillierte Analyse und Bewertung der internationalen Wettbewerbsposition möglich.
Ohne auf die technischen Details dieser Methode näher einzugehen, möchte ich die wesentliche Erkenntnis aus der Studie zusammenfassen: Der Rückgang der Exportmarktanteile der deutschen Wirtschaft seit 2017 lässt sich insbesondere durch eine verschlechterte Wettbewerbsfähigkeit erklären.
Etwa drei Viertel des Rückgangs seit 2017 – und ein noch höherer Anteil seit 2021 – lassen sich auf angebotsseitige Effekte – also eine verschlechterte Wettbewerbsposition – zurückführen.
Doch was sind die Gründe dafür? Ein ganzes Bündel ist hier zu nennen.
Ein Grund sind sicherlich die hohen Energiepreise in Deutschland. Sie belasten insbesondere energieintensive Branchen wie die Chemie- und Metallindustrie stark. Zwar sind die Energiepreise nach dem russischen Angriff auf die Ukraine auch in anderen Ländern gestiegen, jedoch nicht in vergleichbarem Ausmaß.
Eine weitere Sonderentwicklung der vergangenen Jahre waren die Lieferkettenstörungen während der Corona-Pandemie. Sie beeinträchtigten deutsche Industrieunternehmen stärker als andere Länder. Dies führte auch die Risiken einseitiger Abhängigkeiten vor Augen.
Schlüsselbranchen wie der Maschinenbau und die Elektroindustrie verloren in der Folge erheblich an Wettbewerbsfähigkeit. Aber auch zahlreiche andere Branchen verzeichneten Verluste, die insgesamt breit gefächert waren. Dies weist auf grundlegende strukturelle Probleme der deutschen Wirtschaft hin, mit denen viele Unternehmen zu kämpfen haben.
Zu diesen strukturellen Problemen zählen der Fachkräftemangel, steigende Lohnstückkosten, eine hohe Steuerlast sowie der erhebliche Bürokratieaufwand. Letzterer kostete die deutsche Volkswirtschaft einer Studie des Ifo-Instituts zufolge bisher bis zu 146 Milliarden Euro pro Jahr.[5] Bürokratie wird von vielen Unternehmen als Investitionshemmnis angesehen.
Hinzu kommt ein zunehmender Konkurrenzdruck durch China.[6]
Während die deutsche Exportwirtschaft in vielen Branchen und Märkten Marktanteile verliert, gewinnt China hinzu. Dies liegt vor allem daran, dass China seine Wettbewerbsposition kontinuierlich verbessert. Und zwar insbesondere im Bereich der mittel- und hochtechnologischen Industriegüter, wie die Analyse der Bundesbank zeigt.
Neben der Wettbewerbsfähigkeit trug zu den Marktanteilsverlusten auch der deutsche Exportwarenmix bei – jahrzehntelang ein Garant für Erfolg.
Viele deutsche Firmen sind auf Produkte spezialisiert, die in jüngster Zeit international nicht mehr so gefragt waren. Das erklärt immerhin gut ein Drittel der gesamten Marktanteilsverluste seit 2017.
So leidet die deutsche Automobilindustrie ungefähr seit 2018 unter einer weltweit schwachen Nachfrage. Und speziell in China unter der sinkenden Nachfrage nach Autos mit Verbrennungsmotor.
Ein anderes Beispiel für eine Industrie, die im deutschen Exportwarenmix eine vergleichsweise bedeutende Rolle spielt, ist die Luftfahrttechnik. Auch sie leidet seit einigen Jahren unter einer geringeren globalen Nachfrage.
5 Dringender Handlungsbedarf
Der Druck, zu handeln, ist also offensichtlich.
Die Unternehmen haben es in ihrer Hand, wettbewerbsfähige Produkte zu entwickeln. Und die deutsche Politik kann wirksame Maßnahmen zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit ergreifen.
Kluge Wirtschaftspolitik stärkt die Angebotsbedingungen in Deutschland. Bürokratie abbauen, Fachkräftezuwanderung gezielt fördern, Arbeitsanreize schaffen und Investitionen steuerlich attraktiver machen. Darauf kommt es jetzt an.
Die Energiewende effizienter zu gestalten und Lieferketten zu diversifizieren sind weitere zentrale Bausteine, um unsere Wirtschaft zu stärken und widerstandsfähiger zu machen.
Diese und weitere Punkte habe ich in meiner Rede an der Humboldt-Universität nach der jüngsten Bundestagswahl dargelegt.[7] Dort habe ich erörtert, wie wir in Deutschland wieder auf einen höheren Wachstumspfad gelangen können.
Seitdem ist ein halbes Jahr vergangen und eine neue Bundesregierung ins Amt gekommen. Es ist anzuerkennen, dass sie bereits Maßnahmen zur Verbesserung der Angebotsbedingungen angestoßen hat.
Ich denke etwa an die neugeschaffene Möglichkeit, Ausrüstungsinvestitionen degressiv abzuschreiben, den sogenannten Investitions-Booster. Oder an die für Industrieunternehmen gesenkte Stromsteuer.
Aber das reicht nicht. Es muss mehr verbessert werden. Wichtige Reformen stehen noch aus. Aber am Montag beginnt er ja: der Herbst – der Reformen.
Zum Ende der letzten Legislaturperiode hat der Bundestag das Grundgesetz geändert und neue fiskalische Spielräume eröffnet. Nun gilt es, den neuen Spielraum zielgerichtet, schnell und effizient zu nutzen: Sicherzustellen, dass tatsächlich mehr investiert wird. Und zwar in Projekte, die unser Wachstumspotenzial steigern.
Nach Bundesbank-Berechnungen werden die neuen Verschuldungsmöglichkeiten leider in erheblichem Maße dazu genutzt, anderweitige Haushaltsspielräume zu schaffen. Hier sollte der Gesetzgeber sicherstellen, dass die zusätzlichen Finanzmittel auch für zusätzliche Investitionen genutzt werden.[8]
Unser Ziel muss sein, die deutsche Exportwirtschaft wieder wettbewerbsfähiger zu machen. Zugleich sollte es unser Ziel sein, die binnenwirtschaftliche Dynamik zu steigern. Damit unser Wachstumsmodell weniger vom Export abhängt. Denn eine starke Binnenwirtschaft in Deutschland und Europa ist der Schlüssel, um unabhängiger vom Rest der Welt zu werden und nachhaltig zu wachsen.
Dabei dürfen wir nicht vergessen, worauf wir aufbauen können. Deutschland hat viele Stärken: Dazu gehören hochqualifizierte Arbeitskräfte, eine starke industrielle Basis und eine hohe Innovationskraft. Diese Stärken gilt es zu nutzen.
Und was wir auch nicht vergessen dürfen, ist das wirtschaftliche Potenzial, das in einer Vertiefung der europäischen Integration steckt.
Europa sollte die US-Zölle als Weckruf verstehen und zum Anlass nehmen, den europäischen Binnenmarkt zügig weiter voranzubringen. Wir sollten endlich die Spar- und Investitionsunion in Europa schaffen, damit es attraktiver wird, in Europa zu investieren. Für Europäer und für Nicht-Europäer.
Der ehemalige EZB-Präsident Mario Draghi hat zahlreiche Vorschläge unterbreitet, wie Europa wettbewerbsfähiger werden kann. Jetzt gilt es, diese Vorschläge umzusetzen. Bislang ist nur ein Bruchteil davon realisiert worden.
Zugleich sollte sich Europa gegenüber anderen Wirtschaftsräumen öffnen und Freihandelsabkommen anstreben. Das kürzlich ausverhandelte Freihandelsabkommen zwischen der EU und den Mercosur-Ländern ist ein wichtiger Schritt in diese Richtung.
Ich würde mich freuen, wenn das Abkommen nun bald ratifiziert wird. Weitere Abkommen mit anderen Ländern sollten folgen. Und dann vielleicht auch etwas schneller als das Mercosur-Abkommen, über das mehr als 25 Jahre verhandelt wurde.
Die Standortvorteile Europas zeigen sich nun sehr deutlich: Europa steht für Rechtsstaatlichkeit. Europa ist ein wertebasierter, verlässlicher Partner
und respektiert die Freiheit der Wissenschaft.
In Europa gibt es eine Zentralbank, deren Unabhängigkeit weder gefährdet noch hinterfragt wird. Und die EU ist mit 450 Millionen Einwohnern der größte Binnenmarkt der Welt.
Europa muss nun enger zusammenrücken und widerstandsfähiger werden.
Einer der Gründerväter des europäischen Projekts, Jean Monnet, hat den Satz geprägt: „Europa wird in Krisen geschaffen und wird die Summe der Lösungen sein, die in diesen Krisen gefunden wurden.
Das ist immer noch wahr. Und ich bin zuversichtlich, dass die „Summe der Lösungen“ eine gute sein kann.
Fußnoten:
- Cukierman, A., S. B. Webb, B. Neyapti (1992), Measuring the Independence of Central Banks and Its Effect on Policy Outcomes, The World Bank Economic Review, Vol. 6, No. 3, S. 353‑398, Klomp, J., J. de Haan (2010), Inflation and central bank independence: a meta-regression analysis, Journal of Economic Surveys, Vol. 24, S. 593‑621, Jung, A., D. Romelli, E. Farvaque (2025), Do central bank reforms lead to more monetary discipline?, ECB Working Paper No. 3049.
- Statistisches Bundesamt (2025), Die Vereinigten Staaten sind Deutschlands wichtigster Handelspartner.
- Deutsche Bundesbank (2025), Was steckt hinter dem mehrjährigen Rückgang der deutschen Exportmarktanteile?, Monatsbericht Juli.
- Randow, J. (2025), Germany Can’t Blame Trump for Slide in Exports, Bundesbank Finds, Bloomberg.com, 14. Juli.
- Ifo-Institut (2024), Entgangene Wirtschaftsleistung durch hohen Bürokratieaufwand, Studie im Auftrag der IHK für München und Oberbayern. Summe bezogen auf den Zeitraum 2015‑2022.
- Deutsche Bundesbank (2024), Wettbewerbsdruck aus China für Deutschland und andere Industrieländer, in: Internationales und europäisches Umfeld, Monatsbericht November.
- Nagel, J. (2025), Wirtschaftspolitische Maßnahmen für mehr Wachstum in Deutschland, Rede an der Berlin School of Economics, 10. März.
- Deutsche Bundesbank (2025), Öffentliche Finanzen, Monatsbericht August.