Schlusswort Konferenz zu 20 Jahren Bundesbank Finanzstabilitätsbericht
Es gilt das gesprochene Wort.
1 Einstieg
Meine Damen und Herren,
in unserer Konferenz haben wir über Risiken für die Finanzstabilität, über makroprudenzielle Politik und insbesondere deren Kommunikation diskutiert, über Herausforderungen der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft. In meinen Schlussworten fasse ich diese Diskussionen zusammen und gebe einen Ausblick.
Doch das Wichtigste zuerst: Ich bedanke mich herzlich bei allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern für Ihre Zeit und Ihre Beiträge. Sie alle haben die Konferenz bereichert! Ebenfalls bedanke ich mich bei unserem Publikum hier im Saal, das für eine engagierte Diskussion gesorgt hat. Mein Dank gilt auch den Kolleginnen und Kollegen der Bundesbank, die die Konferenz organisiert und vorbereitet haben.
2 Reflektionen zu Panel 2
Zuerst knüpfe ich an unsere letzte Diskussion in Panel 2 an.
Wir haben diskutiert, wie das aktuelle Risikoumfeld auf den Finanzmärkten aussieht und welche Implikationen sich für Zentralbanken, Aufsichtsbehörden und Marktteilnehmer ergeben. Zusammengefasst sieht sowohl das Risikoumfeld als auch das regulatorische Umfeld deutlich anders aus als vor zwanzig Jahren.
So hat sich die Rolle von Nichtbanken und wie sie mit Banken vernetzt sind, seit unserem ersten Finanzstabilitätsbericht deutlich geändert. Der NBFI-Sektor ist global gewachsen. Außerdem sind NBFIs stärker untereinander, über Ländergrenzen und mit Banken vernetzt als früher. Für Aufsichtsbehörden und Zentralbanken ist es daher eine Herausforderung, die Risiken im NBFI-Sektor zu erkennen und zu analysieren. Auf diesen aus meiner Sicht wichtigen Punkt hat Steffen Kern hingewiesen. Auch im aktuellen Bundesbank-Finanzstabilitätsbericht haben wir die Vernetzung des NBFI-Sektors genau beleuchtet.
Heiner Herkenhoff zeigte in seiner Intervention auf, wie neue Risiken den Bankensektor herausfordern. KI, Cyberrisiken und Quantum-Computing setzen die IT-Infrastrukturen der Banken unter Druck. Geopolitische Risiken können sich nicht nur direkt auf die Kreditrisiken der Banken auswirken, sondern beeinflussen auch die Sicherheit von Daten und IT. Zu geopolitischen Risiken hat Florian Heider dargelegt, wie sich solche Risiken mithilfe von Stresstestdaten quantifizieren lassen. Darüber hinaus ist das regulatorische Umfeld, in dem sich Banken bewegen, ein relevanter Faktor.
Aus der makroprudenziellen Perspektive muss systemischen Risiken immer ausreichend Widerstandsfähigkeit gegenüberstehen. Dafür brauchen wir effektive Regulierung. Meine Schlussfolgerung dazu habe ich in meinem Eingangsstatement skizziert. Wir müssen in der Bankenregulierung die Komplexität reduzieren. Davon würden sowohl Behörden mit makroprudenziellem Mandat als auch die beaufsichtigten Institute profitieren. Gleichzeitig müssen wir sicherstellen, dass das Finanzsystem widerstandsfähig bleibt, weil ein stabiles Finanzsystem eine Grundvoraussetzung für wirtschaftliches Wachstum darstellt. Finanzmarktteilnehmer könnten frei gewordene Ressourcen verstärkt in vorwärts gerichtetes Risikomanagement fließen lassen. Claudia Buch hat deutlich gemacht, dass der Blick nach vorne bei neuen Risiken umso wichtiger ist, da wir Muster oft nicht aus historischen Daten ableiten können. Dieser Punkt ist sowohl aus der mikroprudenziellen als auch aus der makroprudenziellen Perspektive relevant. Auch deshalb unterstrich Claudia Buch, wie wichtig es ist, beide Perspektiven gemeinsam zu sehen.
Gaston Gelos hat in diesem Zusammenhang auf aktuelle Forschungsarbeiten hingewiesen, in denen Künstliche Intelligenz genutzt wird, um potenzielle Verwerfungen an den Finanzmärkten frühzeitig zu erkennen.
3 Reflektionen zu Panel 1
Im ersten Panel haben wir reflektiert, in welchem Risikoumfeld viele der Finanzstabilitätsberichte entstanden sind und welche institutionellen Veränderungen es über die Zeit gab.
Finanzstabilitätsberichte sind ein wichtiges Instrument, um die systemweite Perspektive zu kommunizieren. Auch unsere Berichte sind mit der Zeit gegangen. Cornelia Holthausen machte den Punkt, dass uns inzwischen viel mehr Daten zur Verfügung stehen und uns das neue Möglichkeiten eröffnet, sowohl analytisch als auch hinsichtlich gut verständlicher grafischer Darstellungen.
Die Diskussion hat für mich auch gezeigt: unser komplexes und unsicheres Umfeld macht es umso wichtiger, dass unsere Einschätzungen über die Zeit und – im Fall supranationaler Behörden wie der EZB – auch über Länder hinweg konsistent sind.
Dass sich die mikroprudenzielle und die makroprudenzielle Perspektive ergänzen, haben beide Panels bestätigt. Institutionell haben wir aus der Globalen Finanzkrise gelernt, dass die systemweite Sicht und die Sicht auf einzelne Marktteilnehmer sich ergänzen und zusammen zu einer besseren Aufsicht über das Finanzsystem führen. Das Miteinander beider Perspektiven leben wir im Ausschuss für Finanzstabilität, wie auch die Beiträge von Doreen Herms und Rupert Schaefer gezeigt haben. Auch die aktuellen Herausforderungen, wie lang anhaltende Unsicherheit und geopolitische Spannungen, betreffen sowohl Marktteilnehmer als auch mikro- und makroprudenzielle Aufsicht.
Wie wichtig eine wohlfundierte Analyse und innovative Forschung ist, um makroprudenzielle Analyse, Politik und Kommunikation weiterzuentwickeln, haben die Beiträge von Gaston Gelos und Reiner Martin deutlich gemacht – zum Beispiel, indem wir Berichte mithilfe von KI analysieren.
4 Schluss
Kommen wir zum Schluss.
Die Bank of England und die schwedische Zentralbank waren unter den ersten Zentralbanken, die einen Finanzstabilitätsbericht veröffentlichten – eine Reaktion auf die Bankenkrisen der frühen 1990er Jahre, die die Bedeutung einer systematischen Überwachung der Finanzstabilität verdeutlichte.[1] Der erste deutsche Finanzstabilitätsbericht 2005 war eine Antwort auf internationale Entwicklungen und frühere Krisen.
Angesichts der aktuellen geopolitischen Herausforderungen bleibt die Resilienz des deutschen und europäischen Finanzsystems von zentraler Bedeutung, um wirtschaftliche Schocks abzufedern und das Vertrauen in die Finanzmärkte zu erhalten. Die makroprudenzielle Politik und die enge Zusammenarbeit zwischen nationalen und europäischen Institutionen spielen dabei eine Schlüsselrolle, um systemische Risiken frühzeitig zu erkennen, präventive Maßnahmen zu ergreifen und die Wettbewerbsfähigkeit des europäischen Finanzsystems langfristig zu stärken.
Wir entwickeln unsere makroprudenzielle Politik und Kommunikation kontinuierlich weiter mit dem sowohl ökonomisch als auch gesellschaftspolitisch so eminent wichtigen Ziel eines stabilen Finanzsystems. Vielen Dank, dass Sie mit Ihren Ideen und Diskussionen in dieser Konferenz dazu beigetragen haben.
Fußnote: