BIZ fordert wirtschaftspolitische Neuausrichtung

Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich in Basel ©Rolf Haid / picture alliance
Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) warnt vor überzogenen Erwartungen an die globale Wirtschaftsentwicklung. Wie die auch als Zentralbank der Zentralbanken bekannte Institution in ihrem jüngsten Jahresbericht ausführt, lägen die Wachstumsraten nahe historischer Durchschnittswerte. "Es ist empirisch belegbar, dass die Wirtschaft nach einer Finanzkrise wieder zu ihrer vorherigen langfristigen Wachstumsrate zurückfinden kann", erläuterte Claudio Borio, Leiter der Währungs- und Wirtschaftsabteilung, bei der Vorstellung des Berichts. "Die Erwartung, dass sie auch auf den vor der Krise verzeichneten Wachstumspfad zurückkehrt, ist jedoch unrealistisch", so Borio. Für den Übergang zu einem robusteren und nachhaltigen globalen Wachstum regt die BIZ eine wirtschaftspolitische Neuausrichtung an. 

"Riskante Dreierkonstellation"

Problematisch ist aus Sicht der BIZ jedoch eine "riskante Dreierkonstellation": Das Produktivitätswachstum sei ungewöhnlich niedrig und globale Schuldenstände erreichten ein historisch nie dagewesenes Ausmaß, was ein Risiko für die Finanzstabilität darstelle. Zugleich mache ein äußerst enger wirtschaftspolitischer Handlungsspielraum die Weltwirtschaft höchst anfällig. "Offensichtlichstes Zeichen für diese Malaise" seien die nach wie vor außerordentlich und anhaltend niedrigen Zinssätze. "Die Weltwirtschaft kann es sich nicht leisten, noch länger auf das schuldenfinanzierte Wachstumsmodell zu setzen, das die gegenwärtige Situation herbeigeführt hat", heißt es im Bericht. 

Nach Auffassung der BIZ sollte nun der Aufsichts-, Fiskal- und Strukturpolitik eine größere Rolle zukommen. Der Geldpolitik dagegen sei viel zu lange zu viel aufgebürdet worden. In ihrem Bericht spricht sich die BIZ für eine längerfristige Ausrichtung der Maßnahmen aus, mit der kostspielige finanzielle Auf- und Abschwünge gezielter verhindert werden sollten. "Es sind dringend Maßnahmen erforderlich, die wir nicht wieder bereuen, wenn die Zukunft zur Gegenwart wird", unterstrich Borio.

Verzerrende Anreize zur Schuldenaufnahme

Auf dem Feld der Fiskalpolitik regt die BIZ eine Reihe von Maßnahmen an, darunter die Verbesserung der Qualität öffentlicher Ausgaben. Dazu sollten die Staaten nach Einschätzung der Organisation statt in laufende Transferzahlungen vielmehr in Sach- und Humankapital investieren. Darüber hinaus sollten die Steuer- und Subventionssysteme nach Auffassung der BIZ so angepasst werden, dass kein verzerrender Anreiz zur Schuldenaufnahme mehr besteht. "Den größten Beitrag zur Krisenprävention könnte die Abschaffung einer übermäßigen steuerlichen Bevorzugung von Schulden gegenüber dem Eigenkapital leisten, die einer Überschuldung Vorschub leistet und den Finanzsektor anfällig macht", heißt es im Bericht.

In der Aufsichtspolitik hält es die BIZ für geboten, in den von der Krise betroffenen Ländern die teils schleppende Sanierung von Bankbilanzen zu Ende zu bringen. Auch betont sie in ihrem Bericht die große Bedeutung tadelloser Bilanzen und einer ausreichenden Eigenkapitalausstattung. Um die langfristige Rentabilität des Bankensektors in diesen Ländern zu erhöhen, empfiehlt die BIZ zudem, durch eine strenge Aufsicht den Abbau von Überkapazitäten zu beschleunigen.

In Ländern, die nicht von der Krise betroffen sind, sollten nach Einschätzung der BIZ makroprudenzielle Instrumente eingesetzt und die Aufsicht intensiviert werden. Damit solle eine mögliche Verschlechterung der Qualität von Vermögenswerten in den Bankbilanzen frühzeitig erkannt und Gegenmaßnahmen ergriffen werden können.

Besonders großen Handlungsbedarf sieht die BIZ auf dem Feld von Strukturreformen. "Leider ist in diesem Bereich die Diskrepanz zwischen dem, was erforderlich ist, und dem, was erreicht wird, besonders groß", schreiben die Autoren im Bericht. Die Bedeutung struktureller Maßnahmen sei klar erkannt worden, was beispielweise in den Beratungen der G20 zum Ausdruck gekommen sei. In manchen Ländern seien die Resultate jedoch weit hinter den Vorhaben und Intentionen zurückgeblieben. "Hier muss viel mehr getan werden", mahnte die BIZ.

Grenzen des Undenkbaren

Mit Unbehagen blickt die BIZ laut Borio auf den neuerlichen Rückgang der ohnehin außerordentlich und anhaltend niedrigen Zinsen. Mitte Juni 2016 seien zudem weltweit Staatsanleihen im Wert von fast 9 Billionen US-Dollar mit negativen Renditen gehandelt worden. "Die Grenzen des Undenkbaren werden immer weiter ausgedehnt", betonte Borio.

Die Autoren der BIZ befassen sich im Jahresbericht auch mit Bedenken hinsichtlich der nachlassenden Wirkung der Geldpolitik. Dabei beleuchten sie auch die wachsende Bedeutung von externen Transmissionskanälen, beispielsweise Wechselkursen. 

Neben der Inflation sollte die Geldpolitik nach Auffassung der BIZ auch die Finanzstabilität berücksichtigen. "Damit die Geldpolitik den erhofften Nutzen bringen kann, muss sie den Finanzzyklus systematisch berücksichtigen, im Auf- ebenso wie im Abschwung, damit sich die finanzielle Seite der Wirtschaft im Lot befindet", erläuterte Borio die Position der BIZ. "Geld- und Finanzstabilität gehören eng zusammen", betonte er.