Bundesbankvorstand Burkhard Balz während des virtuellen Symposiums ©Nils Thies

Verlässliches Gedächtnis: 50 Jahre Historisches Archiv

Mit einem Leiter, einer Schreibkraft und Karteikarten ging das Historische Archiv der Bundesbank 1970 an den Start. „Heute sind circa 6.500 laufende Meter amtliches Schriftgut, Nachlässe, Sammlungen sowie audiovisuelles Archivgut in unserem institutionellen Gedächtnis gespeichert; darunter etwa 29.000 Fotos“, sagte Vorstandsmitglied Burkhard Balz beim Symposium anlässlich des 50-jährigen Bestehens des Historischen Archivs in der Bundesbank.

Balz beschrieb auch die Rolle der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Historischen Archivs. Sie müssten nachvollziehen können, ob und wie in der Bundesbank in der Vergangenheit zu aktuellen Themen entschieden worden sei und welche Argumente schlagend gewesen seien. Die inhaltliche Bewertung von Unterlagen mit Blick auf ihre Archivwürdigkeit sei komplex. „Die Fragen der Zukunft sind heute noch nicht bekannt. Erfahrung und ein gewisses Fingerspitzengefühl sind deshalb wichtig, um relevante Unterlagen herauszufiltern“, so der Bundesbankvorstand. Balz hob heraus, dass die Bedeutung des Historischen Archivs in der heutigen Zeit, die von einer Flut an Informationen und falschen Nachrichten, sogenannten Fake News, geprägt sei, zugenommen habe. „Die Authentizität der Quellen ist in diesen Zeiten von unschätzbarem Wert“, so Balz. Das Interesse an den validen Informationen des Historischen Archivs sei groß.

Historiker-Kommission untersucht Geschichte der Bundesbank

Magnus Brechtken, stellvertretender Direktor des Instituts für Zeitgeschichte (IfZ) in München, präsentierte im Rahmen des Symposiums einige vorläufige Ergebnisse eines längerfristigen Forschungsprojekts, das vom Historischen Archiv unterstützt wird. Unter dem Titel „Von der Reichsbank zur Bundesbank“ analysiert derzeit eine unabhängige Historiker-Kommission die Geschichte der Reichsbank und der frühen Bundesbank. Der Untersuchungszeitraum beginnt in den Jahren 1923/24 mit der Stabilisierung der neuen Währung nach der Hyperinflation und dem ersten Amtsantritt Hjalmar Schachts als Reichsbankpräsident. Er endet im Jahr 1969, als mit Karl Blessing der letzte Präsident der Bundesbank aus dem Amt schied, der zum engsten Mitarbeiterkreis um Hjalmar Schacht gehört hatte.

Brechtken leitet das von der Bundesbank in Auftrag gegebene mehrjährige Projekt gemeinsam mit Albrecht Ritschl, dem Leiter der wirtschaftshistorischen Fakultät der London School of Economics. Das Projekt werfe einen Blick auf konkrete Tatkomplexe im Krieg und den Umgang damit nach 1945 und liefere Erkenntnisse über die Rolle, persönliche Verantwortung und Wirkung von Personen in Zentralbanken in wechselnden politischen Systemen, sagte Brechtken. Letztlich biete es die Gelegenheit für eine historische Selbstreflexion der Rolle der Zentralbank in der Zivilgesellschaft, über die auch in der Gegenwart diskutiert werde. Diese Aufarbeitung der NS-Zeit für die deutsche Notenbank sei überfällig gewesen. „In den achtziger Jahren gab es ähnliche Projekte bei Volkswagen und Bertelsmann, später auch in den Ministerien“, so der Historiker.