Zahlungen mit dem digitalen Euro sollen für den Handel deutlich günstiger werden Interview mit der Lebensmittelzeitung

Das Gespräch mit Burkhard Balz führte Henno Bender

Wann werden die Kunden an der Supermarktkasse voraussichtlich erstmals mit einem Digitalen Euro bezahlen können?

Der digitale Euro soll wie das Euro-Bargeld gesetzliches Zahlungsmittel werden, daher brauchen wir vor seiner Einführung einen Rechtsrahmen vom europäischen Gesetzgeber. Wir gehen derzeit davon aus, dass dieses Gesetz spätestens Ende 2026 verabschiedet wird. Dann benötigen wir noch mindestens zwei Jahre für eine Testphase, damit der digitale Euro von Anfang an reibungslos funktioniert. Die Kunden werden vermutlich im Jahr 2029 im Supermarkt erstmals mit dem digitalen Euro bezahlen können. 

Wie muss man sich so einen Bezahlvorgang konkret vorstellen?

Die meisten Menschen werden den digitalen Euro in ihrer Banken-App nutzen. Mit ihrer App können sie dann im Supermarkt und online mit dem digitalen Euro bezahlen oder Geld an Freunde schicken – alles mit einem Fingertipp, sofort, gebührenfrei und im ganzen Euroraum. Außerdem wird es eine Offline-Version des digitalen Euro geben. Dabei speichern die Geräte – etwa Smartphones – die digitalen Euro sicher auf einem Chip. Wenn sie bezahlen, werden die Beträge direkt von Gerät zu Gerät übertragen, ohne dass eine Internetverbindung nötig ist. Das ist ähnlich wie Bargeld, nur eben digital: schnell, nahezu anonym und zuverlässig. 

Sie bezeichnen den Handel als die treibende Kraft für den Digitalen Euro. Welche Vorteile hätte er für Händler?

Die Händler in Europa sind derzeit vielfach auf außereuropäische Zahlungsanbieter angewiesen, die hohe Gebühren erheben. Zahlungen mit dem digitalen Euro sollen für den Handel deutlich günstiger werden. Außerdem bietet der digitale Euro ein Bezahlverfahren, das in allen Ländern des Euroraums anwendbar ist. Dies ist attraktiv für Händler, die europaweit aktiv sind. Daher unterstützt der Handel das Projekt. 

Und wie sollen die Verbraucher vom digitalen Euro überzeugt werden?

Die Bürgerinnen und Bürger werden durch eine umfangreiche Informationskampagne vorbereitet werden, bevor der digitale Euro erstmals ausgegeben wird, ähnlich wie damals bei der Einführung des Euro-Bargelds. Ich bin sehr zuversichtlich, dass sie die Vorteile des digitalen Euro schätzen werden. Heute haben die meisten von uns viele verschiedene Karten in ihrem Portemonnaie und auf dem Smartphone weitere Bezahl-Apps. Doch jedes Zahlungsmittel funktioniert anders, für jedes brauchen wir ein eigenes Passwort und nicht überall können wir damit bezahlen. Der digitale Euro wäre eine All-in-one-Bezahllösung, die in allen Euro-Ländern funktioniert. Er wäre so sicher wie das Bargeld und so komfortabel nutzbar wie moderne digitale Zahlungsmittel. Und hinter ihm stünde das Eurosystem – also die Europäische Zentralbank und die nationalen Notenbanken. Das heißt: keine privaten Anbieter, keine versteckten Gebühren, keine Datenverwertung. 

Das EU-Parlament ist skeptisch und die Banken fürchten um ihre Geschäftsmodelle. Was entgegen Sie den Kritikern des Projekts?

Die lautesten Stimmen sind nicht unbedingt die Mehrheit. Wir bekommen viele positive Rückmeldungen auf das Projekt Digitaler Euro aus dem Europäischen Parlament und aus dem Bankensektor. Im Europäischen Parlament kommt jetzt Bewegung in die Verhandlungen zum Gesetzesentwurf für den digitalen Euro. Bei den Banken vermute ich, dass die heutige Skepsis einem konstruktiven Pragmatismus weichen wird, sobald der digitale Euro beschlossen ist. Ähnliche Erfahrungen haben wir bei der Einführung der SEPA-Überweisung gemacht. Die Banken können die durch das Eurosystem bereitgestellte Infrastruktur des digitalen Euro dann für eigene Angebote an ihre Kunden nutzen. Ich bin überzeugt, dass der digitale Euro schon wenige Jahre nach der Einführung nicht mehr wegzudenken sein wird.

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