Kapitel 4 Payment Systems – IT Connection
Wie es dann weiterging? Hier mache ich einen Zeitsprung, weil seitdem eine Menge passiert ist.
Klar, als Teamleiterin wollte ich keine wertvolle Zeit verstreichen lassen – also habe ich zeitnah ein nächstes Meeting mit dem Team Infrastruktur von Herrn Beilstein angesetzt, um ihnen mehr von der groben Erstidee der Virtualisierungslösungen rund um den Mainframe-Betrieb zu erzählen. Das Ergebnis? Vorsichtig zustimmendes Nicken, mit einem Aber versehen: „Natürlich braucht so ein Versuch aber erst einen Vorlauf im kleinen Rahmen. Und nur, wenn unsere europäischen Partner ihr Okay geben. Wann holen wir sie zur Abstimmung ins Boot?”
Als es soweit war, hatten Ali, Mateusz und ich uns für das Online-Treffen mit den Italienern und Franzosen intensiv vorbereitet. Logisch, wir wollten unsere Gedanken schließlich klar und überzeugend präsentieren – und das Thema PoC für Container ganz allgemein und offen als minimalen ersten Schritt diskutieren. Schließlich war es ein komplett frischer Ansatz. Als es soweit war, moderierte ich das Meeting, wie immer auf Englisch …
„Guten Tag, alle miteinander. Ihr habt den Leitfaden für unser heutiges Format ja bereits per E-Mail erhalten. Danke, dass ihr euch die Zeit für uns nehmt. Wie ihr wisst, stellen wir Überlegungen an, wie wir die Softwareumgebungen rund um unsere ‚alte Kiste’ Z16 modernisieren können. Doch bevor wir allzu schnell in die Details eines möglichen PoCs eintauchen, sollten wir gemeinsam erst einmal diskutieren, ob wir diesen überhaupt durchführen wollen. Alles sollte gut durchdacht sein, nichts überstürzt passieren. Ich schlage vor, dass wir die Vor- und Nachteile transparent besprechen, um eine informierte Entscheidung zu treffen. Wer möchte anfangen?”
Sophie von der Banque de France hob die Hand: „Lieben Dank für deine einleitenden Worte, Anita. Unsere Tester, hier in Paris, begrüßen tatsächlich eure Idee. Wir denken, ein PoC könnte uns allen die Möglichkeit bieten, die Machbarkeit einer Container-Lösung zu testen, bevor wir uns in die vollständige Implementierung stürzen. Das Risiko wäre gering und wir könnten die weiteren Vorteile nach und nach noch besser verstehen.”
Elena von der Banca d’Italia unterbrach sie zugleich: „An sich mag das stimmen. In dem Fall müssen wir jedoch zuerst die Ressourcen berücksichtigen, die bereits für einen solchen ersten PoC benötigt werden. Zeit und Budget sind begrenzt, und wir müssen sicherstellen, dass sich der Aufwand wirklich lohnt. Da sind wir uns doch einig?”
„Natürlich, Elena, wir sind da voll bei dir”, stimmte ihr Ali zu. „Genau ein solcher Testballon könnte uns ja helfen, potenzielle Probleme wie Chancen frühzeitig zu identifizieren und Möglichkeiten vorab gut auszuloten. Daher gehen wir nicht sofort ins Volle, sondern würden das gerne mit euch koordiniert im kleinen Rahmen probieren. Wir sind uns bewusst: Container-Technologien wie Docker oder OpenShift haben langfristig enorme Vorzüge. Doch hier bestehen ebenso unbekannte Komplexitäten, die wir alle berücksichtigen müssen. Dabei gilt es zu klären: Wie koordinieren wir in dem Fall die Bereitstellung und Verwaltung, besonders wenn wir über verschiedene Standorte international verteilt arbeiten? Wie halten wir höchste Sicherheitsstandards wie gewohnt weiter ein?”
Das geht doch in die richtige Richtung, dachte ich mir. Und Maxin? Sie schrieb und schrieb sich unterdessen Unmengen an Notizen auf …
* * *
Was für spannende Einblicke, Maxin, dachte ich mir. So ein internationales Umfeld hatte doch wirklich seinen Reiz. Und Anita macht ihre Sache auch noch verdammt gut, muss ich sagen.
Als wir über den PoC zu den Containern mit den europäischen Partner diskutierten, wurde mir klar: Jetzt musste ich echt dran bleiben – also schrieb ich jedes Detail direkt mit. Weil, hey: So verstehst du gleich, wie die Leute hier ticken. Und dann fiel noch der Begriff „alte Kiste” – auch den musste ich natürlich notieren.
Was mir besonders gut in Erinnerung bleibt ist, was dieser Olivier, ein Tester aus Frankreich, an einer Stelle sagte: „Wichtig ist doch, dass wir uns auf Augenhöhe begegnen und die kulturellen Unterschiede wie gehabt respektieren. Das zeichnet unsere Zusammenarbeit aus. Jedes Teammitglied, egal aus welchem Land, sollte die Möglichkeit haben, seine Perspektive fachlich einzubringen.” Chapeau, hätte ich da gerne gerufen!
Nach knapp dreieinhalb Stunden war die Lösung endlich gefunden. Die Entscheidung, ob der PoC durchgeführt wird, schien komplexer zu sein als zuvor angenommen. Ist ja auch richtig so, schließlich geht es um sensible Daten und keineswegs leichte Entscheidungen.
Das Ergebnis? „Die Vorteile überwiegen für alle von uns offenbar die Nachteile. Das Potenzial einer möglichen Container-Lösung ist erkennbar.” So fasste es Anita zusammen, bevor sich alle voneinander herzlich verabschiedeten. Krass, dachte ich, das klang wahnsinnig förmlich. War aber wohl schlicht professionell.
Egal, in meinem Kopf sprang ich im Dreieck vor Freude. Das klang ganz danach, als hätten wir unsere europäischen Partner für die Machbarkeitsstudie wohl auf unserer Seite! Für meinen Vorschlag! Das musste ich jetzt sacken lassen … und durchatmen …