Dombret: Klimarisiken für Finanzbranche nicht unterschätzen

Bundesbankvorstand Andreas Dombret hat vor den Folgen des Klimawandels gewarnt. "Der Klimawandel betrifft alle und alles: unseren Lebensstandard, die Migrantenströme, technische Entwicklungen, die Wirtschaft", sagte er bei einer Rede an der National University in Singapur. Dabei ging er insbesondere auf die Stabilitätsrisiken für die Finanzbranche ein.

Kreditinstitute seien zunehmend von steigenden Kosten durch extreme Wettereignisse betroffen, so Dombret. Überflutungen und Stürme könnten erhebliche Verluste für Staaten und die Privatwirtschaft nach sich ziehen. So könnte der Hurrikan Harvey, der jüngst über die Vereinigten Staaten hinwegfegte, Schäden von bis zu 180  Milliarden Dollar verursacht haben. Andere Ereignisse wie zum Beispiel Dürren könnten einen vernichtenden Effekt auf Ernten haben und beeinträchtigten somit die Produktivität der Landwirtschaft, sagte der Bundesbankvorstand. Haushalte könnten ihre Kredite nicht mehr bedienen und verlören ihre Sicherheiten, mit denen sie Verluste abdecken könnten. "Sind Verluste versichert, treffen sie den Versicherungssektor. Sind sie nicht versichert, sind Banken und andere Geldgeber betroffen", so Dombret.

Auch sinkende Profite und Wertminderungen von betroffenen Unternehmen führten zu steigenden Kreditrisiken für Banken. Extreme Wettereignisse könnten zudem zum Beispiel zu Unterbrechungen von Lieferketten führen und beeinträchtigten somit die Produktivität. Sinkende Produktivität mindere schließlich den Wert der Investitionen, die Banken in einer betroffenen Region finanzierten. "Die durchschnittlichen Verluste durch Wettereinflüsse haben sich in den vergangenen 30 Jahren verdreifacht", sagte Dombret und verwies auf eine Studie der Bank of England. "Wenn es zu mehr extremen Wetterkatastrophen kommt, wie zu erwarten ist, steigt die Zahl der nicht zu versichernden Risiken". Diese Risiken würden dann zur Gefahr für die Finanzstabilität.

Unsicherheit über Klimapolitik

Bei seiner Rede ging Dombret zudem auf die Risiken ein, die sich für die Finanzbranche im Zuge einer Übergangsphase hin zu einer neuen Klimapolitik ergäben. Wenn das in Paris vereinbarte Ziel eines Anstiegs der mittleren Temperatur um weniger als zwei Grad mit einer Chance von 50 Prozent eingehalten werden soll, müssen in diesem Jahrhundert weniger als 1100 Gigatonnen Kohlendioxid ausgestoßen werden. Die Größenordnung aller bekannten fossilen Vorkommen werde derzeit auf rund 2 800 Gigatonnen geschätzt. "Um also das 2-Grad-Ziel mit einer angemessenen Wahrscheinlichkeit zu erreichen, müssen wir zwei Drittel aller bekannten Kohle-, Öl- und Gasreserven unangetastet lassen", sagte Dombret. Mit genau diesen Vorkommen rechneten jedoch nicht nur Roshtoffkonzerne in ihren Bilanzen. So habe der World Wild Fund For Nature geschätzt, dass allein die Ölkonzerne mehr als die Hälfte der globalen Reserven als Aktivposten aufführten. "Wenn diese Vorkommen nicht ausgebeutet werden können, werden sie wertlos – sie werden verlorene Vermögenswerte und der Wert der Unternehmen schwindet im selben Maße", warnte Dombret.

Diese Entwicklung beträfe nicht nur Rohstoff- und Energiekonzerne. Sektoren, die von fossilen Brennstoffen abhingen, darunter Transport und Logistik, sowie die Automobil-, Chemie- und Schwerindustrie, seien ebenfalls betroffen. Sie wirke sich auch auf die Finanzbranche aus. Denn zum einen investierten Finanzinstituten direkt in diesen Industrien. Zudem neigten Versicherer, Pensionskassen und andere Investoren dazu,  ihre Portfolios an Kapitalmarkt-Indizes auszurichten, die zu großen Teilen Industrien abbildeten, die von der Entwicklung betroffen seien.

Rolle der Aufseher stärken

Dombret warnte davor, die Risiken des Klimawandels zu vernachlässigen und ging dabei auch auf die Rolle von Notenbanken ein. Die Bundesbank und andere Notenbanken seien dabei, ihre analytischen Kapazitäten mit Blick auf Klimarisiken auszubauen. Als Aufseher, die im engen Kontakt mit Finanzinstituten stünden, sollten Notenbanken das Bewusstsein der Institute für die physischen und die Übergangsrisiken schärfen und sicherstellen, dass die Risiken ernst genommen würden. "Viele Banken und institutionelle Investoren müssen erst noch die Fähigkeit aufbauen, Risiken aus dem Klimawandel für ihre Anlagen auszumachen und zu bewerten", sagte Dombret. Auch sollten Risiken, die sich für die Finanzinstitute durch den Klimawandel ergäben, gegebenenfalls in die aufsichtlichen Risikoanalysen einbezogen werden.