Weidmann: Bargeldlose Zahlungsformen werden immer beliebter

Immer mehr Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland nutzen elektronische Zahlungsverfahren. "Dieser Wandel vollzieht sich aber nur vergleichsweise langsam", sagte Bundesbankpräsident Jens Weidmann beim diesjährigen Zahlungsverkehrssymposium der Bundesbank mit Blick auf andere europäische Länder. So könne beispielsweise in Dänemark inzwischen auch auf dem Wochenmarkt mobil und in Echtzeit bezahlt werden. Das beliebteste Zahlungsmittel der Deutschen sei dagegen nach wie vor das Bargeld.

Potenzial für Zusammenarbeit

Doch ist eine Welt ohne Smartphones und Tablet auch hierzulande kaum noch vorstellbar. "Diese schaffen einerseits neue Möglichkeiten für die Anbieter von Zahlungsdiensten, andererseits erhöhen sich auch die Erwartungen der Nutzer", sagte Bundesbankvorstand Carl-Ludwig Thiele bei der gleichen Veranstaltung. Bislang haben laut Thiele insbesondere junge Finanztechnologie-Firmen (FinTechs) Angebote für digitale Bezahlvorgänge, etwa Smartphone-Apps, entwickelt. Bundesbankpräsident Weidmann zufolge ist jedoch auch das Interesse von Banken und Sparkassen an bargeldlosen Zahlungsformen in Echtzeit  zuletzt gewachsen. Nach anfänglich zögerlicher Reaktion zeigten Banken und Sparkassen bei diesem Thema nun mehr Offenheit, sagte er und beschrieb das Potenzial der Zusammenarbeit zwischen FinTechs und traditionellen Kreditinstituten. "Fintechs erreichen über den Bankpartner eine große Zahl potenzieller Kunden. Banken wiederum können so ohne lange Entwicklungszeiten innovative Leistungen anbieten", so Weidmann.

Nicht ins Hintertreffen geraten

Bundesbankvorstand Thiele und Yves Mersch, Mitglied des Direktoriums der Europäischen Zentralbank, forderten die Banken-Branche mit Blick auf den weltweiten Wettbewerb zu mehr Innovation auf. Die Digitalisierung des Zahlungsverkehrsmarktes in Europa müsse vorangebracht werden, um  nicht gegenüber anderen Regionen ins "Hintertreffen" zu geraten, sagte Thiele. "Denken Sie dabei zum Beispiel an den zunehmenden Wettbewerb durch globale Technologiekonzerne." Damit meine er nicht nur die Konkurrenz durch Internet-Giganten wie Google oder Amazon, sondern auch durch große Anbieter aus China. Yves Mersch bekräftigte diese Forderungen. "Wir müssen dafür sorgen, dass die Verbraucher in Europa in Echtzeit und mit einer sicheren sowie soliden Marktinfrastruktur ohne grenzüberschreitende Einschränkungen zahlen können - so wie es beim Bargeld bereits möglich ist", sagte er bei dem Symposium.

Risiken durch Cyberangriffe steigen

Bei seiner Rede ging Weidmann auch auf die Herausforderungen ein, die die neuen Entwicklungen im Zahlungsverkehr für die Regulierung bedeuten. Mit Blick auf die Finanzstabilität tragen FinTechs laut Weidmann einerseits zur Heterogenität des Finanzsektors bei, was dessen Widerstandsfähigkeit stärken könnte. Andererseits könnten sie Anreizstrukturen verändern und Ansteckungsrisiken schaffen, "zum Beispiel wenn eine verstärkte Vernetzung der einzelnen Parteien untereinander zu einem Bedeutungsverlust zentraler Gegenparteien führt", so Weidmann. Um die von FinTechs ausgehenden Risiken für die Finanzstabilität konkret abschätzen zu können, werde ein genaueres Bild über Art und Umfang der Aktivitäten dieser Unternehmen benötigt. "Die G20-Staaten haben deshalb alle Länder dazu aufgefordert, die digitalen Finanzentwicklungen in ihren Ländern zu beobachten und dabei besonders die grenzüberschreitenden Aspekte zu berücksichtigen", so Weidmann.

Zudem warnte Weidmann vor den wachsenden Risiken von Cyberangriffen. "Mittlerweile ist nicht mehr die Frage, ob eine Infrastruktur und oder eine Institution Ziel eines Angriffs wird, sondern nur noch wann und wie oft." Laut Weidmann müssen Banken, Zahlungsverkehrs- und Wertpapierabwickler ihre IT- und Cyberrisiken mindestens mit der gleichen Sorgfalt steuern wie ihre traditionellen Bankrisiken. Die Deutsche Bundesbank sei im Jahr 2016 mehrfach angegriffen worden. Mit ihren Schutzmechanismen habe sie die Angriffe bis heute aber erfolgreich abgewehrt, so der Bundesbankpräsident.

Bitcoins und Blockchain

Weiteres zentrales Thema des Symposiums war die virtuelle Währung Bitcoin und die dahinter stehende Blockchain-Technologie. Bundesbankvorstand Thiele warnte davor, Bitcoin-Anlagen als sicher anzusehen. Während Geschäftsbankgeld immer eine Forderung gegenüber einer Geschäftsbank sei, stehe hinter virtuellen Währungen niemand, sagte er. "Es wird tatsächlich aus dem Nichts geschaffen von Personen, die meist nicht mit Klarnamen bekannt sind und nach Regeln, über die ein unbekanntes Gremium entscheidet." Interessanter sei dagegen die Transaktionstechnik Blockchain, mit der sich die Bundesbank beschäftige. "Wenn die Blockchain verwendet werden soll, dann muss sie an die Finanzwelt angepasst werden", so Thiele. Dazu müsse die Technologie aber noch Basisprinzipien wie die Wahrung der Vertraulichkeit oder die Finalität der Transaktionen erfüllen.