Schwerpunkte des Monatsberichts Dezember 2014

Perspektiven der deutschen Wirtschaft – Gesamtwirtschaftliche Vorausschätzungen für die Jahre 2015 und 2016

Die deutsche Wirtschaft ist nach dem nicht nur witterungsbedingt starken Jahresauftakt im Sommerhalbjahr 2014 auf einen flacheren Expansionspfad eingeschwenkt und hat damit die Erwartungen der Juni-Projektion enttäuscht. Auch für das Winterhalbjahr 2014/2015 ist noch keine durchgreifende Besserung in Sicht. Es besteht jedoch die begründete Hoffnung, dass sich die aktuelle Schwächephase als vorübergehend darstellt. Die deutsche Wirtschaft ist weiterhin in einer bemerkenswert guten Verfassung. Das kommt nicht nur der Binnenwirtschaft zugute, sondern erlaubt auch, Chancen auf Auslandsmärkten wahrzunehmen. Diese sollten sich im Verlauf des kommenden Jahres wieder in größerem Maß ergeben, wenn sich die wirtschaftliche Erholung im Euro-Gebiet verstärkt und der Welthandel Fahrt aufnimmt.

Unter diesen Bedingungen könnte die deutsche Wirtschaft nach einer Zunahme des realen Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 1,4% im laufenden Jahr im kommenden Jahr um 1,0% und im darauf folgenden Jahr um 1,6% expandieren. In kalenderbereinigter Rechnung entspräche dies Wachstumsraten von 1,4% im Jahr 2014, 0,8% im Jahr 2015 und 1,5% im Jahr 2016. Da diese Zuwächse im Mittel das Potenzialwachstum von gut 1% pro Jahr leicht übertreffen, sollte der Nutzungsgrad der gesamtwirtschaftlichen Kapazitäten etwas ansteigen, sich aber über den gesamten Prognosehorizont im Bereich der Normalauslastung bewegen. Das Potenzialwachstum wird durch die Zuwanderung gestützt, während die abschlagsfreie Rente mit 63 und der allgemeine Mindestlohn dämpfen. Die unter den derzeitigen Rahmenbedingungen weitgehend auf ihren friktionellen und strukturellen Kern reduzierte Arbeitslosigkeit dürfte sich über den Prognosehorizont nur wenig verändern. Zwar verlangsamt sich der Anstieg der Tarifentgelte vorübergehend, der neue allgemeine Mindestlohn dürfte dies mit Blick auf die Effektivverdienste aber ausgleichen. Für die Staatsfinanzen zeichnet sich im kommenden Jahr angesichts stärkerer Ausgabenzuwächse wieder ein leichtes Defizit ab.

Auf der Verbraucherstufe wird sich der Lohnanstieg von knapp 3% pro Jahr zunehmend in etwas höheren Teuerungsraten niederschlagen. Gemessen am Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) könnte sich die Preissteigerungsrate von 0,9% im laufenden Jahr auf 1,1% im kommenden Jahr und 1,8% im darauf folgenden Jahr erhöhen. Hierbei wird von unveränderten Wechselkursen und wieder etwas anziehenden Rohölnotierungen ausgegangen. Ohne Energie gerechnet würde die Rate im Jahr 2016 auf 2,0% steigen.

Seit Abschluss der Prognose sind die Brent-Notierungen für Rohöl erheblich gesunken. Gegenüber den der Prognose zugrunde liegenden Annahmen ergibt sich im Mittel ein Abschlag von gut 11%. Eine solche Ermäßigung des Rohölpreises legt eine Abwärtskorrektur der Inflationsprognose und eine Aufwärtsrevision der Vorausschätzung für das BIP-Wachstum nahe. Wenn die niedrigen Rohölnotierungen Bestand haben, wäre die Projektion der HVPI-Rate für das kommende Jahr um 0,4 Prozentpunkte nach unten anzupassen. Die realwirtschaftlichen Auswirkungen sind schwieriger zu beziffern. Das Wirtschaftswachstum könnte aber in den beiden kommenden Jahren jeweils um 0,1 bis 0,2 Prozentpunkte höher ausfallen.

Ertragslage und Finanzierungsverhältnisse deutscher Unternehmen im Jahr 2013

Die Rentabilität der nichtfinanziellen Unternehmen war im Jahr 2013 insgesamt nicht ganz so hoch wie in den ersten drei Jahren nach Überwindung der schweren Rezession 2009. Dass die Gewinne vor Steuern diesmal lediglich 4% der Umsätze ausmachten (nach 4¼% in den Jahren 2010 bis 2012), lag bei stagnierenden Erlösen vor allem an erheblich gestiegenen Personalkosten. Insbesondere in Teilen des Verarbeitenden Gewerbes expandierte dieser Kostenblock, wohingegen sich die Umsätze nach der vorübergehenden Schwäche im Winterhalbjahr 2012/2013 erst allmählich wieder erholten. Die Personalkosten nehmen allerdings nicht allein wegen der Tarifanhebungen zu, sondern auch weil die Industrieunternehmen trotz der Konjunkturschwäche ihre Belegschaften weiter aufstockten; dies kann als Hinweis für mittel­ bis langfristig angelegte Personaldispositionen gewertet werden. Besonders auffällig ist die Expansionsstrategie des Fahrzeugbaus, zumal in diesem Bereich auch das Sachkapital kräftig wuchs. Im gesamten nichtfinanziellen Unternehmensbereich blieb der Sachanlagenzugang 2013 wie in den Jahren zuvor indessen verhalten. Auch neue Beteiligungen wurden im Berichtszeitraum nach einer Vielzahl von Aktivitäten im Jahr 2012 in geringerem Umfang erworben. Eine Ausnahme stellten die Automobilhersteller sowie die Energie­ und Wasserversorgungsunternehmen dar, die ihr Beteiligungsvermögen beträchtlich erhöhten. Der Bedarf an langfristigen Fremdfinanzierungen blieb begrenzt, nicht zuletzt weil sich die Innenfinanzierungsspielräume verbreiterten. Die Aufstockung von Pensionsrückstellungen wurde aufgrund des niedrigen Zinsniveaus notwendig. In den Bewegungen des materiellen und finanziellen Umlaufvermögens spiegelt sich die im Jahresverlauf 2013 deutlich verbesserte Konjunktur wider. Im Verarbeitenden Gewerbe waren infolge der hochgefahrenen Produktion die Materiallager am Bilanzstichtag weniger gefüllt als vor Jahresfrist, und fertiggestellte Waren gingen gerade gegen Jahresende schnell in den Verkauf. Die Barmittel waren unter anderem deswegen höher, während die Forderungen aus Lieferungen und Leistungen nicht zugenommen haben. Dies lässt darauf schließen, dass für gelieferte Waren und erbrachte Leistungen, wohl auch infolge der sehr niedrigen Zinsen, eher kürzere Zahlungsziele in Anspruch genommen wurden.

Die Unternehmen waren auch im Jahr 2013 bestrebt, ihre Eigenkapitalbasis weiter zu stärken. Dies betraf insbesondere die kleinen und mittleren Unternehmen, deren Eigenkapitalquote den Durchschnitt über die Größenklassen und Wirtschaftszweige von 28% um 3 Prozentpunkte unterschritt. Die Großunternehmen haben stattdessen seit 2010 ihre Eigenmittel parallel zur Bilanzsumme aufgestockt; die Quote hat sich bei knapp 30% eingependelt. Dass dieser Anteil im laufenden Jahr gehalten wird, erscheint jedoch wenig wahrscheinlich. Den vorläufigen Angaben der Konzernabschlussstatistik zufolge ist die Eigenkapitalaufstockung der börsennotierten nichtfinanziellen Unternehmensgruppen bis zum Ende des dritten Quartals 2014 jedenfalls hinter dem Bilanzwachstum zurückgeblieben. Die aktuellen Konzerndaten legen zudem nahe, dass im laufenden Jahr die Ertragslage im Unternehmenssektor insgesamt von Preisrückgängen bei Rohstoffen und Vorleistungen profitiert haben dürfte.