Digitalisierung des Zahlungsverkehrs - Potenziale und Risiken - Oracle Finanzgipfel 2015

Es gilt das gesprochene Wort.

1 Einleitung

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich freue mich, Ihnen nun die Sicht der Bundesbank zur fortschreitenden Digitalisierung des Zahlungsverkehrs und den damit verbundenen Chancen und Herausforderungen zu schildern.

Meine Damen und Herren, wie oft haben Sie in der vergangenen Woche beim Einkaufen mit Karte bezahlt? Ich nehme an mehrfach.

Und wie oft davon kontaktlos, indem Sie lediglich Ihre Karte vor ein Terminal gehalten haben? Vermutlich viel seltener.

Wie viele von Ihnen besitzen ein Smartphone? Fast jeder wahrscheinlich.

Aber, haben Sie schon einmal eine Zahlung von Ihrem Telefon aus initiiert, vielleicht über eine App, zum Abschluss eines Onlinekaufs oder mittels eines QR-Codes an der Ladenkasse?

Die Bundesbank befragt regelmäßig Bürger zu ihrem Zahlungsverhalten. Mehr als 2000 Verbraucher notieren dazu eine Woche lang jede Zahlung in einer Art Tagebuch. Daraus kann repräsentativ für Deutschland festgestellt werden, welche Zahlungsmittel in welchem Umfang genutzt werden. Die Ergebnisse der jüngsten Umfrage aus dem Jahr 2014 sehen sie auf Folie 2.

Es zeigt sich, dass die Befragten zwar weiterhin oft Bargeld benutzten, aber – im Vergleich zu unserer ersten Umfrage vor sechs Jahren – immer häufiger unbar bzw. mit einer Karte bezahlten. In Deutschland ist dies überwiegend die girocard (frühere EC-Karte). Lag der Kartenzahlungsanteil im Jahr 2011 noch bei 14%, sind es inzwischen 17%. Im Durchschnitt zahlte also jeder Befragte innerhalb eines Monats siebenmal mit einer Karte, von durchschnittlich knapp vierzig Zahlungen pro Monat insgesamt. Jedoch werden damit bisher kaum kontaktlose Zahlungen getätigt. Auch Zahlungen mithilfe des Mobiltelefons sind noch nicht weit verbreitet.

Und was vermuten Sie, welche Zahlungsmethoden werden im Internet besonders gern genutzt?

Bei Onlineeinkäufen werden Internetbezahlverfahren wie PayPal immer beliebter. Gegenüber "klassischen" Zahlungsinstrumenten wie der Überweisung, Lastschrift oder Kartenzahlung verzeichneten diese überproportionale Zuwächse. Innerhalb von drei Jahren hat sich die Anzahl derer, die in unserer Umfrage angaben, Internetbezahlverfahren zu nutzen, nahezu verdoppelt.

Zwar ist der Anteil der genannten neueren Bezahlvarianten – kontaktlose Kartenzahlungen, per Mobiltelefon initiierte oder Internetbezahlverfahren – noch klein. Doch gerade hier hat der tiefgreifende Umbruch im Zahlungsverkehr schon begonnen.

Neue technische Möglichkeiten verändern unseren Alltag und damit auch die Art und Weise, wie wir bezahlen. Als Bundesbank möchten wir in dieser Richtung niemanden Vorschriften machen. Wir verhalten uns marktorientiert. Auf die Frage, warum  bar gezahlt wird, ist im Übrigen häufig zu hören, dass es schnell und einfach gehe und dass es sicher sei. Fragen Sie diejenigen, die am liebsten mit Karte zahlen, nach dem "Warum" werden Sie ebenfalls hören, dass dies schneller, einfacher und sicherer sei.

Dennoch sehen wir Bewegung in der Entwicklung neuer bargeldloser Bezahlverfahren. Die Grafik zeigt nur einen kleinen Ausschnitt der Meldungen und Studien, die sich im vergangenen Monat mit Innovationen im Zahlungsverkehr beschäftigten. Und ich kann Ihnen versichern, dass die Bundesbank diese rasante Entwicklung sehr genau beobachtet.

Doch lassen Sie mich systematischer vorgehen. Zuerst möchte ich Ihnen zeigen, welcher Wandel sich in den vergangenen Jahren im Zahlungsverkehr vollzogen hat. Dann stelle ich Ihnen vor, welche digitalen Zahlungsdienste daraus hervorgegangen und welche Herausforderungen damit verbunden sind.

Zum Schluss komme ich zur laufenden Diskussion um Echtzeitzahlungen, sogenannte Instant Payments, und den Möglichkeiten der Blockchain-Technologie.

2 Entwicklungen im Zahlungsverkehr

Seit der Einführung des Euro stieg die Anzahl der Länder, die den Euro als gesetzliches Zahlungsmittel nutzen, auf 19. Während einheitliches Bargeld schon seit fast 14 Jahren zu einer Selbstverständlichkeit im Euro-Raum geworden ist, blieb der unbare Zahlungsverkehr lange Zeit dahinter zurück. Auch für elektronische Zahlungen wurde im vergangenen Jahr ein einheitlicher europäischer Rahmen geschaffen. Mit der Verwirklichung von SEPA können Bürger und Unternehmen inzwischen Überweisungen und Lastschriften in Euro über 34 Ländergrenzen hinweg bequem, schnell und preiswert vornehmen.

Inzwischen haben sich die SEPA-Instrumente gut etabliert. Trotzdem gibt es noch einige wenige Zahler und Zahlungsempfänger, für die der Gebrauch der IBAN noch nicht selbstverständlich geworden ist.

Für diese ist der Hinweis wichtig, dass ab Februar 2016 Überweisungen und Lastschriften nur noch mit der IBAN funktionieren werden. Wer also heute noch das gesetzlich befristete Angebot deutscher Kreditinstitute nutzt und mit Kontonummer und Bankleitzahl arbeitet, der sollte sich darauf einrichten, dass dies in knapp drei Monaten nicht mehr möglich sein wird. Aber da nun die eigene IBAN auf allen Bankkarten und die IBAN des Empfängers in den allermeisten Fällen auf der Rechnung zu finden ist, dürfte es im Februar nächsten Jahres keine Probleme geben. Dazu wäre es auch hilfreich, wenn die Rechnungssteller unserer Empfehlung folgen und die IBAN in Viererblöcken darstellen.

Zwar wurden mit der Harmonisierung des Bargelds und bargeldloser Transaktionen bereits große Fortschritte im europäischen Zahlungsverkehr erreicht. Doch gilt dies bisher nur für die klassischen Zahlungsinstrumente Überweisung und Lastschrift. Unter dem Stichwort "Digitalisierung" wird längst darüber hinaus gedacht und viel bewegt. Und wer weiß: Vielleicht ist eines Tages die IBAN gar nicht mehr entscheidend, sondern eher die Mobilfunknummer oder die E-Mail-Adresse.

Neue technische Möglichkeiten treffen dabei auf veränderte Verbraucherbedürfnisse. Vier Trends lassen sich erkennen:

Erstens lassen sich unbare Zahlungen, also Überweisungen, Lastschriften oder Kartenzahlungen nicht nur papierhaft, im Onlinebanking oder im Webshop initiieren, sondern auf vielfältige andere Weise, zumeist mit dem Smartphone.

Zweitens werden Zahlungsdienste nicht mehr zwingend von "klassischen" Banken angeboten, d.h. die Anbieterseite des Zahlungsmarktes wird vielseitiger. Hier ist vielfach von FinTechs die Rede. Dabei geht es nicht nur um ein anderes Know-How oder eine andere Unternehmenskultur. Es hat sich mitunter auch die Währung geändert, in der für die Leistung gezahlt wird. Zahlungsdienste werden dann nicht mehr nur in Euro und Cent beglichen, sondern auch mit der Bereitstellung persönlicher Daten. "Big Data" ist das Stichwort.

Drittens werden Zahlungen schneller. Nicht mehr ein ganzer Tag soll zwischen der Kontobelastung beim Zahler und der Gutschrift beim Empfänger vergehen. Nein, er soll am besten sofort nachdem die Zahlung initiiert wurde, über den Geldbetrag verfügen können. Und dies soll nicht nur zu den bisher üblichen Geschäftszeiten der Banken möglich sein, sondern auch rund um die Uhr, an sieben Tagen die Woche und an 365 Tagen im Jahr. 

Viertens geht zurzeit ein Raunen durch die gesamte Finanzwirtschaft. Es geht um die Blockchain-Technologie, die möglicherweise das Potenzial hat, die Grundlagen des Zahlungsverkehrs und auch anderer Branchen komplett zu verändern. Ich nehme dieses Thema gerne auf, auch wenn ich Ihnen dazu leider keine abschließende Bewertung versprechen kann. Doch lassen Sie uns Schritt für Schritt vorgehen.

3 Neue Zahlungsmethoden

Bezahlen war bis vor kurzem eine standardisierte, ja eigentlich langweilige Angelegenheit. Die Auswahl an Zahlungsinstrumenten war gering und den Bürgern seit Jahren vertraut. Doch nun lassen sich viele Geschäfte des Alltags im Internet erledigen – laut einer Erhebung des HDE wuchs der Umsatz im E-Commerce seit 2005 jährlich um 12% auf nunmehr fast 44 Mrd. Euro.[1]

Aus Handys wurden Smartphones. Neue Technologien erobern vor allem  die Schnittstelle zwischen Kunden und Händlern – man denke hier an kontaktlose Zahlungen per Karte oder Mobiltelefon. Auch wenn die neuen Applikationen an die klassischen Instrumente anknüpfen, so ist Optik und Haptik doch eine ganz andere als bei einer Überweisung im Onlinebanking mit der IBAN.

Immer mehr Verbraucher nutzen zunehmend neue digitale Angebote. Diese haben vor allem eines gemeinsam: Sie sind im Prinzip immer verfügbar, 24 Stunden am Tag, an jedem Tag der Woche, das ganze Jahr hindurch. Und sie sind überall verfügbar: Denken Sie daran, wie leicht es ist, mit weit entfernten Freunden und Verwandten in Kontakt zu bleiben, wie schnell Sie über eine App oder im Internet eine Ware oder Dienstleistung bestellen können, oder wie normal es geworden ist, dass global verteilte Teams an gemeinsamen Projekten arbeiten.

Dieselbe Leichtigkeit, Schnelligkeit und ständige Verfügbarkeit erwarten Verbraucher auch von ihren Bezahllösungen. Es ist für viele – vor allem jüngere Verbraucher – kaum verständlich, dass eine E-Mail von Frankfurt nach Barcelona zwei Sekunden braucht, aber eine Überweisung zumeist erst am nächsten Tag ankommt.

In diesem Umfeld entstanden und entstehen eine Vielzahl an Bezahlvarianten für unterschiedliche Zwecke. Im stationären Handel gewinnen unter anderem kontaktlose Zahlungen, die sich der NFC-(Near Field Communication)Technologie bedienen, an Bedeutung. Beispiele sind hier vor allem Kontaktloskarten, wie sie von den großen internationalen Kartensystemen angeboten werden. Aber auch mit anderen Techniken wie QR- oder Zahlungscodes wird experimentiert.

Im Onlinehandel stellen wir ebenfalls fest, dass es inzwischen eine ganze Reihe verschiedener Zahlungswegen gibt. In der Regel setzen diese Dienste auf die "klassischen" Instrumente Überweisung, Lastschrift oder Kartenzahlung auf, sorgen aber für eine reibungslose Integration in den Kaufprozess und gewährleisten, dass der Zahlungsempfänger sich der Zahlung sicher sein kann, und die Ware umgehend versendet.

Auch im privaten Umfeld könnte die Digitalisierung bald spürbar werden. So könnte in Kürze das Taschengeld von Smartphone zu Smartphone übertragen, Spenden mittels QR-Code angewiesen oder Restaurantrechnungen per App geteilt und ausgeglichen werden.

Dies sind nur einige Beispiele aus dem neuen Zahlungsuniversum; wobei die Abgrenzung zu den genannten Anwendungsgebieten bei den wenigsten Angeboten trennscharf ist. Sie wissen sicher, dass verschiedene Dienste in unterschiedlichen Zahlungssituationen eingesetzt werden können – ob Person-to-Person, im Onlineshop oder per App an der Ladenkasse. Diese Mulitkanal-Nutzung ist wichtig, weil der Kunde morgen bequem mit einem Medium möglichst überall zahlen möchte.

Zudem versuchen immer neue Dienste, sich zu etablieren. Eine der jüngsten Entwicklungen ist paydirekt. Mit paydirekt reagiert die deutsche Kreditwirtschaft – wie ich meine "endlich" –  auf die hohe Nachfrage nach speziellen Bezahllösungen für den Onlinehandel. Immerhin begeben sich die Banken und Sparkassen damit in ein Rennen, in dem zurzeit andere die Nase vorn haben. Eine weitere Alternative und mehr Wettbewerb kann hier meiner Meinung nach nicht schaden. Die Aufholjagd kann noch gelingen, wenn es paydirekt gelingt gleichzeitig eine große Zahl an Kunden und Händlern überzeugen können.

Die Voraussetzungen sind gut. Für die Kunden ist das Verfahren attraktiv, da es  sicherer als andere zu sein verspricht. Paydirekt ist ein kreditwirtschaftliches Verfahren. Banken und Sparkassen unterliegen der Bankenaufsicht. Die Zahlung wird direkt vom eigenen Konto aus beglichen – ohne externe Zwischendienstleister, die Daten über das Kundenverhalten sammeln. Für den Handel könnte paydirekt dann attraktiv sein, wenn die Konditionen günstiger sind als die der Konkurrenz.

4 Neue Anbieter im Zahlungsverkehrsmarkt

Meine Damen und Herren, die vielen Beispiele für neue Zahlungsdienste zeigen noch etwas: Um Zahlungen zu initiieren, müssen Kunden nicht mehr zwingend direkt Kontakt zu ihrer Bank oder Sparkasse aufnehmen.

Sie sehen auf Folie 7 wie eine Zahlung mit den bekannten Zahlungsinstrumenten abläuft und wer daran beteiligt ist. Die Anbieter der zuvor beschriebenen digitalen Zahlungsmöglichkeiten – eine Vielzahl großer Technologiefirmen und kleinerer Start-ups, sogenannte FinTechs – stellen sich zwischen Zahler, Zahlungsempfänger und deren Finanzdienstleister bzw. Kreditinstitut. In einer kürzlich veröffentlichten Studie zum Zahlungsverkehrsmarkt weltweit wird geschätzt, dass im vergangenen Jahr bis zu 11% aller unbaren Zahlungen auf diesem Weg ausgelöst wurden.[2]

Zwar wird die eigentliche Zahlung noch über das Konto oder eine Kreditkarte abgewickelt, aber dieser Vorgang rückt für die Kunden zunehmend in den Hintergrund. So nehmen sie zuvorderst Amazon oder Apple als Anbieter von Zahlungsdiensten wahr, nicht aber die Sparkasse Aurich oder die Volksbank Zuffenhausen.

Insgesamt ergeben sich aus den hier aufgezeigten Entwicklungen zwei wesentliche Herausforderungen.

Zum einen ist dies die schleichende Verdrängung der Banken und Sparkassen aus der Interaktion mit ihren Kunden, was unter dem Stichwort Desintermediation diskutiert wird. Zum anderen haben wir es durch die höhere Anzahl an Beteiligten mit einer steigenden Komplexität in den Zahlungsverkehrsprozessen zu tun. Damit können größere Risiken für den Schutz der persönlichen Daten und der Sicherheit der Zahlungsinstrumente und -systeme verbunden sein.

Ein möglicher Weg, um diesen Herausforderungen zu begegnen, scheinen Kooperationen zwischen Kreditinstituten und Technologiefirmen bzw. FinTechs zu sein. Auf diese Weise ließen sich die besonderen Fähigkeiten beider Branchen zusammenbringen – Innovationskraft, Schnelligkeit und Gespür für die sich rasant ändernden Kundenbedürfnisse auf der einen Seite; auf der anderen Seite langjährige, stabile Kundenbeziehungen sowie Erfahrung im Aufbau, der Pflege und des Schutzes von Zahlungssystemen. Das sorgt für Vertrauen in die Sicherheit von Zahlungen. Die Zukunft wird meines Erachtens jedoch eher von Kooperationen geprägt sein wird, als von einem starren Entweder-Oder. Natürlich muss dabei sichergestellt sein, dass sich solche Kooperationen für alle Beteiligten auch lohnen.

Aufgabe für den Gesetzgeber ebenso wie für die Bundesbank und andere Aufsichtsbehörden ist es in diesem Zusammenhang, sehr genau hinzuschauen, in welche Richtung sich der Markt bewegt, welche neuen Anbieter auftreten und was sie im Gepäck haben. Wichtig ist es, für alle Beteiligten ein Level Playing Field zu schaffen, so dass gleiche Risiken auch gleich reguliert werden.

So werden mit der neuen Zahlungsdiensterichtlinie, die voraussichtlich Ende 2017 auf nationaler Ebene umgesetzt wird, Regelungen zu bestimmten neuen Zahlungsdiensten getroffen, die bislang unreguliert waren. Durch die Richtlinie werden diese der Aufsicht unterstellt. Gleichzeitig wird ihnen ein diskriminierungsfreier Zugang zum Konto beim kontoführenden Zahlungsdienstleister zugesichert. In der Gesamtschau sollen diese Festlegungen das Vertrauen der Nutzer in neue Zahlungsdienste stärken. Der Wettbewerb im Zahlungsverkehrsmarkt soll weiter gefördert werden, um letztlich den Zahlungsverkehr effizienter, kostengünstiger und sicherer zu gestalten.

5 Echtzeitzahlungen als Grundlage neuer Zahlungsdienste

Ein weiterer Schritt in diese Richtung könnte die Einrichtung eines paneuropäischen Systems für Zahlungen in Echtzeit sein.

In einigen europäischen Ländern sind bereits sogenannte Instant- oder Real-Time Payment-Systeme entwickelt. In Europa sind dies Dänemark, Großbritannien, Polen, Schweden und die Schweiz. Jede einzelne Zahlung wird unmittelbar und individuell verrechnet und gebucht. Der große Vorteil daran: Innerhalb weniger Sekunden wird die Zahlung final und unwiderruflich dem Empfänger gutgeschrieben.

Doch sollte es nicht bei Insellösungen bleiben. In Fortsetzung der SEPA-Harmonisierung soll ein paneuropäischer Markt für Echtzeitzahlungen entstehen. Seit Ende des vergangenen Jahres erarbeitet der European Payments Council auf Anfrage des Euro Retail Payments Board Vorschläge für ein entsprechendes System. Der European Payments Council ist jenes Gremium aus Zahlungsdienstleistern, das auch schon die SEPA-Zahlungsinstrumente entwickelte. Das Euro Retail Payments Board wurde von der Europäischen Zentralbank und den nationalen Zentralbanken in Europa ins Leben gerufen, um bei der Weiterentwicklung des Europäischen Zahlungsverkehrsmarktes die Bedürfnisse der Anbieter und Nachfrager  adäquat berücksichtigen zu können.

Das Euro Retail Payments Board hat folgende Eckpunkte definiert: Es soll ein elektronisches Zahlungsverkehrssystem entstehen, welches das ganze Jahr über täglich an 24 Stunden zur Verfügung steht. Zahlungen sollen mittels Überweisung, Lastschrift oder Karte initiiert werden können sowie unmittelbar dem Empfänger zur Verfügung stehen.

Es ist sehr wohl vorstellbar, dass Kreditinstitute und andere Dienstleister auf dieser Basis neue Wege der Initiierung von Zahlungen entwickeln. Diese wären dann aber nicht mehr auf Umwege angewiesen, sondern würden Zahlungen direkt vom Konto aus auslösen und erhalten. Die Bundesbank begrüßt diese Überlegungen als einen weiteren Beitrag zur Steigerung der Effizienz im Zahlungsverkehr und einen Gewinn an Komfort für Verbraucher und Unternehmen, insbesondere kleine und mittlere.

Allerdings stellen sich noch einige Fragen, die es vor dem Start noch zu beantworten gilt. Wie soll das Clearing und Settlement aussehen, das Milliarden an Kleinbetragszahlungen in Echtzeit verarbeiten kann? Welche Anpassungen müssen die Banken vornehmen, um Buchungen in Echtzeit durchführen zu können? Wie können die jeweils notwendigen Investitionskosten geschultert werden? Im nächsten Schritt wird das European Payments Council einen ersten Vorschlag auf Basis der SEPA-Überweisung unterbreiten, der am Donnerstag im Euro Retail Payments Board diskutiert wird. Die Bundesbank begleitet diesen Prozess aktiv.

6 Blockchain: Kurzer Hype oder ein neues Zeitalter?

Noch einen Schritt weiter als Echtzeitzahlungen in Euro gehen Anwendungen, die sich die sogenannte Blockchain-Technologie zunutze machen.

Virtuelle Währungen wie Bitcoin basieren darauf. Mit virtuellen Währungen kann sehr schnell ohne Einschaltung von Banken und über Währungsräume hinweg gezahlt werden. Allerdings ist dies für die Nutzer auch mit erheblichen Risiken verbunden, worauf ich schon vor knapp zwei Jahren mehrfach hingewiesen habe.

Doch inzwischen geht es kaum noch um Bitcoin, sondern um die dahinter liegende Technologie. Für die Übertragung von Währungseinheiten kommt hier ein sogenanntes "distributed ledger" zum Einsatz, ein Transaktionsregister. Dieses Transaktionsregister muss nicht mehr zentral von einer einzigen Instanz verwaltet werden, sondern ist dezentral bei den Nutzern abgelegt.

Da solche Transaktionsregister grundsätzlich für alle Nutzer einsehbar wären, erscheinen sie transparenter und besser vor Manipulation geschützt. Zentrale Intermediäre wie Banken oder Clearinghäuser würden obsolet. Zahlungen könnten im Prinzip direkt – ohne Intermediäre – zwischen Zahler und Empfänger ausgetauscht werden. Viele Marktakteure erforschen gerade die möglichen Einsatzgebiete der Blockchain-Technologie.

Gegenwärtig scheint die ganze Branche von der Idee einer Nutzung von "distributed ledger" wie elektrisiert zu sein. Die Erwartungen sind hoch, insbesondere in den Bereichen, die auf sehr komplexen Prozessketten beruhen. Immerhin ist diese Technologie mit dem Anspruch angetreten, den intermediationsfreien Austausch von Werten zu ermöglichen: also Banking ohne Banken.

Es gibt Pilotprojekte und laufende Anwendungen, aber es scheint noch zu früh, um zu erkennen, inwieweit die Erwartungen erfüllt werden können. Ich denke, wir sollten zunächst mehr die konkrete Leistungsfähigkeit dieser Techniken gründlich analysieren. Also, wieviel kosten Transaktionen mit "distributed ledger" im Unterschied etwa zum correspondent banking oder Zahlungssystemen? Oder, wie lange dauert ihre Abwicklung? Und nicht zuletzt: Sind sie genauso sicher?

Das sind gemessen an den hohen Erwartungen vermeintlich banale und nüchterne Fragen. Aber daran wird sich letztlich die Wettbewerbsfähigkeit dieser Technik entscheiden.

Ob damit nur die Abwicklung im Rahmen der heutigen Anbieterstrukturen erleichtert wird oder sich die Rolle von Banken revolutionär verändern wird, werden wir vielleicht danach beantworten können.

7 Fazit

Meine Damen und Herren, Sie sehen: Die Digitalisierung des Zahlungsverkehrs ist in vollem Gange. Doch so sehr wir auch von den vielen neuen Möglichkeiten fasziniert sind, dürfen wir nicht vergessen: Sie sollen den Verbrauchern und Unternehmen dienen. Sie sollen einfach, sicher, schnell und kostengünstig sein. Könnten wir einen Blick in die Zukunft werfen, würden wir sicher sehen, dass es nur einige der neuen Zahlungsdienste geschafft haben werden, sich zu etablieren. Ganz sicher aber ist zu erwarten, dass die Welt im Zahlungsverkehr im Jahr 2030 grundsätzlich anders sein wird als heute.

"Unser Schicksal hängt nicht von den Sternen ab, sondern von unserem Handeln", hat Shakespeare gesagt. Meine Damen und Herren, das Experimentierfeld im Zahlungsverkehr ist gerade erst eröffnet und wir haben die Möglichkeit es mitzugestalten – als Regulierer, als Nutzer, als Anbieter. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


Fußnoten:

  1. HDE, B2C E-Commerce Umsätze 2005-2015, Zahl für 2015 geschätzt, Umfrage aus April 2015

  2. Capgemini/RBS: World Payments Report 2015