Nationales Aufsichtsprogramm 2024 – 2026

Im Nationalen Aufsichtsprogramm (NAP) werden jährlich gemeinsam von BaFin und Bundesbank die Schwerpunkte für die Aufsicht über die national beaufsichtigten Institute in Deutschland festgelegt. Sie sind Ergebnis einer umfassenden Bewertung der Risiken und Schwachstellen/Handlungsfelder der beaufsichtigten Institute. Im zweiten Schritt werden aufsichtliche Maßnahmen zur Adressierung der Risiken und Schwachstellen formuliert. Der Einheitliche Europäische Aufsichtsmechanismus (Single Supervisory Mechanism – SSM) legt parallel Schwerpunkte für den gesamten SSM fest. Diese werden bei der Bestimmung der nationalen Schwerpunkte berücksichtigt. Zusätzlich zu den aufsichtlichen Schwerpunkten für 2024 werden mittelfristige Prioritäten der Aufsicht bis 2026 festgelegt, die strukturelle und mittelfristige Herausforderungen für den Bankensektor berücksichtigen.

Ergänzend haben BaFin und Bundesbank die aktuellen Entwicklungen der Institute und die Entwicklungen an den Finanzmärkten eng im Blick und ergreifen bei Bedarf zusätzliche aufsichtliche Maßnahmen.

Das weiterhin herausfordernde gesamtwirtschaftliche Umfeld in Verbindung mit den geopolitischen Spannungen wirkt sich auf das Kreditrisiko aus. Die erheblichen Preissteigerungen, insbesondere bei Energie und energieintensiven Rohstoffen, dürften sich vor allem bei Unternehmenskrediten bemerkbar machen. Die Aufsicht blickt demnach schwerpunktmäßig auf die Steuerung des Kreditrisikos bei den Instituten. Hierbei ist für die Aufsicht die Ausgestaltung der Kreditvergabestandards sowie die Entwicklung der Kreditausfallquoten und Sicherheitenwerte von besonderem Interesse.

Zudem hat das höhere Zinsniveau ebenfalls Auswirkungen auf die Kreditrisiken und könnte die Nachfrage nach Immobilien beeinflussen. Die höheren Zinsen stärken zwar grundsätzlich die Ertragslage der Banken, sie könnten aber auch zu höheren Refinanzierungskosten führen und die Liquiditätssituation der Banken auf die Probe stellen. Daher verschafft sich die Aufsicht einen Überblick über die Liquiditätslage und die Zinsrisiken der Institute und identifiziert Auffälligkeiten frühzeitig.

Am Gewerbeimmobilienmarkt sind signifikante Preisrückgänge zu beobachten. Der schnelle Zinsanstieg hat die Nachfrage nach Gewerbeimmobilien erheblich reduziert und übte im Jahresverlauf 2023 zunehmend Druck auf die Schuldentragfähigkeit vieler Immobilienunternehmen aus. Hohe Baukosten und strukturelle Faktoren wie der Trend zu mehr Home-Office belasten zusätzlich. In dieser Gemengelage kamen vor allem Bauträger und Projektentwickler sowie die Marktsegmente und -akteure mit einem Fokus auf Büroimmobilien (auch in den USA) stärker unter Druck.

Darüber hinaus ist eine moderne, leistungsfähige IT und eine hohe Widerstandsfähigkeit gegen Cyber-Angriffe für eine reibungslose Geschäftstätigkeit der Institute unverzichtbar. Die Auslagerung wesentlicher Aktivitäten und Prozesse im IT-Bereich gewinnt bei den Instituten weiterhin an Bedeutung und erhöht deren Abhängigkeit von Auslagerungsunternehmen. Aus aufsichtlicher Perspektive ist es von Bedeutung, dass die Institute und deren Dienstleister hinsichtlich der Cyber-/IT-Risiken ausreichend sensibilisiert sind und potenzielle Schwachstellen für Cyber-Angriffe identifizieren. 

Unter Berücksichtigung dieser Risiken wurden die folgenden aufsichtlichen Schwerpunkte mit ihren wesentlichen Handlungsfeldern für das Jahr 2024 festgelegt:

1. Wirtschaftliches Umfeld und hohe Inflation

  • Auffällige Institute werden eng begleitet, die Aufsichtsintensität bei Instituten in Schieflage wird erhöht und bei Bedarf werden Krisenpläne der Institute angefordert.
  • Institutsabfragen und Querschnittsanalysen werden durchgeführt (z. B. zu Auswirkungen auf Zinspositionen im Bankbuch, zu Wohnimmobilienkrediten und zur Kreditvergabe). 
  • Es werden verstärkt Schwerpunkte nach § 30 KWG für die Prüfung der Jahresabschlüsse angeordnet und Werthaltigkeitsprüfungen durchgeführt.

2. Zinsentwicklungen

  • Der LSI-Stresstest und der Bausparkassen-Stresstest werden als horizontale Analysen durchgeführt; bei Bedarf werden weitere Maßnahmen hergeleitet.
  • Prüfungen gemäß § 44 KWG werden bei ausgewählten Instituten und ihren Dienstleistern zu den Themen Liquiditäts- und Zinsänderungsrisiko durchgeführt.

3. IT-Sicherheit

  • Es findet anlassbezogen eine Intensivierung des aufsichtlichen Dialogs bei Instituten mit hohem Cyber-/IT-Risiko statt. 
  • Zusätzlich stehen u. a. Auslagerungen und Migrationsprojekte im Fokus, wozu Schwerpunkte nach § 30 KWG angeordnet und bankgeschäftliche Prüfungen durchgeführt werden.

4. Gewerbeimmobilienmarkt

  • Wesentliches Ziel der Aufsicht ist die Überprüfung, ob sich die Markentwicklungen in den Kreditbewertungen der Institute widerspiegeln und die Risiken adäquat überwacht werden.
  • Bezüglich geplanter Maßnahmen gelten im Wesentlichen auch die Ausführungen unter 1. Wirtschaftliches Umfeld und hohe Inflation.

 

Mittelfristige Prioritäten der Aufsicht bis 2026

Digitale Transformation im Zusammenspiel mit dem demografischen Wandel

Analyse von Strategien und Plänen der Institute, Ableitung zukünftiger Aktivitäten, z. B. Umfragen, Prüfungen 

Klimawandel, Nachhaltigkeit und ökonomische Transformation

Aktivitäten bei der Rahmenrechtssetzung, Analysen zur Berücksichtigung von Klima- und Umweltrisiken in der Geschäftsstrategie und den Governance- und Risikomanagementrahmen der Institute, Durchführung von ESG-Prüfungen

Governance

Intensive Auseinandersetzung mit Geschäftsleitungen/Aufsichtsorganen, Schwerpunktsetzungen gemäß § 30 KWG und horizontale Analysen zu ausgewählten Aspekten