Marktrisiko

Marktrisiken sind Verlustrisiken an bilanziellen und außerbilanziellen Positionen, die sich aus nachteiligen Marktpreisbewegungen ergeben. Die Capital Requirements Regulation (CRR) regelt die Eigenkapitalunterlegung von Fremdwährungs- und Rohwarenrisiken des Anlagebuchs und des Handelsbuchs eines Instituts sowie die Positionsrisiken (zins- und aktienkursbezogene Risiken) des Handelsbuchs. Die Ermittlung der Marktrisiken erfolgt mittels Standardverfahren oder institutsinternen Risikomodellen.

Regelungen des Standardansatzes

Die Eigenmittelanforderungen des Standardansatzes sind in den Artikeln 326 bis 361 CRR geregelt. Hier finden sich für Instrumente einer jeden Risikokategorie Berechnungsvorschriften zur Ermittlung des jeweiligen Anrechnungsbetrages. Technische Regulierungsstandards, technische Durchführungsstandards und Guidelines, siehe unten, ergänzen die Regelungen der CRR.

Regelungen für interne Marktrisikomodelle

Die Vorschriften für die Eigenmittelanforderung mittels internen Marktrisikomodellen finden sich in den Artikeln 362 bis 377 CRR. Die Nutzung eines eigenen Risikomodells für eine oder mehrere Risikokategorien anstelle oder in Verbindung mit den Standardverfahren ist nur nach Erlaubnis der zuständigen Behörden möglich.

Änderungen und Erweiterungen an internen Marktrisikomodellen

Bei wesentlichen Modelländerungen und Erweiterungen ist eine Genehmigung erforderlich. Wird an einem genehmigten Risikomodell eine nicht wesentliche Veränderung oder Erweiterung notwendig, so ist dies den Behörden anzuzeigen und ggf. ist eine gesonderte Erlaubnis der zuständigen Behörden nötig. Die Vorgehensweise bei Modelländerungen und -erweiterungen ist in einem technischen Regulierungsstandard niedergeschrieben.

Anrechnungsbetrag aus internen Marktrisikomodellen

Der Anrechnungsbetrag bei Nutzung eines internen Modells ist die Summe verschiedener Komponenten, die wiederum nach bestimmten Berechnungsvorschriften ermittelt werden. Grundsätzlich sind immer Maßzahlen für das Risikopotenzial (Value at Risk, VaR) und für das Risikopotenzial unter Stressbedingungen (Stressed VaR) zu berechnen. Im Falle der Modellierung des spezifischen Risikos von Schuldtiteln ist zusätzlich der Anrechnungsbetrag für das Ausfall- und Migrationsrisiko (IRC) zu berechnen. Auf freiwilliger Basis können in die Berechnung des Anrechnungsbetrags für das Ausfall- und Migrationsrisiko börsennotierte Aktien und entsprechende Derivate einbezogen werden. Ebenfalls auf freiwilliger Basis kann der Anrechnungsbetrag für das Korrelationshandelsportfolio mit Hilfe eines internen Modells (Comprehensive Risk Measure, CRM) berechnet werden.

Das erwähnte Risikopotenzial unter Stressbedingungen und die Modellierung des Ausfall- und Migrationsrisikos (IRC, s.o.) waren u. a. Teil einer umfassenden Überarbeitung der Regelungen für die Risikomessung von Marktrisiken („Basel 2.5“), welche als Reaktion auf die Finanzkrise vom Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht 2009 eingeführt und in der EU zum 31. Dezember 2011 umgesetzt wurde.

Auf die Maßzahlen Risikopotenzial und Risikopotenzial unter Stressbedingung ist ein Multiplikationsfaktor anzuwenden. Der Multiplikationsfaktor beträgt mindestens 3 und kann bei qualitativen Mängeln auch höhere Werte annehmen (qualitativer Zuschlagsfaktor). Sollten im Rahmen des täglichen Rückvergleichs die hypothetischen und tatsächlichen Verluste des Portfoliowerts den VaR betraglich überschreiten, erhöht sich je nach Anzahl dieser Überschreitungen der Multiplikationsfaktor darüber hinaus um Werte zwischen 0 und 1 nach Maßgabe der Tabelle in Art. 366 CRR (quantitativer Zuschlagsfaktor).

Leitfaden für die Interpretation der CRR-Anforderungen für Interne Modelle

Zur gezielten Überprüfung der internen Modelle hat die EZB im Februar 2017 das Projekt Targeted Review of Internal Models (TRIM) initiiert. Ziel des TRIM war es, die Angemessenheit der verwendeten internen Modelle innerhalb des Single Supervisory Mechanism (SSM) anhand eines einheitlichen Leitfadens zu überprüfen und die nicht auf Risiken basierende Variabilität modellbasierter Kapitalanforderungen zu verringern.

Nach Durchführung der vorgesehenen Prüfungen im Bereich der Marktrisikomodelle erfolgte auf Basis der gewonnenen Erkenntnisse eine Anpassung des Leitfadens. Nach Konsultation des Leitfadens erfolgte die Veröffentlichung in seiner finalen Form von der EZB am 08.07.2019. Eine konsolidierte Fassung (allgemeine und risikospezifische Kapitel umfassend) steht seit 01.10.2019 als ECB Guide to Internal Models (EGIM) zur Verfügung. Im Juni 2023 wurde eine aktualisierte Version des EGIM zur Konsultation gestellt und im Anschluss daran wurden die Konsultationsergebnisse aufsichtsintern bearbeitet. Eine Veröffentlichung des aktualisierten EGIM erfolgte am 19.02.2024. 

Fundamental Review of the Trading Book (FRTB)

Der Baseler Ausschuss hat sowohl den Standard- als auch den Internen Modelleansatz konzeptionell und methodisch grundlegend überarbeitet und die Handelsbuchdefinition konkretisiert. Das neue Baseler Marktrisiko-Rahmenwerk, Fundamental Review of the Trading Book (FRTB), wurde mit finalen Änderungen im Januar 2019 beschlossen und publiziert. Der Zeitplan für die in der EU ursprünglich geplante, stufenweise Umsetzung der FRTB-Regelungen (Art. 430b (3) und 461a CRR) hat sich auch im Kontext der COVID-19-Maßnahmen verschoben.  Die Meldeverpflichtung für den FRTB-Standardansatz trat zum 30.09.2021 in Kraft.

Für die Eigenmittelunterlegung sieht der von der EU-Rat am 06.12.2023 veröffentlichte Entwurf der CRR den Beginn der Verwendung der neuen Ansätze (FRTB-Standardansatz und -Modelleansatz) für 01.01.2025 vor. Bis zu diesem Zeitpunkt berechnen die Banken ihre Eigenmittel weiterhin nach den Regelungen des geltenden Rahmenwerks. 

Der aktuelle CRR-Entwurf räumt der EU-Kommission unter bestimmten Bedingungen die Option einer weiteren Verschiebung der Anwendung der Vorgaben für die Eigenmittelermittlung um bis zu 2 Jahre ein (vgl. Art. 461a(b) CRR-Entwurf). Ferner wird die Option vorübergehender Skalierungen von Eigenmittelergebniswerten auf verschiedenen Ebenen der Eigenmittelermittlung eröffnet (vgl. Artikel 461a(a) CRR-Entwurf). Hintergrund dieser Optionen ist, eine global konsistente Umsetzung der Baseler Regelungen zu unterstützen. Zugleich stärkt der neue Artikel 325c CRR-Entwurf die Implementierungsqualität des neuen FRTB-Standardansatzes sowie dessen aufsichtlichen und bankinternen Überprüfungsprozesse.