Bundesbank: Beitragssenkung bei Arbeitslosen­versicherung möglich

Gebäude der Zentrale der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg ©Bundesagentur für Arbeit
Zentrale der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg
Die Bundesbank hat in ihrem jüngsten Monatsbericht mögliche finanzielle Spielräume für eine Beitragssenkung zur Arbeitslosenversicherung in Deutschland ausgelotet. In dem Beitrag verweisen die Bundesbank-Ökonomen unter anderem auf die aktuell günstige Arbeitsmarktsituation. Insofern erscheine zunächst ein weiterer Rücklagenaufbau durchaus angemessen, argumentieren sie. Bleibe die Lage am Arbeitsmarkt dauerhaft so wie derzeit, wäre dann eine nochmalige leichte Absenkung des Beitragssatzes finanziell verkraftbar. Voraussetzung ist nach Auffassung der Bundesbank, dass die sparsame Haushaltspolitik insbesondere im Hinblick auf Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik beibehalten werde.

Im Bericht sprechen sich die Bundesbank-Ökonomen dafür aus, die Finanzierung versicherungsfremder Leistungen der Bundesagentur für Arbeit (BA) wie beispielsweise Rehabilitationsmaßnahmen zu überprüfen. "Grundsätzlich sollten die vom Staat zugewiesenen versicherungsfremden Leistungen aus allgemeinen Steuermitteln finanziert werden, um nicht allein die Beitragszahler zu belasten", fordern sie. In dem Bericht kritisieren sie, dass Zuschüsse des Bundes in der Vergangenheit "relativ willkürlich" erfolgt seien. Dabei sei "mitunter der Eindruck eines finanzpolitischen Verschiebebahnhofs nach der jeweiligen Kassenlage" entstanden.

Versicherungsleistungen begründen

Um zukünftig besser zwischen versicherungskonformen und versicherungsfremden Leistungen unterscheiden zu können, regt die Bundesbank eine konkrete Auflistung sowie eine Begründungspflicht durch den Gesetzgeber an. Die BA beziffert den Anteil versicherungsfremder Leistungen an ihren Ausgaben derzeit auf etwa 10 %.

Weitere Ansatzpunkte für eine Senkung des Beitragssatzes zur Arbeitslosenversicherung sieht die Bundesbank grundsätzlich in der Überprüfung von Leistungen der BA. Als Beispiele nennen die Autoren die Höhe oder die Bezugsdauer beim Arbeitslosengeld (ALG) I. So seien Leistungssätze, die sich nach dem Kriterium der Kindererziehung unterschieden, eher nicht mit dem Charakter einer Arbeitslosenversicherung vereinbar. Auch ein längerer Bezug von Arbeitslosengeld I bei höherem Alter der Betroffenen sei eher ein gesonderter staatlicher Transfer als denn regulärer Teil einer Versicherung gegen das Risiko der Arbeitslosigkeit. Änderungen daran schienen derzeit aber nicht auf der Agenda zu stehen, heißt es im Bericht.

Positive Effekte auf die finanzielle Lage der Arbeitslosenversicherung versprechen sich die Bundesbank-Ökonomen auch von einem möglich weiteren Ausbau der Kinderbetreuung. Dies "könnte die Erwerbsbeteiligung zahlreicher Empfänger von ALGII, insbesondere von Alleinerziehenden, perspektivisch weiter erhöhen und damit zu einer Entlastung bei den arbeitsmarktbezogenen Ausgaben führen", heißt es im Bericht.

Europäische Arbeitslosenversicherung nicht überzeugend

Ablehnend äußern sich die Bundesbank-Ökonomen dagegen zu Vorschlägen, die Aufgaben der nationalen Arbeitslosenversicherungen teilweise auf eine europäische Arbeitslosenversicherung zu verlagern. Entsprechende Ideen hatte die EU-Kommission ins Spiel gebracht.

Mit dem Ausgleich struktureller Unterschiede würden nach ihrer Einschätzung dauerhafte und längerfristige Transfers zwischen den Ländern einhergehen. "Dies erscheint allenfalls erwägenswert, wenn die Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitik auf der europäischen Ebene stärker zentralisiert wird, da nationale wirtschaftspolitische Entscheidungen andernfalls starke finanzielle Auswirkungen auf andere Staaten haben würden", schreiben sie. Dafür zeichne sich aber derzeit keine Mehrheit ab.

Ausgleichssysteme zur Konjunkturstabilisierung über Ländergrenzen hinweg halten die Bundesbank-Ökonomen vor diesem Hintergrund für nicht hilfreich. Aus ihrer Sicht stellen konjunkturbedingte nationale Finanzierungsbedarfe im Fall solider öffentlicher Haushalte kein Problem dar. So könnten Rücklagen aufgezehrt oder Kredite aufgenommen werden, die in besseren Zeiten wieder aufgestockt bzw. getilgt werden könnten. "Insgesamt erscheinen die Vorschläge für eine europäische Arbeitslosenversicherung nicht überzeugend", heißt es im Monatsbericht.