Bundesbank-Prognose: Deutsche Wirtschaft setzt starken Aufschwung fort

Die deutsche Wirtschaft befindet sich in einem starken Aufschwung. "Wir werden nicht nur im laufenden Winterhalbjahr ein anhaltend hohes konjunkturelles Grundtempo sehen, sondern auch im weiteren Verlauf des Jahres 2018 wird die deutsche Wirtschaft kräftig expandieren", kommentierte Bundesbankpräsident Jens Weidmann die aktuelle Prognose der Bundesbank. Angetrieben durch eine lebhafte Nachfrage aus dem Ausland wachse das Verarbeitende Gewerbe dynamisch und die kräftige Belebung der gewerblichen Investitionen setze sich fort, heißt es in dem Bericht, den die Bundesbank halbjährlich veröffentlicht. Der private Konsum und die Investitionen in den Wohnungsbau profitierten weiterhin von der hervorragenden Lage am Arbeitsmarkt. Vor diesem Hintergrund könnte die deutsche Wirtschaft im laufenden und im kommenden Jahr kalenderbereinigt um 2,6 beziehungsweise 2,5 Prozent wachsen. Im Vergleich zur Juni-Prognose haben die Bundesbank-Expertinnen und Experten ihre Erwartungen damit deutlich nach oben korrigiert. Damals waren sie noch von einem Wachstum von 1,9 Prozent im laufenden Jahr, 1,7 Prozent im Jahr 2018 und 1,6 Prozent 2019 ausgegangen.

Stark ausgelastete Kapazitäten

Für die Jahre 2019 und 2020 erwarten die Expertinnen und Experten, dass die deutsche Wirtschaft mit geringeren Raten wächst: um 1,7 Prozent im Jahr 2019 und 1,5 Prozent im Jahr 2020. "Die weiteren Wachstumsmöglichkeiten werden vor allem durch die stark ausgelasteten Kapazitäten und insbesondere das knappe Arbeitsangebot begrenzt", sagte Weidmann. Laut dem Bericht liegen die Wachstumsraten des Bruttoinlandsprodukts vor allem kurzfristig deutlich über denjenigen des Produktionspotenzials. "Die gesamtwirtschaftlichen Kapazitäten könnten zügig ähnlich stark ausgelastet sein wie zum Hochpunkt des letzten Konjunkturzyklus im Jahr 2007", schreiben die Expertinnen und Experten. Außerdem verlören die derzeit besonders lebhaften Exporte an Dynamik.

Engpässe am Arbeitsmarkt

Die Lage am Arbeitsmarkt entwickelte sich den Fachleuten zufolge im Frühjahr und Sommer des laufenden Jahres günstig. Diese Entwicklung werde sich um die anstehende Jahreswende fortsetzen. Den Frühindikatoren zufolge dürfte die Beschäftigung weiter kräftig steigen und die Zahl der Arbeitslosen sinken, schreiben die Bundesbank-Fachleute. Aufgrund der demografischen Entwicklung und wanderungsbedingt werde sich der Fachkräftemangel verstärken. "Für das zukünftige Arbeitsangebot ganz entscheidend ist, dass sich wesentlich weniger Personen aus anderen EU-Mitgliedsländern nach Deutschland orientieren", schreiben die Bundesbank-Expertinnen und Experten. In den mittel- und osteuropäischen Herkunftsländern seien die Einkommen zuletzt deutlich stärker gestiegen als in Westeuropa. Zudem sinke dort und in den südeuropäischen EU-Ländern die Arbeitslosigkeit und in der Folge die Wahrscheinlichkeit, dass Personen nach Deutschland migrierten.

Angesichts der erwarteten Engpässe am Arbeitsmarkt erwarten die Expertinnen und Experten steigende Löhne. "Vor allem aufgrund der hervorragenden konjunkturellen Lage, die sich auch in stärkeren Produktivitätszuwächsen niederschlägt, und der deutlich zunehmenden inländischen Arbeitsmarktanspannung, aber auch wegen der mittlerweile höheren Inflationsraten wird angenommen, dass die Sozialpartner in der 'großen' Tarifrunde 2018 spürbar höhere Abschlusssätze aushandeln als zuvor", heißt es in dem Bericht. Da sich die Personalengpässe in den Jahren 2019 und 2020 voraussichtlich weiter verstärken werden, dürften die Tarifverdienste dann noch dynamischer steigen als im Jahr 2018.

Steigende Verbraucherpreise

Die Expertinnen und Experten prognostizieren auch die Preisentwicklung. Gemessen am Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) ziehe die Inflationsrate im Durchschnitt des laufenden Jahres wegen deutlich gestiegener Rohölnotierungen sowie Verknappungen bei Nahrungsmitteln erheblich auf 1,7 Prozent an. Bis zum Jahr 2019 dürfte sie ähnlich hoch bleiben, im Jahr 2020 könnte sie auf 1,9 Prozent steigen. Dabei verdecken den Bundesbank-Fachleuten zufolge vor allem die annahmegemäß kaum noch weiter steigenden Energiepreise einen zunehmenden Preisdruck bei anderen Waren und Dienstleistungen, der hauptsächlich aus dem dynamischeren Lohnanstieg resultiert. Ohne Energie und Nahrungsmittel gerechnet dürfte sich die Preissteigerungsrate deshalb von 1,3 Prozent im laufenden Jahr auf 1,9 Prozent im Jahr 2019 ausweiten. Im Jahr 2020 ist laut Prognose ein Wert von 2,1 Prozent vorstellbar.

Die Expertinnen und Experten analysieren zudem, welche Entwicklungen ihre Prognosen beeinflussen könnten. Es sei zu erwarten, dass nach Bildung einer neuen Bundesregierung zusätzliche Haushaltsbelastungen beschlossen werden und die Fiskalpolitik insoweit expansiver ausfalle, sagte Bundesbankpräsident Weidmann. Dies sei ein wesentlicher Grund, weshalb das Wirtschaftswachstum, und in geringem Umfang auch der Preisanstieg, unter Umständen noch etwas stärker ausfallen könnten als jetzt prognostiziert, erklärte er.