Bundesbank rechnet mit stagnierender Wirtschaft im zweiten Quartal
Die Wirtschaftsleistung in Deutschland ist im ersten Quartal 2025 gestiegen, schreibt die Bundesbank im jüngsten Monatsbericht. Das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) erhöhte sich laut Schnellmeldung des Statistischen Bundesamtes saisonbereinigt um 0,2 Prozent gegenüber dem Vorquartal. Die Produktion in der Industrie konnte im Mittel des ersten Quartals deutlich gegenüber dem Vorquartal zulegen, nachdem sie zuvor seit fast zwei Jahren nahezu kontinuierlich gesunken war. Grund dafür dürften eine etwas verbesserte Auftragslage sowie Vorzieheffekte wegen der angekündigten Anhebung der US-Zölle gewesen sein. Diese Effekte trugen ebenfalls dazu bei, dass die Warenexporte deutlich zulegen konnten. Nicht zuletzt nutzten die Verbraucherinnen und Verbraucher wohl die im vergangenen Jahr stark gestiegenen Löhne teilweise für zusätzliche Konsumausgaben.
Nur wenig Bewegung auf dem Arbeitsmarkt
Die Arbeitslosigkeit erhöhte sich im ersten Quartal 2025 moderat
, heißt es in dem Bericht. Im Durchschnitt der ersten drei Monate 2025 waren saisonbereinigt 2,9 Millionen Menschen als arbeitslos registriert. Das sind rund 38.000 mehr als im letzten Quartal 2024. Dies entspricht eine Arbeitslosenquote von 6,2 Prozent. Zumindest kurzfristig sehen die Fachleute die Aussichten mit Blick auf verschiedene Indikatoren für den Arbeitsmarkt weiterhin gedämpft.
Inflationsrate stieg im ersten Quartal erneut leicht an
Im ersten Quartal 2025 stiegen die Verbraucherpreise, gemessen am Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI), im Vergleich zum Vorquartal saisonbereinigt um 0,7 Prozent. Treiber waren vor allem die Dienstleistungen. Hier schlug sich auch die merkliche Verteuerung des Deutschlandtickets nieder. Außerdem stiegen die Energiepreise wieder an, insbesondere die Preise für Kraftstoffe. Im Vorjahresvergleich stieg die Inflationsrate (HVPI) im ersten Quartal leicht auf 2,6 Prozent, nach 2,5 Prozent im vierten Quartal 2024. Die Kernrate, ohne Energie und Nahrungsmittel, blieb unverändert bei 3,2 Prozent. Aktuell sei der Ausblick auf die Inflationsentwicklung besonders unsicher, schreiben die Fachleute. Aus gegenwärtiger Sicht dürfte die Inflationsrate in den kommenden Monaten um 2 Prozent schwanken.
Deutsche Wirtschaft dürfte im zweiten Quartal in etwa stagnieren
Die Bundesbank geht davon aus, dass die deutsche Wirtschaft im zweiten Quartal in etwa auf der Stelle treten könnte. Vielfältige Belastungsfaktoren bestehen fort und mit der verschärften Zollpolitik der US-Regierung kommt zusätzlicher Gegenwind hinzu
, schreiben die Fachleute. Dies treffe insbesondere die Exportwirtschaft, die ohnehin mit einer schwierigen Wettbewerbsposition und schwacher Nachfrage zu kämpfen habe. Zudem belasteten nicht nur die Zölle, sondern auch die mit den Finanzmarktreaktionen auf die US-Handelspolitik einhergehende Aufwertung des Euro die Exporte.
Die mit dem Zollkonflikt verbundene Unsicherheit beeinträchtige die Planungssicherheit und damit die Investitionsbereitschaft der Unternehmen. Vom privaten Konsum könnte erneut etwas Auftrieb ausgehen. Zwar sind von den Arbeitseinkommen angesichts des schwachen Arbeitsmarktausblicks und des nachlassenden Lohnwachstums kurzfristig keine Impulse zu erwarten. Die Verbraucherstimmung hellte sich jedoch im April gemäß Umfragen des Marktforschungsinstitutes GfK auf, und dabei ging auch die Sparneigung deutlich zurück.
Pläne der neuen Bundesregierung könnten langfristiges Wachstum stärken
Der Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung enthält angebotsseitige Vorhaben, die das langfristige Wachstum der deutschen Volkswirtschaft stärken können
, schreiben die Fachleute. Dies gelte insbesondere für Maßnahmen zur Verbesserung des Umfelds für Unternehmensinvestitionen, wie etwa den Vorhaben zum Bürokratieabbau oder den geplanten steuerlichen Investitionsanreizen.
Bei der Energiewende vermisst die Bundesbank noch ein schlüssiges Gesamtkonzept. Mit effizienzsteigernden Maßnahmen und marktbasierten Mechanismen können die Kosten der Energiewende begrenzt werden
, heißt es im Monatsbericht. Die Pläne der neuen Regierung zielten zum Teil in diese Richtung: zum Beispiel sei geplant, beim Netzausbau stärker auf günstige Freiluftleitungen zu setzen. Weniger überzeugend seien hingegen Subventionen, wie beispielsweise bei Nutzentgelten oder dem Industriestrompreis, angedacht. Auch bei der Dekarbonisierung sei es sinnvoll, sich auf marktwirtschaftliche Anreizmechanismen zu konzentrieren. Für effiziente Preisanreize wäre auf der EU-Ebene aber darauf hinzuwirken, die CO₂-Bepreisung möglichst gleichmäßig und ohne Ausnahme auf alle Sektoren anzuwenden
, schreiben die Fachleute.
Bei den Plänen zur Stärkung des Arbeitsangebotes sieht die Bundesbank Nachholbedarf. Zwar würden einzelne Maßnahmen wie die geplante Bürgergeldreform das Arbeitsangebot steigern. An vielen Stellen blieben jedoch inländische Reserven ungenutzt. Hier vermissen die Bundesbank-Expertinnen und Experten beispielsweise Maßnahmen zur Aktivierung des Arbeitsangebotes von Älteren oder Erhöhung des Arbeitsangebots von Frauen. Außerdem drohten deutlich steigende Sozialversicherungsbeiträge die Arbeitsanreize (und über höhere Arbeitskosten die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Exportwirtschaft) zu belasten, heißt es im Monatsbericht.