Dombret zieht positives Fazit nach sechs Monaten gemeinschaftlicher Bankenaufsicht

Andreas Dombret bei der ILF-Konferenz
Am 4. November 2014 hat die Europäische Zentralbank (EZB) die Aufsicht über die rund 120 größten und bedeutendsten Banken des Euro-Raums übernommen. Seitdem sind sechs Monate vergangen. Und aus Sicht von Bundesbank-Vorstand Andreas Dombret überwiegen bislang die Vorteile der gemeinsamen Aufsicht. Aufbauend auf einer gemeinsamen statistischen Datenlage und den Erfahrungen der nationalen Aufseher sei die gesamteuropäische Aufsicht auf einem guten Weg, einen einheitlich geltenden Aufsichtsrahmen zu etablieren, sagte er bei einer Konferenz in Frankfurt am Main. Dieser biete das Potenzial, alle Banken des europäischen Währungsgebiets nach den gleichen hohen Standards zu beaufsichtigen.

Aufsichtsregeln auch für kleine Banken vereinheitlichen

Um die gemeinsame europäische Aufsicht entsprechend dieser Anforderungen zu einem langfristigen Erfolg zu machen, müssen europäische Aufseher aus Sicht von Dombret aber noch einige Hürden meistern. Dazu gehöre insbesondere die einheitliche Anwendung von Regulierungsvorschriften in allen Ländern. Laut Dombret gibt es im europäischen Aufsichtsrecht immer noch mehr als 150 Wahlrechte. Diese würden bisher auf nationaler Ebene sehr unterschiedlich ausgeübt. Deshalb müssten die EZB und die nationalen Aufseher genau darauf achten, welche Auslegungen der Regeln spezifische nationale Marktgegebenheiten und Banktypen reflektierten. "Diejenigen, die das nicht tun, sollten wir auslaufen lassen", sagte Dombret. Die EZB und die nationalen Aufseher bewerteten derzeit die verschiedenen Wahlrechte und stimmten gemeinsame Standards ab.

Diese Standards gelten dann auch für die von der EZB als "weniger signifikant" eingestuften Banken, die im Gegensatz zu den rund 120 Großbanken von der EZB lediglich indirekt beaufsichtigt werden. Für ihre Überwachung sind weiter die jeweiligen nationalen Aufseher zuständig. Das sind in Deutschland die Bundesbank und die nationale Finanzaufsicht Bafin. Dass die Aufsicht über die "weniger signifikanten" Banken bei den nationalen Aufsehern verbleibt, ist aus Sicht von Dombret die effizienteste und effektivste Lösung, die auch dem Subsidiaritätsprinzip entspreche. In Deutschland fallen immerhin etwa 1 700 Institute unter die rein nationale Aufsicht durch Bundesbank und BaFin. Das ist rund die Hälfte aller Institute im europäischen Währungsgebiet, die von der EZB als "weniger signifikant" klassifiziert wurden.

Als weitere Herausforderungen nannte Dombret einen angemessenen Einsatz der Bankenaufseher. Es habe sich gezeigt, dass die Arbeitsbelastung der Aufseher gerade in kleineren Aufsichtsteams überproportional hoch sei. Es müsse darauf geachtet werden, dass die gemeinsamen Aufsichtsteams  in jedem Fall groß genug seien, um ihre Aufgaben effektiv zu erfüllen. In den sogenannten Joint Supervisory Teams beaufsichtigen Mitarbeiter der EZB und nationale Aufseher gemeinsam diejenigen Banken, die unter die direkte Aufsicht der EZB fallen. Gemessen an der Komplexität des Projekts Bankenaufsicht läuft die tägliche Arbeit aus Sicht des Bundesbank-Vorstands aber bereits sehr gut. Viele Aufseher hätten jahrelang ausschließlich in ihrem eigenen Land gearbeitet und müssten sich nun sehr schnell auf ein internationales Arbeitsumfeld einstellen. "Für die Aufseher ist diese Aufgabe spannend und herausfordernd", so Dombret.

Finanzkrisen früher erkennen

Neben einer möglichst einheitlichen Aufsicht ist ein weiteres Ziel der gemeinsamen Aufsicht, Schieflagen grenzüberschreitend tätiger Banken besser handhaben zu können. Die Gefahr neuer Finanzkrisen soll so frühzeitig gebannt werden. "Den Ausfällen der französisch-belgischen Bank Dexia im Jahr 2011 und der deutschen Hypo Real Estate im Jahr 2009 hätte durch einen stärkeren Fokus auf eine grenzüberschreitende Aufsicht besser entgegen gewirkt werden können", sagte Dombret. Schließlich operierten insbesondere große Banken meist in mehreren Ländern. Ein halbes Jahr nach dem Start der gemeinsamen Aufsicht arbeiteten die Aufseher nun viel stärker grenzüberschreitend. "Eine positive Konsequenz der Finanzkrise ist, dass Aufseher aller Länder viel mehr miteinander sprechen", so Dombret. Zudem sorge die Zusammensetzung der Joint Supervisory Teams mit Aufsehern verschiedener Nationalitäten dafür, dass Aufseher die Banken ihres eigenen Landes nicht aus nationalen Interessen heraus bevorzugt behandeln würden.