Editierte Abschrift der Frage- und Antwortrunde anlässlich der Pressekonferenz am 13.10.2020 Vorstellung des Finanzstabilitätsberichts 2020 mit Frau Prof. Dr. Claudia Buch, Vizepräsidentin der Deutschen Bundesbank und Prof. Dr. Joachim Wuermeling, Mitglied des Vorstands der Deutschen Bundesbank

Frage:

Sie beobachten den Immobilienmarkt doch genauer. Was erwarten Sie in der Zukunft? Könnte es dort auch bedenkliche Entwicklungen geben?

Prof. Dr. Claudia Buch

Wir haben keine Prognosen oder Szenario-Analysen bezüglich des Immobilienmarktes in diesem Bericht gemacht. Wir schauen uns die Indikatoren an, die wir auch in den früheren Finanzstabilitätsberichten sehr ausführlich besprochen haben. Im vorliegenden Bericht gibt es dort einige Aktualisierungen. Wir sehen beim Wohnimmobilienmarkt weiter eine gewisse Preisdynamik. Bei den Gewerbeimmobilien ist das etwas differenzierter, da lässt die Preisdynamik nach. Aber die Preise brechen jetzt nicht ein, das sind vielmehr relativ kleine Veränderungen oder ein geringerer Anstieg als in der Vergangenheit. Zudem schauen wir uns die Verschuldungssituation an. Die privaten Haushalte in Deutschland sind im internationalen Vergleich gering verschuldet. Sehr stark stabilisierend hat hier auch das Kurzarbeitergeld gewirkt, sodass die Einkommensunsicherheiten für die privaten Haushalte im Moment noch gar nicht so drückend sind. Wenn man dann noch die Kreditvergabestandards hinzunimmt und die tatsächlichen Risiken, dann sehen wir insgesamt noch ein Bild, wo wir keine besonderen Warnungen aussprechen müssen. Aber wir sind sehr aufmerksam und schauen uns dieses Bündel an Indikatoren an. Beim Gewerbeimmobilienmarkt haben wir zum Teil noch eine etwas schlechtere Informationslage, weil dieser Markt auch sehr viel ausdifferenzierter ist als der Markt für Wohnimmobilien. Hier deutet wie im vergangenen Jahr ein Bündel von Indikatoren auf keine besondere Schieflage hin. Aber wir sind sehr aufmerksam, weil im Moment Prognosen und das Berechnen von Szenarien schwierig sind.

Prof. Dr. Joachim Wuermeling

Im Hinblick auf die Wohnimmobilien wird es in erster Linie von der Entwicklung der privaten Einkommen, also Arbeitslosigkeit und Ähnlichem, abhängen. Im Moment sehen wir überhaupt noch keine Auswirkung. Was die Gewerbeimmobilien angeht, sind aber erste Auswirkungen spürbar, da besonders der Einzelhandel, aber auch Gaststätten, durch den Lockdown betroffen sind. Für die mittel- und langfristigen Auswirkungen ist es wichtig, wie sich Homeoffice-Arbeitsplätze und Ähnliches entwickeln werden. Aber im Moment zeichnen sich keine wirklichen Trends ab. Kurzfristig besteht da bestimmt keine große Gefahr. Wie sich dieser Trend tatsächlich auf die Flächennachfrage auswirken wird, das kann derzeit niemand verlässlich vorhersagen. Eine akute Gefährdung aus dem Immobilienbereich sehen wir aber im Moment für die Banken nicht.

Frage:

Sie sagen, es wird mit einer Steigerung der Insolvenzen gerechnet. Werden diese Insolvenzen vor allen Dingen von der Anzahl her im Dienstleistungsgewerbe erwartet oder im verarbeitenden Gewerbe? Und wann wird diese Insolvenzwelle losgehen?

Prof. Dr. Claudia Buch

Zunächst einmal bezieht sich die Prognose auf die kommenden Monate. Wir haben keine längerfristige Prognose erstellt, weil dann die Unschärfe in den Modellen zunimmt. Zum ersten Quartal des kommenden Jahres könnte gemäß unserem Prognose-Modell die Gesamtzahl der Insolvenzen auf 6.000 steigen. Das wären weniger als in der globalen Finanzkrise. Es wären auch weniger als Anfang der 2000er-Jahre, als wir ja realwirtschaftliche Spannungen hatten. Prozentual oder relativ betrachtet, ist der Anstieg stärker im verarbeitenden Gewerbe. Die Zahl ist höher bei den Dienstleistungen, weil das zum Teil kleinere Betriebe sind. In das Prognose-Modell gehen auch unsere volkswirtschaftlichen Annahmen und Rahmenbedingungen ein, es beruht auf Zahlen der Vergangenheit. Von daher sollten Sie das nicht wörtlich nehmen, dass also genau in dem Monat das und das passiert, sondern das ist über die nächsten Monate berechnet. Man muss natürlich beachten, dass die Insolvenz-Antragspflicht bis vor kurzem ausgesetzt war, zumindest für den wesentlichen Teil der Insolvenzen. Von daher erwarten wir schon, dass es in nächster Zeit zu einem gewissen Anstieg kommt. Zudem könnten viele Unternehmen auch außerhalb von Insolvenzverfahren aus dem Markt ausscheiden. Wir sehen uns daher auch Gewerbeabmeldungen oder Restrukturierungen an, die vor einem formalen juristischen Insolvenzverfahren stattfinden.

Frage:

Ich habe eine Frage zum Dividendenverbot, das ja auch einiges böses Blut nach sich gezogen hat. Wenn man sich das anschaut, wird sich das Ganze mit den Insolvenzen noch verschieben. Das heißt, das dicke Ende kommt erst noch. Ist es dann nicht angesagt, dass das Dividendenverbot noch das ganze nächste Jahr gelten muss? Im Moment ist es noch bis Ende dieses Jahres befristet. Muss man nicht den Ausblick bis nächstes Jahr wagen, um einen besseren Überblick zu bekommen? Im Moment ist an tatsächlichen Ausfällen bei den Banken noch kaum etwas zu sehen.

Prof. Dr. Joachim Wuermeling

In der Tat handelt es sich nicht um ein Dividendenverbot im klassischen Sinne, sondern um eine Empfehlung an die Banken, auf Ausschüttungen zu verzichten. Diese wurde damals ausgesprochen vom SSM und auch von der BaFin und von uns so vollzogen zu einem Zeitpunkt, als die Unsicherheit extrem groß war und man deswegen alle Anstrengungen unternehmen wollte, die Mittel im Finanzsystem zu halten. Mittlerweile sehen wir doch etwas klarer. Auch die vielen Analysen im Finanzstabilitätsbericht zeigen, dass die Dinge trotz der bestehenden Unsicherheit absehbarer geworden sind. Und wir sehen auf der anderen Seite, dass die Sorge von Investoren, ihre Dividende nicht zu bekommen, auch dazu führt, dass weniger in die Banken investiert wird. Das heißt dort, wo die Banken den Bedarf haben, Eigenkapital aufzunehmen, stoßen sie auf neue Hindernisse. Deswegen hat die BaFin beschlossen, für die nicht systemisch relevanten Institute eine Einzelfallprüfung vorzunehmen. Dort, wo eine hohe Kapitalausstattung besteht und auch eine Rentabilität absehbar ist, die in einem guten Bereich ist, wird man nicht auf der Einhaltung dieser Empfehlung bestehen. Insofern ist ein Einzelfall- oder institutsbezogenes Vorgehen sicherlich sinnvoll, denn die Banken befinden sich in sehr unterschiedlicher Verfassung.

Frage:

Welche Institute sind möglicherweise von einer Pleitewelle stärker betroffen? Es gibt Beobachter, die sagen, dass dies Sparkassen und Volksbanken wären. Wie sehen Sie das?

Prof. Dr. Claudia Buch

Zunächst einmal sprechen wir nicht von einer Pleitewelle, sondern von zunehmenden Insolvenzen. Die Frage ist, wie das auf die Banken wirkt, ob diese dann ihre Kreditvergabe möglicherweise zurückfahren müssten, um ihre Kapitalquoten einzuhalten. Deswegen ist es wichtig, dass die Banken sich gut darauf vorbereiten. Das betrifft alle Institute, weil – und diesen Punkt hat Herr Wuermeling gerade angesprochen – nach wie vor eine sehr große Unsicherheit besteht, wie es mit der Pandemie weitergeht und welche Schäden in der Realwirtschaft schon eingetreten sind. Es ist sehr wichtig, sich nicht allein die einzelnen Institutsgruppen anzusehen und zu überlegen, welche Institutsgruppe stärker betroffen ist von einem Anstieg der Insolvenzen und als Folge von Wertberichtigungen. Denn es gibt auch innerhalb der Institutsgruppen zum Teil eine starke Heterogenität oder unterschiedliche Geschäftsmodelle. Was die regionale Betroffenheit angeht, ist es wichtig, auch die aufsichtlichen Informationen hinzuzuziehen, die das noch besser differenzieren können. Wir haben deshalb keine Aussage im Bericht, dass die eine oder die andere Institutsgruppe stärker betroffen ist.

Prof. Dr. Joachim Wuermeling

Das kann ich nur unterstreichen. Man kann hier schwer nach Institutsgruppen unterscheiden. Man kann sagen, dass private Banken eher risikoreichere Investitionen tätigen und bei internationalen Gewerbeimmobilien aktiv sind, während Sparkassen und Genossenschaftsbanken eher in der regionalen Wirtschaft verankert sind. Man kann hieraus aber keine besondere Betroffenheit ableiten. Auch wenn Gaststätten, Hotels, Fitness-Studios, Restaurants, Unterkünfte oder Dienstleistungsunternehmen eher kleinere und mittlere Unternehmen sind. Die Schwierigkeit bei der ökonomischen Einschätzung besteht darin, dass die Muster der Vergangenheit kaum Aussagekraft haben – das hat Frau Buch in ihrer Einführung betont. Der aktuelle Schock, der ebenso intensiv war und sehr schnell kam, bei dem aber auch die Erholung bald wieder eingesetzt hat und doch vor allen Dingen asymmetrisch war, stellt die Analyse vor große Herausforderungen. Die Betroffenheit von einzelnen Gewerben, Sektoren, aber auch einzelnen Bankenbereichen hängt nicht von ökonomischen Faktoren ab, sondern davon, wie sie vom Lockdown in der Pandemie betroffen waren. Dies lässt sich in den Modellen nicht abbilden. Letztlich hängt es vom Portfolio jeder einzelnen Bank in einer bestimmten Region ab, wie groß die Betroffenheit tatsächlich ist. Pauschalierungen sind an der Stelle kaum hilfreich.

Frage:

Ich habe eine Frage mit Blick auf das Sonderprogramm der KfW. Der Bund garantiert für Kredite im Rahmen des Sonderprogramms, die insgesamt bereits ein Volumen von mehr als 50 Milliarden erreicht haben. Welche Risiken ergeben sich konkret für den Bund, wenn wir den Blick auf künftige Kreditausfälle legen?

Prof. Dr. Claudia Buch

Zunächst einmal nimmt der Bericht keine Quantifizierung und keine Abschätzung vor, wie hoch die Risiken für den Bund sind. Dieser Schock hat das Wirtschaftssystem, die Handlungsträger in der Politik, uns alle sehr überraschend getroffen. Das Ziel der aufgelegten Programme war, dafür zu sorgen, dass funktionierende wirtschaftliche Strukturen nicht kaputtgehen. Denn das wissen wir: Es dauert sehr lange, diese Strukturen wieder aufzubauen. Unternehmen, die einmal aus dem Markt ausgeschieden sind, verlieren ihre Kunden und sie verlieren ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die Programme zielten darauf, diese Schäden zu verhindern und den Unternehmen zu helfen, die ein tragfähiges Geschäftsmodell hatten. Und deren Geschäftsmodell nur durch die massiven Eingriffe, wie den Lockdown, in Schwierigkeiten geraten ist. Man muss im Blick behalten, dass sich diese Hilfe hinterher auch auszahlen wird, wenn es darum geht, diese Kredite wieder zurückzuzahlen. Viele Unternehmen werden das auch sehr gut können. Aber wir weisen im Bericht darauf hin, dass wir die Themen zunehmende private Verschuldung und zunehmende öffentliche Verschuldung im Blick behalten müssen.

Wir können nicht alle Finanzierungsfragen, die im Zusammenhang mit der Pandemie entstanden sind, über Fremdkapital lösen. Auch der Zugang zu Eigenkapital ist ganz wichtig. Dabei muss man genau überlegen, was der Staat dazu beitragen sollte. Dazu gibt es wichtige Abwägungsfragen. Deswegen betonen wir, dass es wichtig ist, dass die Märkte für Eigenkapital funktionieren, um auch dauerhaft gute Finanzierung bereitstellen zu können.

Frage:

Nochmal eine Frage zu den drohenden Kreditausfällen. Sie hatten dazu eine Zahl genannt, aber keine absolute Höhe des drohenden Kreditausfalls. Können Sie uns damit noch weiterhelfen? Und wie würde sich das gegebenenfalls zwischen Dienstleistung und Gewerbe aufteilen?

Prof. Dr. Joachim Wuermeling

Wir gehen in dieser Simulation von einer Vervierfachung der Quote der Wertberichtigungen aus. Das gilt für Gewerbefinanzierungen, Unternehmens- und Firmenkundengeschäft. Und das würde dann im Bereich zwischen 12 und 15 Milliarden Euro liegen. Aber das ist natürlich ein Basiswert. Dem gegenüber stehen im deutschen Bankensystem regulatorische Puffer in Höhe von etwa 150 Milliarden Euro und freiwillige Puffer in Höhe von etwa 120 Milliarden Euro. Insofern dürfte das einigermaßen verkraftbar sein. So hat es Frau Buch eben auch angedeutet. Aber sie hat auch gesagt, dass diese Berechnungen mit hoher Unsicherheit behaftet sind. Wenn man andere Annahmen trifft, dann kann man leicht zu ganz anderen Ergebnissen kommen. Aber das ist der Stand unserer bisherigen Analysen.

Ich möchte noch auf einen Punkt hinweisen: Ich mache mir weniger Sorgen über die akute Belastung, die in dieser Phase auftritt. Die Banken befinden sich ohnehin in einer Umbruchsituation, und es werden an der einen oder anderen Stelle Schäden entstehen. Diese Zahlen, die wir hier vorlegen, sind eine Betrachtung im Aggregat. Die Betroffenheit kann aber sehr unterschiedlich sein. Ich hatte es schon angedeutet. Je nach Kreditportfolio können bei dem einen oder anderen Institut gravierende Schäden entstehen. Und die müssen hinterher repariert werden. Und das trifft die Banken in einer ausgesprochen schwierigen Lage, in der sie keine hohe Rentabilität haben, sich in der Niedrigzinsphase befinden und vor den Anforderungen stehen, die die Digitalisierung an sie stellt. Lassen Sie es mich so sagen: Es ist unschön, wenn bei stotterndem Motor auch noch ein Reifen platzt. Insofern gilt meine Aufmerksamkeit der Herausforderung, nach der Krise zu einem wirklich nachhaltigen, gesunden Bankensystem in Deutschland zu kommen. Und dazu sind weitaus größere Anstrengungen erforderlich, als es vor der Krise der Fall zu sein schien.

Prof. Dr. Claudia Buch

Eine Ergänzung zum Thema Wertberichtigungen. Wenn Sie sich die Simulation ansehen, werden Sie feststellen, dass der Anstieg der Insolvenzen prozentual gesehen geringer ist als der Anstieg der Wertberichtigungen. Das hat viel damit zu tun, dass Insolvenzen nicht das einzige Kreditereignis sind, das zu Wertberichtigungen führt. Von daher passen diese Informationen durchaus zusammen. Aufgrund der umfangreichen Maßnahmen, über die wir gesprochen haben, hatten wir bisher keinen großen Anstieg der Wertberichtigungen; diese Verluste sind also noch nicht bei den Banken angekommen. Von daher muss man vorsichtig sein, wenn gesagt wird, wir nutzen die Puffer nicht, weil es diesen Stigmatisierungseffekt gibt. Bisher war noch nicht viel Bedarf, den Puffer tatsächlich zu nutzen. Nach vorne gerichtet wird das wichtig sein und genauso, wie es Herr Wuermeling beschrieben hat. Das einzelne Institut hat mit Blick auf die Finanzierung und die Wahrnehmung der Investoren überlegt, welche Politik es fahren soll. Aber es ist wichtig gewesen, dass die Aufsicht den Markt koordiniert hat, weil es insgesamt für das System besser ist, wenn möglichst viele Ressourcen dableiben, um mit der Unsicherheit, die sicherlich vor uns liegt, gut umgehen zu können.

Frage

Ich habe eine Nachfrage. Die Zahl der Vervierfachung der Kreditausfälle war ungefähr 13 bis 15 Milliarden? Also die Verluste, die die Banken erwarten.

Prof. Dr. Joachim Wuermeling

Gemäß der Bilanzstatistik hatten wir Ende Juni 2020 eine Summe des Kreditbestandes bei Unternehmen und Selbstständigen von 1,6 Billionen Euro. Wenn man jetzt die Ausfallsimulationen der Kollegen von der Finanzstabilität zugrunde legt, dann wären davon 0,8 Prozent bzw. nominal 12,9 Milliarden Euro Wertberichtigungen.

Frage

German banks have low NPL ratios compared to the European average. The SSM thinks that in the worst-case scenario the NPLs in Europe could rise to 1.4 trillion post-pandemic. May you tell us more on the rise of NPLs ratios in the German banks balance sheets and have German banks used buffers so far or did German banks make provisions so far, in the past months, to prepare for the NPLs rise?

Prof. Dr. Joachim Wuermeling

Deutsche Banken mussten ihre Puffer bisher nicht nutzen. Allerdings haben viele deutsche Banken, die ihre Bilanzen nach IFRS ausweisen, bereits pauschal Wertberichtigungen gebildet, auch in erklecklicher Höhe. Das hat nicht zu einer Bilanzschädigung, aber zu einem erheblichen Gewinneinbruch im ersten Quartal in Höhe von 42 Prozent geführt. Insofern sind einige dieser Wertberichtigungen, von denen wir im Moment sprechen, schon vorweggenommen worden. Die Zahl, die Andrea Enria gestern genannt hat, 1,4 Billionen Euro, ist eine kumulierte Zahl. Das heißt, wir haben bereits einen Bestand von 500 Milliarden Euro an NPL. Der würde über die Zeit in einem extremen Szenario gemäß der Schwachstellenanalyse, die wir im SSM durchgeführt haben, auf diesen Wert steigen. Diese Zahl ist schlecht vergleichbar mit der Zahl, die wir genannt haben, weil unsere Zahl eine Flussgröße ist – also auf jährlicher Basis ausgerechnet wird und nicht den gesamten, möglicherweise anfallenden Wertberichtigungsbedarf über die gesamte Krise kumuliert. Die NPL-Quote in Deutschland liegt weit unter dem europäischen Durchschnitt. Und die Kapitalausstattung der deutschen Banken liegt ungefähr im europäischen Durchschnitt. Die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland ist etwas günstiger, sodass wir davon ausgehen, dass die Belastung des deutschen Bankenmarktes relativ gesehen nicht so hoch sein wird wie im Euroraum insgesamt, und die NPL-Quote selbst bei deutlichen Wertberichtigungen weiter sehr niedrig bleiben wird. Unterm Strich sind die Herausforderungen im Euroraum sicher größer als die, die wir in Deutschland sehen werden angesichts der Verwundbarkeiten, die schon vor der COVID-19-Krise existiert haben.

Prof. Dr. Claudia Buch

Noch eine Ergänzung: Weil die Situation in Deutschland vergleichsweise günstig ist, gerade in den vergangenen zehn Jahren – darüber haben wir in den vergangenen Finanzstabilitätsberichten gesprochen – hatten wir sehr geringe Insolvenzen. Daher gibt es auch vergleichsweise wenig Erfahrung, wie man mit solchen Dingen umgeht. Da sind uns einige europäische Länder voraus, die mit der NPL-Problematik in den vergangenen Jahren stark zu tun hatten. Und deswegen sagen wir, ohne alarmistisch zu sein: Man muss sich darauf gut vorbereiten. Man muss sich auch ansehen, welche organisatorischen Anpassungen möglicherweise notwendig sind, um die richtige Erfahrung, die richtigen Strukturen zu haben, wenn sich die Dinge doch verschlechtern sollten, denn dann können wir gemeinsam gut damit umgehen.