ETFs für Anleger und Finanzsystem zunehmend von Bedeutung
Börsengehandelte Investmentfonds, sogenannte Exchange Traded Funds (ETF), gewinnen bei Anlegern zunehmend an Bedeutung. In ihrem jüngsten Monatsbericht beschäftigt sich die Bundesbank detailliert mit der Funktionsweise und Struktur von ETFs und analysiert, welche möglichen Risiken mit ihnen für Anleger sowie das Finanzsystem als Ganzes verbunden sein können.
Der Anteil von ETFs am weltweit verwalteten Fondsvermögen liegt gegenwärtig bei 14 Prozent; die Produktklasse spielt damit noch eine untergeordnete Rolle. Nach Einschätzung der Bundesbank wächst jedoch ihre Bedeutung: „ETFs weisen in den vergangenen Jahren sehr dynamische Wachstumsraten auf und sind damit an den Finanzmärkten zunehmend von Relevanz“
, heißt es im Monatsbericht. Während klassische offene Investmentfonds 2017 einen Zuwachs des verwalteten Vermögens von rund 5 Prozent verbuchten, verzeichneten ETFs in diesem Zeitraum ein Wachstum von rund 19 Prozent.
Alternative zu klassischen Investmentfonds
Mit ETFs können Anleger ähnlich wie bei klassischen, offenen Investmentfonds in ein breit gestreutes Portfolio von Aktien und anderen Anlageklassen investieren. Anders als bei klassischen Investmentfonds kaufen Anleger ETF-Anteile aber nicht zu einem festen Tageskurs direkt bei einer Fondsgesellschaft, sondern handeln sie zum Marktkurs an der Börse. Dabei fallen deutlich geringere einmalige Kosten wie beispielsweise Ausgabeaufschläge an als bei klassischen Investmentfonds üblich.
Auch die laufenden Kosten wie insbesondere die Vergütung des Fondsmanagements sind bei ETFs geringer als bei klassischen Investmentfonds. Dies hängt vor allem damit zusammen, dass die meisten traditionellen Investmentfonds vor allem das Ziel verfolgen, durch aktive Investitionsentscheidungen die Wertentwicklung eines Index zu übertreffen. Dafür verlangen die Fondsmanager eine entsprechende regelmäßige Vergütung. ETFs hingegen sind zumeist passive Investmentprodukte und verfolgen mehrheitlich das Ziel, ohne aktive Investitionsentscheidungen von Fondsmanagern die Wertentwicklung eines Index möglichst genau nachzubilden.
Besondere Risiken von ETFs
Wie die Bundesbank ausführt, sind ETFs üblichen Marktrisiken ausgesetzt und können daher mitunter erhebliche Kursschwankungen erleiden. Im Monatsbericht analysieren die Fachleute jedoch insbesondere, ob darüber hinaus mit ETFs gegenüber anderen Anlageinstrumenten wie insbesondere einzelnen Wertpapieren und klassischen Investmentfonds besondere zusätzliche Risiken verbunden sind. „Insgesamt erscheinen die von ETFs ausgehenden spezifischen Risiken für das gesamte Finanzsystem derzeit – auch wegen der noch vergleichsweise geringen Größe des Sektors – begrenzt“
, heißt es im Bericht.
„Flash-Crashs“
In ihrer Analyse gehen die Expertinnen und Experten auch darauf ein, welche Rolle ETFs bei einer Reihe sogenannter „Flash Crashs“ gespielt haben. Gemeint sind damit außergewöhnlich starke und schnelle Kurseinbrüche samt anschließender schneller Kurserholung, die seit einigen Jahren vor allem an den Aktienmärkten zu beobachten waren. Die Bundesbank kommt zu dem Ergebnis, dass ETFs besonders turbulente Phasen an den Finanzmärkten durchaus kurzfristig verstärken können. Auch war während verschiedener „Flash Crashs“ ein Auseinanderdriften zwischen dem Marktkurs des ETF und dem zugrundeliegenden Index zu beobachten. Dabei könne der Bundesbank zufolge die spezifische Marktstruktur eine Rolle spielen. Die Möglichkeit zu „Handelsunterbrechungen bei starken Kursveränderungen stellt deshalb einen wichtigen Schutzmechanismus gegen schnelle Ausbreitungen von Verwerfungen an den Finanzmärkten dar“
, heißt es im Bericht.
Weitere spezifische Risiken von ETFs resultieren der Bundesbank zufolge aus möglicherweise auftretenden Liquiditätsproblemen. Hierbei sind sogenannte Autorisierte Teilnehmer von besonderer Relevanz. Diese Akteure spielen gemeinsam mit dem ETF-Anbieter eine wichtige Rolle bei der Schaffung von ETFs. Sie bringen außerdem die ETF-Anteile in den Börsenhandel und sorgen für einen fortlaufenden Handel. Im Monatsbericht warnt die Bundesbank davor, dass die Autorisierten Teilnehmer diese Rolle als Bindeglied in turbulenten Marktphasen möglicherweise nicht mehr erfüllen könnten. Im unwahrscheinlichen Fall eines Zusammenbruchs ihrer Tätigkeit können ETF-Anbieter verpflichtet sein, ETF-Anteile kurzfristig zurückkaufen, auch wenn sie selbst für die zugrundeliegenden Wertpapiere in Zeiten eines Kursverfalls nicht gleich einen Käufer finden. Auch „in einem solchen Szenario höherer Illiquidität könnte der Börsenkurs von ETF-Anteilen unter den Wert des unterliegenden Portfolios fallen“
, schreiben die Fachleute. Je schneller Fondsanleger dann ihre ETF-Anteile verkaufen würden, umso höher wäre ihr noch zu erzielender zu erwartender Verkaufskurs. Dies verstärkt den negativen Preiseffekt zusätzlich, so die Bundesbank, „wodurch Liquiditätsprobleme entweder befördert oder gar erst ausgelöst würden.“
Aufgrund der besonderen Bedeutung der Autorisierten Teilnehmer regen die Autorinnen und Autoren deshalb unter anderem an, dass ein ETF-Anbieter für jedes seiner Produkte mit einer Vielzahl von Autorisierten Teilnehmern in Verbindung stehen soll, damit ein möglicher Rückzug eines Akteurs leichter kompensiert werden kann. Um insbesondere private Anleger zu schützen, spricht sich die Bundesbank in diesem Zusammenhang zudem dafür aus, die Verpflichtung der ETF-Anbieter zur Rücknahme von Anteilen klarer und transparenter zu regeln.