Forschungsprojekt zur Geschichte der Bundesbank und ihrer Vorgänger

Dienstgebäude der Bank deutscher Länder ©Bundesbank
Dienstgebäude der Bank deutscher Länder in Frankfurt am Main, Taunusanlage 4-6, um 1950.
Die Deutsche Bundesbank ermöglicht eine umfassende wissenschaftliche Aufarbeitung der Geschichte der Reichsbank, der Bank deutscher Länder sowie der Anfangsjahre der Bundesbank. Dabei soll der Zeitraum von 1923 bis 1969 unter wirtschafts-, sozial- und kulturgeschichtlichen Aspekten untersucht werden.

Die wissenschaftliche Leitung liegt bei Prof. Dr. Albrecht Ritschl, Leiter der Wirtschaftshistorischen Fakultät an der London School of Economics, sowie Prof. Dr. Magnus Brechtken, stellvertretender Direktor des Instituts für Zeitgeschichte München, die das Projekt in gemeinsamer fachlicher Verantwortung vorantreiben. Die beiden Wissenschaftler sind dabei weder inhaltlichen Vorgaben noch sonstigen Weisungen der Bundesbank unterworfen. "Dies ist für uns auch eine Selbstverständlichkeit", betont Michael Best, Leiter des Zentralbereichs Kommunikation. "Schließlich ist die Bundesbank eine Institution, die selbst größten Wert auf ihre Unabhängigkeit legt."

Anlässlich der Vertragsunterzeichnung mit der Deutschen Bundesbank am 3. November stellten Ritschl und Brechtken das Konzept des Forschungsprojektes vor. Demnach konzentriert sich ihre Untersuchung auf die historische Entwicklung von der Reichsbank über die Bank deutscher Länder bis zur Bundesbank sowie die Besetzung von Schlüsselpositionen in der Bundesbank und ihrer Vorgängerinstitution. Zu diesem Themenkomplex existierten zwar einzelne Studien, wie Brechtken und Ritschl erläuterten, jedoch gebe es nach wie vor keine umfassende wissenschaftliche Aufarbeitung.

Wissenschaftliche Konferenz und Sammelband geplant

Der Untersuchungszeitraum beginnt in den Jahren 1923/24 mit der Stabilisierung der neuen Währung nach der Hyperinflation und dem ersten Amtsantritt Hjalmar Schachts als Reichsbankpräsidenten und endet im Jahr 1969, als mit Karl Blessing der letzte Präsident der Deutschen Bundesbank aus dem Amt schied, der zum engsten Mitarbeiterkreis um Hjalmar Schacht gehört hatte.

Das Forschungsvorhaben ist auf vier Jahre angelegt und gliedert sich in zwei Blöcke mit je vier Teilprojekten. Im ersten Block, geleitet von Prof. Brechtken, stehen die Biographien des ersten Bundesbankpräsidenten Wilhelm Vocke und seines Nachfolgers Karl Blessing sowie eine Gruppenbiographie des Führungspersonals in der jungen Bundesbank im Mittelpunkt. Darüber hinaus wird im Rahmen einer Länderstudie zum besetzten Polen die Rolle der Reichsbank als Akteur im Eroberungskrieg untersucht. Im zweiten, von Prof. Ritschl geleiteten Block stehen das institutionelle Selbstverständnis sowie politische Handlungsfelder der Zentralbank in Deutschland im Zeitraum von 1924 bis 1969 im Vordergrund. Zudem werden die Gold- und Devisentransaktionen der Reichsbank im Dritten Reich beleuchtet. Weitere Teilprojekte widmen sich dem Thema Währungspolitik als Ausbeutungspolitik (im Rahmen einer Studie zu Westeuropa im Zeitraum von 1940 bis 1944) sowie der Beteiligung der Reichsbank an der finanziellen Ausbeutung Griechenlands in den Jahren 1941 bis 1943.

Es ist geplant, nach Abschluss der Untersuchung die Ergebnisse der acht Teilprojekte jeweils eigenständig in Buchform zu publizieren, und zwar sowohl deutsch- als auch englischsprachig. Darüber hinaus sollen die Perspektiven des Forschungsprojekts im Rahmen einer wissenschaftlichen Konferenz diskutiert werden. Hierzu soll auch ein zweisprachiger Sammelband erscheinen.