G20-Finanzchefs treffen sich am Rande der IWF-Frühjahrstagung

Die Finanzminister und Notenbankgouverneure der G20 haben bei einem Treffen am Rande der IWF-Frühjahrstagung in Washington ihre Beratungen über Kernthemen der deutschen G20-Präsidentschaft fortgesetzt. Bundesbankpräsident Jens Weidmann erläuterte auf einer anschließenden gemeinsamen Pressekonferenz mit Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble die zentralen Fortschritte.

Weidmann ging auf die positive konjunkturelle Entwicklung in den Industriestaaten und bedeutenden Schwellenländern ein. So habe der Internationale Währungsfonds seine Prognose für das globale Wirtschaftswachstum für das laufende Jahr jüngst leicht auf 3,5 % erhöht. Er erinnerte jedoch daran, dass die positiven wirtschaftlichen Aussichten unter Vorbehalt stünden. So gebe es eine Reihe von Abwärtsrisiken, darunter geopolitische Spannungen, wachsende Sorgen vor Handelskonflikten oder andere politische Ereignisse, beispielsweise Fragen nach der künftigen Beziehung zwischen dem Vereinigten Königreich und der Europäischen Union.

Verpflichtung zu Strukturreformen

"Die Finanzminister und Notenbankgouverneure verständigten sich vor diesem Hintergrund auf verstärkte Anstrengungen, um zu einem starken, nachhaltigen, ausgewogenen und inklusiven Wachstum zu kommen", sagte Weidmann. Dabei hätten sie auch ihre Verpflichtung zu weiteren Strukturreformen bekräftigt. Einem Bericht der OECD zufolge habe das Reformtempo in den vergangenen Jahren nachgelassen, was letztlich die Wachstumsaussichten dämpfe, so der Bundesbankpräsident.

Neben mangelnden Strukturreformen belastet Weidmann zufolge auch eine in vielen Ländern zu beobachtende steigende Ungleichheit die Wachstumsmöglichkeiten. Dies erkläre die Betonung der Bedeutung eines inklusiven Wachstums. Weidmann sieht darüber hinaus die Gefahr, dass Menschen bei wachsender Ungleichheit zunehmend enttäuscht von offenen Märkten sind. "Ich bin mir ziemlich sicher, dass ein inklusives Wachstum auch nach der deutschen Präsidentschaft weit oben auf der Agenda der G20 bleiben wird", so Weidmann.

Bewertung von Finanzmarktreformen

Die G20-Finanzminister und Notenbankgouverneure beschäftigten sich in Washington auch mit dem Thema Finanzmarktregulierung. Weidmann wies darauf hin, dass der Finanzstabilitätsrat jüngst seine Vorschläge für ein Rahmenwerk zur Evaluierung umgesetzter finanzregulatorischer Reformen vorgelegt und eine öffentliche Konsultation eingeleitet habe. Die Konsultation soll bis zum Gipfel der G20-Staats- und Regierungschefs in Hamburg abgeschlossen sein.

Ein weiteres Thema in Washington war "Green Finance", also die Berücksichtigung von Klimafolgen im Finanzsektor. Weidmann zufolge bestand bei den Teilnehmern "breiter Konsens über die Bedeutung des Themas", und die Unterstützung für diese Arbeit sei "annähernd einstimmig" ausgefallen. So begrüßten laut Weidmann die Minister und Gouverneure einen Kurzbericht der Green Finance Study Group, der Optionen zur Förderung von Umweltrisikoanalysen im Finanzsektor vorstellt. Ziel dieses Arbeitsstrangs sei, die Fähigkeit des Finanzsystems zu verbessern, privates Kapital für "grüne" und nachhaltige Investitionen zu mobilisieren, erläuterte Weidmann. Auch die Entwürfe einer von der Industrie geleiteten Task Force für eine freiwillige Offenlegung klimabedingter Finanzrisiken habe Unterstützung bei den Teilnehmern gefunden. "Wir ermunterten große börsennotierte Unternehmen, diese Empfehlungen auf freiwilliger Basis anzunehmen", sagte Weidmann.

Finanzielle Bildung und Teilhabe

Fortschritte hätten die G20-Finanzminister und Notenbankgouverneure Weidmann zufolge auch beim Thema der finanziellen Bildung und Teilhabe in einer digitalen Welt erzielt. Einem Bericht der OECD zufolge verfolgten viele Länder bereits nationale Strategien, um den Erwerb finanzieller Bildung zu verbessern. "Viele vernachlässigen dabei digitale Medien, was eine verpasste Chance ist", sagte Weidmann. Unter dem Strich machten digitale Medien Finanzdienstleistungen für zahlreiche Menschen zugänglich. "Ich halte es für richtig, dass die G20-Mitgliedstaaten der finanziellen Bildung eine größere Bedeutung schenken und auf einer einheitlichen Grundlage nationale Programme entwickeln", betonte Weidmann.

Weiterentwicklung der globalen Wirtschaftsordnung

Der Bundesbankpräsident ging in seiner Zusammenfassung der Ergebnisse in Washington auch auf die globalen Wirtschaftsordnung ein. Beim Treffen der G20-Finanzminister und Notenbankgouverneure in Baden-Baden habe man sich geeinigt, dass sich das gegenwärtige System der globalen Wirtschaftsordnung weiterentwickeln müsse, um wachsenden und künftigen Herausforderungen gerecht zu werden, erinnerte Weidmann. Nun soll für dieses Thema eine Arbeitsgruppe gebildet werden, der bedeutende Persönlichkeiten abgehören. Den Vorsitz übernimmt der stellvertretende Ministerpräsident von Singapur, Tharman Shanmugaratnam.

"Die Gruppe wird beauftragt, Kernfragen der globalen Finanz- und Wirtschaftsordnung zu untersuchen und sich dabei insbesondere auf die Arbeit internationaler Finanzinstitutionen fokussieren", erläuterte Weidmann. "Die G20 übernimmt eine Führungsrolle, um die Debatte über dieses wichtige Thema voranzubringen", betonte Weidmann.

G20 sind bestes Forum

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble ging in seinen Ausführungen neben den Wachstumsaussichten auf die G20-Initiative "Compact with Africa" ein. Dies sei "ein gutes Beispiel, dass multilaterale Kooperation noch immer recht gut funktioniert, trotz der Schwanengesänge, die wir in diesen Tagen manchmal hören", sagte er. "Ohne Kooperation gibt es keine Möglichkeit zur Lösung von Problemen, seien sie politisch oder wirtschaftlich", so Schäuble. "Die G20 ist noch immer das beste Forum, das wir hierfür haben", ergänzte er.