Geduld in der Geldpolitik zahlt sich aus

Bundesbankpräsident Jens Weidmann hat zur Geduld in der Geldpolitik gemahnt. Man müsse den ergriffenen Maßnahmen genügend Zeit geben zu wirken, zumal trotz der noch immer niedrigen Inflationsraten keine Deflationsgefahr bestehe, sagte er bei einer Rede vor der Foreign Bankers' Association in Amsterdam. "Auch sollten wir nicht die Tatsache ignorieren, dass ein Anstieg der Inflation selbst bei unveränderter Geldpolitik automatisch zu niedrigeren kurzfristigen Realzinsen führt und damit zu einer weiteren geldpolitischen Lockerung", so Weidmann. Es sei deshalb richtig, dass der EZB-Rat sich bei seiner letzten Sitzung gegen eine weitere Lockerung entschieden habe. Darüber hinaus erteilte Weidmann auch Forderungen nach der Ausgabe von "Helikoptergeld" durch d‎ie Notenbanken eine Absage. Die Diskussion hierüber sei absurd, sagte der Bundesbankpräsident.

Risiken der expansiven Geldpolitik

Weidmann ging in seiner Rede auch auf die Risiken der expansiven Geldpolitik ein. Diese würden größer, je länger die Maßnahmen anhielten. Es dürfe nicht dazu kommen, dass sich die Geldpolitik von der Fiskalpolitik einspannen lasse. Das Niedrigzinsumfeld biete den Regierungen der Euro-Länder keine Anreize, ihre öffentlichen Haushalte zu konsolidieren, so Weidmann. Die Entlastungen, die die Länder derzeit durch niedrige Zinsen hätten, würden nicht primär genutzt, um Schulden abzubauen, sondern um Ausgaben zu tätigen. "Deutschland ist hierbei keine Ausnahme", sagte der Bundesbankpräsident.

Basel III vollständig umsetzen

Weidmann ging in seiner Rede auch auf die aktuelle Debatte um die Vollendung der Eigenkapitalrichtlinie für Banken (Basel III) ein, über die der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht Ende November abschließend berät. Der Ausschuss hatte im Zuge der Finanzkrise ein umfassendes Regelwerk für strengere Eigenkapital- und Liquiditätsvorschriften für Banken auf den Weg gebracht. Basel III wurde 2010 von allen EU-Staaten beschlossen und wird seitdem schrittweise umgesetzt. Derzeit wird darüber diskutiert, wie die starken Unterschiede zwischen den Risikoeinschätzungen in den internen Modellen der Banken verringert werden können. Kritiker bemängeln, dass hierdurch große Unterschiede zwischen den Eigenkapitalanforderungen der Banken entstehen können.

Weidmann betonte in seiner Rede, wie wichtig die vollständige Umsetzung des Regelwerks sei. Mit Blick auf die zukünftigen Eigenkapitalanforderungen sagte er aber auch, ein "Basel IV durch die Hintertür" dürfe es nicht geben. Aus Sicht des Bundesbankpräsidenten ist der bisherige Ansatz, die Eigenkapitalanforderungen an Banken am Risikogehalt ihrer Kredite zu bemessen, grundsätzlich der richtige. "Ich bin zwar dafür, die deutlichen Unterschiede bei den internen Modellen zu verringern, mit denen die Banken ihre Kredit-, Markt- und operationellen Risiken messen." Ein Ansatz, der die Risikogewichtung von Basel III unterminiere, wäre aber keine angemessene Lösung, so Weidmann.

Reform der Währungsunion

Weidmann plädierte in Amsterdam außerdem für weitere institutionelle Reformen der Europäischen Währungsunion. Die Staatsschuldenkrise und die im Zuge dessen notwendige Unterstützung einzelner Länder habe dazu geführt, dass Schulden vergemeinschaftet worden seien während die Fiskal- und Wirtschaftspolitik der Länder weiterhin allein in nationaler Hand sei. "Dadurch ist das Gleichgewicht zwischen Haftung und Kontrolle aus dem Lot geraten", sagte Weidmann.

Um diese Balance wiederherzustellen gebe es zwei Möglichkeiten: Erstens, eine weitere Vertiefung der Integration durch Gründung einer Fiskalunion. Dies sei zum jetzigen Zeitpunkt allerdings sehr unwahrscheinlich, da die Bereitschaft der Mitgliedstaaten, nationale Souveränität abzugeben, gering sei. Zweitens, eine Weiterentwicklung des auf dem Prinzip der Eigenverantwortung basierenden Ordnungsrahmens, etwa durch eine striktere Einhaltung des Stabilitäts- und Wachstumspakts. Die Gründung einer unabhängigen Fiskalbehörde, die die Einhaltung überwacht, wäre hier ein wichtiger Schritt. Insgesamt sei es, so Weidmann, vor allem entscheidend, zunächst Vertrauen in die bestehenden Regelungen herzustellen, bevor über tiefergehende Integrationsschritte nachgedacht würde.

Internationaler Handel ist kein Null-Summen-Spiel

Mit Blick auf die immer häufiger geäußerte Kritik an internationalen Freihandelsbestrebungen sagte er, Globalisierung und internationaler Handel seien kein Null-Summen-Spiel. Auch wenn nicht jeder Einzelne von Freihandel profitiere, würden die Vorteile die Kosten insgesamt deutlich überwiegen. Anstatt den internationalen Handel zu beschränken, sollte verstärkt in Bildung und Ausbildung investiert und die Flexibilität der Arbeitsmärkte erhöht werden. Denn das verringere auch das Risiko, den Arbeitsplatz zu verlieren, so Weidmann.