Joachim Nagel: Ziel erreicht, aber die Herausforderungen bleiben bestehen
Die Geldpolitik muss zuverlässig sein, darf sich aber in ihrer Flexibilität nicht zu stark einschränken
, sagte Bundesbankpräsident Joachim Nagel anlässlich der 10. Bundesbank-IAWLecture an der Universität Tübingen.
In seinem Vortrag ging Nagel auf die geldpolitische Strategie der EZB ein. Die ursprüngliche Strategie von 1998 ist inzwischen überarbeitet worden. Die zweite Überarbeitung erfolgte 2021. Damals führte die EZB ein symmetrisches Inflationsziel von 2 Prozent ein, bei dem Abweichungen nach oben und nach unten gleichermaßen unerwünscht sind.
Dieser Ansatz trat an die Stelle des vorherigen, weniger klar definierten Ziels. Zugleich bestätigte die EZB, dass die Leitzinsen weiterhin das bedeutendste geldpolitische Instrument bleiben und unkonventionelle Maßnahmen wie die Forward Guidance und der Ankauf von Wertpapieren beibehalten würden.
Nagel beschrieb die Reaktion der EZB auf den jüngsten Inflationsanstieg, bei dem die Inflation im Euroraum nach der Pandemie und dem Krieg in der Ukraine anstieg. Um dem Preisauftrieb entgegenzuwirken, erhöhte die EZB die Leitzinsen und stellte die Wertpapierankäufe ein. So wurde die Inflation bis Mitte 2025 erfolgreich wieder auf den Zielwert von 2 Prozent zurückgeführt. Nagel betonte, dass eine klare Zentralbankkommunikation entscheidend ist, um die Inflationserwartungen zu verankern. Denn nicht nur der Inhalt, sondern auch die Präsentation der Botschaften können die öffentliche Wahrnehmung beeinflussen.
Laut Nagel wurden bei der jüngsten Strategieüberprüfung der EZB im Jahr 2025 nur geringfügige Anpassungen vorgenommen. Das symmetrische Inflationsziel wurde bestätigt, und angesichts der erhöhten Unsicherheit wurde die Notwendigkeit von Flexibilität und Szenarioanalysen hervorgehoben.
Grundsätzlich sollten alle Instrumente der Geldpolitik flexibler eingesetzt werden, um den geldpolitischen Kurs anzupassen, wenn sich die gesamtwirtschaftlichen Bedingungen verändern
, so der Bundesbankpräsident.
Die jüngste Rückkehr zur Preisstabilität sei zwar ermutigend, doch die anhaltenden strukturellen Herausforderungen – darunter demografische Veränderungen, der Klimawandel und die geopolitische Fragmentierung – würden die Wahrung von Preisstabilität weiterhin erschweren. Mit einer glaubwürdigen Verpflichtung zur Erfüllung seines Mandats, einer transparenten Kommunikation und einer klaren Strategie kann das Eurosystem diese Herausforderung jedoch meistern
, fügte Nagel hinzu.