Preise für Wohnimmobilien nach langem Anstieg 2022 erstmalig gesunken

Die gestiegenen Finanzierungskosten und hohe Inflation schlagen sich laut Bundesbank-Monatsbericht auf dem deutschen Wohnimmobilienmarkt nieder. „Dadurch engte sich der Finanzierungsspielraum für viele Kaufinteressenten stark ein und die Woh­nungsnachfrage ließ nach“, schreiben die Fachleute der Bundesbank in ihrem aktuellen Bericht. Ging es bis zur Hälfte des Jahres 2022 bei den Preisen für Wohnimmo­bilien weiter nach oben, sind sie in der zweiten Jahreshälfte erstmalig seit langem recht deutlich gesunken. Preisdruck kam hingegen von den enorm gestiegenen Bau­preisen und der gebremsten Ausweitung des Wohnraumangebots. Insgesamt waren Wohnimmobilien gemäß Bericht in Deutschland im Jahresmittel weiterhin überbewertet.

Jahrelanger Preisanstieg am Wohnimmobilienmarkt ist vorbei

Laut Angaben des Verbands deutscher Pfandbriefbanken (vdp) stiegen die Preise für Wohnimmobilien in Deutschland im vergangen Jahr um 9 Prozent. Die Teuerung konzentrierte sich dabei auf die erste Jahreshälfte 2022, wohin­gegen es im zweiten Halbjahr zu Preisnach­lässen kam. Ein ähnliches Bild ergibt der Häuserpreisindex des Statistischen Bundes­amtes. Er ist im Durchschnitt der ersten drei Quartale 2022 mit 8,6 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum zwar deutlich angestiegen. Ab dann änderten sich die Preise aber gegenüber dem Vorjahresquartal praktisch nicht mehr. Gemäß dem EPX-Häuserpreis­index der Hypoport AG stiegen die Wohn­immobilienpreise in Deutschland im Mittel des Jahres 2022 um 7,7 Prozent. Sie fielen im vier­ten Quartal jedoch unter ihren Wert vom Jahresende 2021. „Alle drei Indikatoren weisen damit darauf hin, dass der jahre­lange Aufschwung am Wohnimmobilien­markt vorüber ist“, schreiben die Bundesbank-Fachleute.

Preise für Wohnimmobilien in deutschen Städten stiegen 2022 langsamer, blieben aber hoch

Die Preise für Wohnimmobilien in den deut­schen Städten erhöhten sich laut Berech­nungen auf Basis der jährlichen Angaben der bulwiengesa AG für 127 deutsche Städte im Jahresdurchschnitt 2022 um 6 Prozent und da­mit etwas weniger stark als zuvor. In den sieben Großstädten war der Preis­anstieg ebenfalls niedriger als im Vorjahr und lag bei 6,2 Prozent. Zu den sieben Großstädten zählen Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg, Köln, München und Stuttgart. Auch den vierteljährlichen Angaben des vdp zufolge verteuerten sich Wohnimmobilien 2022 in den sieben Großstädten mit 7,9 Prozent etwas weniger stark als im Vorjahr. Im letz­ten Vierteljahr gingen die Preise dort zudem überdurchschnittlich stark zurück.

Neu angemietete Wohnungen 2022 so stark verteuert wie seit langem nicht

Anders als bei den Preisen nahmen die Anstiege bei den Neuvertragsmieten in Deutschland im Jahresverlauf zu, heißt es im Monatsbericht. Ihre Vor­jahresraten legten laut Angaben des vdp von 3,7 Prozent im ersten Vierteljahr auf 6,5 Prozent im letzten Vierteljahr zu. Mit der Jahresrate von 4,9 Prozent erhöhten sich die Neuvertragsmieten am stärksten seit Beginn des Aufschwungs am Immobilienmarkt zu Beginn des vergan­genen Jahrzehnts. In den Städten – und darun­ter den Großstädten – verteuerten sich Mie­ten bei Neuabschluss sowohl laut Berech­nungen auf Basis von Angaben der bulwien­gesa AG als auch des vdp zufolge stärker als in den beiden Vorjahren.

Hohe Baukosten, weniger Wohnungen, und viele Immobilien überbewertet

Bei Mietern und Kaufinteressierten verschlechterte sich im vergangenen Jahr der finanzielle Spielraum. Die verfügbaren Einkommen legten zwar mit einer Steigerung von gut 7 Prozent stark zu. Dieser Beitrag zur Kaufkraft wurde jedoch nach Einschätzung der Fachleute durch die hohe Inflation mehr als auf­gezehrt. Außerdem erhöhte sich der Zins­satz für Hypothekendarlehen stark auf jahresdurchschnittlich 2,6 Prozent. „Dies verteuerte den kreditfinanzierten Erwerb von Wohn­eigentum maßgeblich und dürfte die Nach­frage nach Wohnimmobilien massiv ge­dämpft haben“, schreiben die Expertinnen und Experten

Auch die Ausweitung des Wohnraumange­bots verlor 2022 laut Bericht deutlich an Schwung. Die Verknappung bei Roh- und Baustoffen, die zur bestehenden Arbeitskräfteknappheit hinzukam, verteuerte die Materialien für Bauleistungen massiv. „Die stark gestiegenen Baupreise machten Neubauten im Vergleich zu Bestandsimmobilien finanziell unattrak­tiver“, heißt es im Bericht. Die rasch und massiv gestiegenen Preise für Baumaterial beeinträchtigten außerdem die Kalkulation von Bauprojekten. Daher nahm die Zahl der Stornierungen bei Bau­vorhaben 2022 enorm zu. Insgesamt dürf­ten nach Einschätzung der Fachleute weniger Wohnungen fertiggestellt wor­den sein als die knapp 295.000 Einheiten im Jahr zuvor. Auch die Zahl der genehmigten Wohnungen nahm im Jahresverlauf ab und lag mit schätzungsweise 355.000 Einheiten unter dem Niveau des Vorjahres.

Wohnimmobilien blieben laut Bundesbank im Jahresmittel 2022 überbewertet. Das heißt: Waren die Preise für Wohnimmobilien in der zweiten Jahreshälfte 2022 zwar leicht rückläufig, glich dies den sehr kräftigen Anstieg zu Jahresbeginn 2022 nur ansatzweise aus. Nach Schätzungen der Fachleute lagen die Immobilienpreise in den Städten zwischen 25 Prozent und 40 Prozent über dem Preis, der durch soziodemografische und wirt­schaftliche Fundamentalfaktoren angezeigt ist. Das Kaufpreis-Jahresmiete-Verhältnis bei Wohnungen in Städten lag im Jahres­durchschnitt nach wie vor gut 30 Prozent und in den sieben Großstädten rund 40 Prozent über sei­nem längerfristigen Mittelwert.