Pressekonferenz beim G7-Treffen in Kanada mit Bundesbankpräsident Joachim Nagel
Beim Treffen der G7-Finanzminister und -Notenbankgouverneure hat Bundesbankpräsident Joachim Nagel über die aktuellen geopolitischen Herausforderungen gesprochen: Zu Beginn des Jahres habe sich die globale Konjunktur noch recht robust gezeigt und auch von Vorzieheffekten angekündigter Zölle profitiert, mittlerweile habe die Weltwirtschaft unter verschärfter Zollpolitik der USA und großer Unsicherheit zu kämpfen, sagte Nagel bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem neuen Bundesfinanzminister Lars Klingbeil in Banff (Kanada).
Im Streit um die verschärfte Zollpolitik macht Nagel eine Annäherung mit den USA aus. Mein Eindruck ist, dass man sich bei bestimmten Themen anfängt anzunähern, besser zu verstehen
, sagte Nagel am Mittwoch der ARD. Aber da gibt es noch einige Hürden zu überwinden. Es ist noch viel Arbeit zu tun.
Nagel bekräftigte nochmals, Handelskonflikte würden keine Gewinner kennen. Dies würden die USA nun besser verstehen. Ich bin ein wenig mehr zuversichtlich, als ich es vielleicht vor ein paar Tagen war.
Als Ziel formulierte er auf der Pressekonferenz: Zölle können nicht im Interesse der G7 liegen. Jetzt muss es darum gehen, dass wir die negativen Effekte abmildern oder vermeiden.
Als Konsequenz daraus müsse Europa stärker zusammenhalten: Wir müssen die wirtschaftliche Integration von Europa forcieren“, sagte Nagel. „Wir brauchen mehr und nicht weniger Europa.
Deutschland werde davon stark profitieren: Eine aktuelle Studie von Bundesbank-Fachleuten stelle fest, dass die EU-Mitgliedstaaten dank des Binnenmarktes ihre Exporte mit anderen EU-Mitgliedsländern um rund 50 Prozent steigern konnten. Für Deutschland fällt der Effekt noch viel stärker aus
, so Nagel.
Die Vorteile der Europäischen Union belege auch eine aktuelle Studie des Joint Research Center der Europäischen Kommission: Die JRC-Autoren haben sich das Next-Generation-EU-Programm angeschaut und festgestellt, dass Deutschland davon überproportional profitiert.
Erfreulich sei die Entwicklung bei den Preisen. Die Inflation nähere sich dem Ziel von 2 Prozent an. Wir werden das europäische Inflationsziel von 2 Prozent noch in diesem Jahr erreichen. Die Geldpolitik hat dazu ihren Beitrag geleistet
, sagte Nagel. Im Vorfeld der nächsten geldpolitischen Sitzung des EZB Rats Anfang Juni lehnte er jede Vorfestlegung über die anstehende Zinsentscheidung ab und ordnete lediglich den derzeitigen Stand des Einlagenzinssatzes von 2,25 Prozent ein: Wir haben ein Niveau erreicht, das sicher nicht mehr als restriktiv bezeichnet werden kann.
Zum Hintergrund: Die G7
Die Gruppe der Sieben (G7) ist ein informelles Forum der sieben weltwirtschaftlich bedeutendsten Industriestaaten für die internationale wirtschaftliche Kooperation. Der G7 gehören Deutschland, Frankreich, Italien, Japan, Kanada, die Vereinigten Staaten und das Vereinigte Königreich an.
Im Kreis der Finanzminister und Notenbankgouverneure befasst sich die G7 vorrangig mit der Vorbeugung und Bewältigung von Wirtschafts- und Finanzkrisen sowie der Förderung eines robusten und nachhaltigen Wirtschaftswachstums. Bundesbankpräsident Joachim Nagel und Vize-Präsidentin Sabine Mauderer vertreten die Bundesbank bei den regelmäßigen Treffen.