Währungsunion macht Mitglieder robuster

Sind Länder über enge finanzielle Beziehungen miteinander verbunden, profitieren sie davon auf vielerlei Weise. So können Investoren ihr Kapital beispielsweise gleichzeitig in Solaraktien im sonnigen Spanien und in Aktien norwegischer Wasserkraftwerke anlegen, um sich gegenüber möglichen Verlusten aus den jeweiligen Käufen abzusichern. Experten sprechen hierbei von einer effizienteren Kapitalallokation und einer besseren Diversifizierung von Risiken.

Doch diskutieren Wirtschaftswissenschaftler auch immer wieder mögliche Nachteile, die sich durch enge finanzielle Verbindungen zwischen Ländern ergeben können. Ein Beispiel hierfür sind die Folgen der expansiven Geldpolitik des amerikanischen Zentralbanksystems Fed für Schwellenländer wie Brasilien oder Indien. In Reaktion auf die Finanzkrise hatte die Fed ihre Geldpolitik expansiv ausgerichtet. Dadurch wurde es für Investoren attraktiver, ihr Kapital in Schwellenländern anzulegen, wo sie höhere Zinsen erwarteten. Der plötzliche hohe Zufluss an Kapital führte in den Schwellenländern aber zu Währungsaufwertungen, worunter ihre Wettbewerbsfähigkeit litt. Experten gehen davon aus, dass insbesondere kleine, finanziell stark verflochtene Volkswirtschaften durch solche Entwicklungen schnell Schaden nehmen können.

Europäische Geldpolitik kann weltweit Einfluss nehmen

Vor diesem Hintergrund haben die Bundesbank-Ökonomen die Situation der Länder in der Europäischen Währungsunion untersucht und dabei auch die jüngste Finanzkrise berücksichtigt. Der Zusammenschluss mache seine Mitgliedstaaten im globalen finanziellen Umfeld stärker und gegenüber finanziellen Schocks widerstandsfähiger, lautet ihr Fazit. Aus Sicht der Ökonomen liegt das zum einen an der Größe der Europäischen Währungsunion. "Die gemeinsame europäische Geldpolitik ist durchaus in der Lage, Einfluss auf weltweite monetäre Entwicklungen zu nehmen", so die Autoren. Ohne den Zusammenschluss würden die Volkswirtschaften einzelner Länder im Euro-Währungsgebiet im internationalen Finanzsystem als eher klein gelten.

Eine empirische Studie im Bericht zeigt, dass die Euro-Länder finanzielle Schocks besser verkraften, weil sich die Geschäftsbanken in allen Ländern stets über das Eurosystem refinanzieren können. In der jüngsten Finanzkrise wurde es für Geschäftsbanken in einigen Ländern zwar schwieriger, Mittel über den Interbankenmarkt aufzunehmen. Die betroffenen Geschäftsbanken konnten dies aber ausgleichen, indem sie sich über die Offenmarktgeschäfte des Eurosystems mit ausreichend Liquidität versorgten. Die Konditionen dieser Geschäfte sind für alle teilnehmenden Kreditinstitute im Eurosystem gleich, unabhängig von ihrer Gebietsansässigkeit oder Nationalität.

Banken verschulden sich verstärkt beim Eurosystem

Diese Schutzfunktion der gemeinsamen Währungsunion birgt aus Sicht der Ökonomen aber auch Nachteile. Durch die großzügige Bereitstellung von Liquidität über das Eurosystem nach der jüngsten Finanzkrise waren die Reallöhne in manchen Unternehmen in der Europäischen Währungsunion so hoch, dass diese Unternehmen bei wieder steigenden Refinanzierungskosten nicht mehr wettbewerbsfähig wären. "Ein solcher Schutz vor abrupten Kapitalumschwüngen kann dazu beitragen, notwendige Reallohnanpassungen zu verzögern", warnen die Bundesbank-Ökonomen deshalb. Ein weiterer Nachteil der einheitlichen Liquiditätsbereitstellung durch die nationalen Zentralbanken sei eine Risikoverlagerung aus dem Privatsektor auf das Eurosystem: Banken, die sich am privaten Kapitalmarkt nur noch zu ungünstigen Konditionen Geld leihen können, verschuldeten sich verstärkt beim Eurosystem.

Aus Sicht der Bundesbank-Ökonomen sollten die Mitgliedsländer den Handlungsspielraum, den ihnen die Schutzfunktion der Währungsunion verschafft, nun nutzen, um mit einer angemessenen Politikmischung aus gesunden öffentlichen Finanzen und einer wirksamen Regulierung des Finanzsektors finanzielle und makroökonomische Stabilität sicherzustellen. Positive Impulse erwarten die Bundesbank-Ökonomen außerdem von der sogenannten europäischen Kapitalmarktunion, in deren Rahmen der Aufbau eines integrierten Kapitalmarkts bis zum Jahr 2019 geplant ist. "Die Implementierung einer europäischen Kapitalmarktunion kann dazu beitragen, die internationale Risikoteilung auf marktwirtschaftlicher Basis weiter auszubauen und zugleich Anreize zu effizienteren Wirtschaftsstrukturen setzen", heißt es im Bericht.