Weidmann für Enddatum der Anleihenkäufe

Bundesbankpräsident Jens Weidmann hat sich dafür ausgesprochen, das Anleihekaufprogramm des Eurosystems im Jahr 2018 zu beenden. Mit Blick auf die anziehende Teuerungsrate bekräftigte Weidmann seine Einschätzung, dass sich die Verbraucherpreise im Euroraum auf einem Pfad hin zur angestrebten Inflationsrate von knapp zwei Prozent befinden. Dies würden auch die Prognosen des Eurosystems zeigen. "Wenn sich die positive Entwicklung aber fortsetzt, wäre es konsequent, über den derzeit beschlossenen Rahmen hinaus keine substanziellen Nettokäufe mehr vorzunehmen", sagte Weidmann in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

Im Oktober 2017 hatte der EZB-Rat entschieden, die monatlichen Käufe von Wertpapieren ab Januar 2018 von 60 auf 30 Milliarden Euro zu halbieren. Gleichzeitig wurde beschlossen, die Käufe bis mindestens September 2018 fortzusetzen. Aus der Sicht des Bundesbankpräsidenten sollte ein klares Enddatum für die Käufe festgelegt werden. Der EZB-Rat sei aber mehrheitlich noch etwas vorsichtiger und habe noch keinen Endtermin beschlossen. Weidmann erinnerte daran, dass Staatsanleihenkäufe aus seiner Sicht grundsätzlich nur ein Notfallinstrument sein sollten, etwa wenn eine Deflation drohe. Die Käufe hätten nicht vernachlässigbare negative Nebenwirkungen: So seien die Zentralbanken dadurch inzwischen zu den größten Gläubigern der Staaten geworden, sagte der Bundesbankpräsident. Dies verwische immer stärker die Grenze zwischen der Geld- und der Fiskalpolitik und könne den Ausstieg aus den Sondermaßnahmen erschweren, so Weidmann.

Teuerung könnte durch dynamischeres Lohnwachstum zulegen

In der Diskussion um eine mögliche Leitzinserhöhung verwies der Bundesbankpräsident auf die aktuelle Kommunikation des EZB-Rats hinsichtlich der längerfristigen Ausrichtung seiner Geldpolitik. Die Erwartung einiger Analysten, dass der Leitzins frühestens Mitte 2019 angehoben werde, stehe mit dieser Kommunikation im Großen und Ganzen im Einklang. "Diese besagt, dass die Leitzinsen erst merklich nach dem Ende der Nettokäufe erhöht werden", sagte Weidmann.

Weidmann äußerte sich in dem Interview ebenfalls zur Lohnentwicklung auf dem deutschen Arbeitsmarkt. Die Bundesbank äußere keine Empfehlungen oder Wünsche, wie stark die Löhne steigen sollten. Sie müsse allerdings Annahmen zur Lohnentwicklung für ihre gesamtwirtschaftlichen Prognosen treffen und sie äußere sich dazu, welcher Lohnanstieg mit Preisstabilität vereinbar sei. Die derzeitige Lohnentwicklung in Deutschland sei zwar schwächer, als dies allein die Wirtschaftslage erwarten ließe. In Deutschland spiele aber auch die Migration aus den EU-Ländern eine Rolle: "Sie hat das Arbeitskräfteangebot erhöht und den Lohnanstieg gedämpft", sagte Weidmann. Außerdem hätte für Gewerkschaften in Tarifverhandlungen die Bedeutung von Nicht-Lohn-Bestandteilen zugenommen, etwa Regelungen zur Arbeitszeit oder zur Alterssicherung. Für das nächste Jahr erwarte die Bundesbank vor dem Hintergrund der anhaltend starken deutschen Konjunktur eine dynamischere Lohnentwicklung mit einem Anstieg von etwas über 3 Prozent. "Nicht zuletzt dadurch dürfte auch die Teuerung wieder stärker steigen", sagte Weidmann.

Bitcoins aus Sicht von Weidmann kein reguläres Zahlungsmittel

In der Europapolitik erinnerte Weidmann an seine Kritik an den jüngsten Reformvorschlägen der Europäischen Kommission: "Die Fiskalregeln werden im Ergebnis nicht gestärkt, während gleichzeitig zunehmend Elemente von Gemeinschaftshaftung im Euroraum eingeführt werden sollen", so der Bundesbankpräsident. Dies mache die Währungsunion nicht zukunftsfester, weil Handeln und Haften dann noch weiter auseinanderfielen. Sicherlich gebe es Aufgaben, die am besten auf europäischer Ebene angegangen werden müssten, etwa die gemeinsame Sicherung der Außengrenzen und transnationale Energie- und Kommunikationsnetze. "Ich würde aber mit der Definition der Aufgaben beginnen und nicht mit der pauschalen Forderung nach mehr Geld für Europa", sagte er. Zum Vorschlag, eine sogenannte Stabilisierungsfazilität im Sinne eines Fonds zu schaffen, der an Länder im Krisenfall ohne Auflagen Hilfskredite zahlen solle, äußerte sich der Bundesbankpräsident zurückhaltend. Die bestehenden Regeln und Vorkehrungen in der Währungsunion seien ausreichend, denn "ein Mitgliedsland mit soliden Staatsfinanzen kann bei Abschwüngen oder Krisen wirksam fiskalisch gegensteuern, ohne gegen die Fiskalregeln verstoßen oder auf Hilfe anderer zurückgreifen zu müssen", so Weidmann. Für eine abschließende Bewertung käme es aber auf die genaue Ausgestaltung einer solchen Fazilität an.

Zum Thema Kryptowährungen sagte Weidmann, dass er beispielsweise Bitcoins nicht als reguläres Zahlungsmittel sehe. Transaktionen dauerten recht lange, zudem wären sie nicht wertstabil, was ein Zahlungsmittel aber sein müsse. Zu Forderungen, angesichts starker Wertschwankung Kryptowährungen stärker zu regulieren, äußerte sich der Bundesbankpräsident zurückhaltend. Es gebe schließlich viele Formen, sein Geld hochriskant anzulegen und vielleicht zu verlieren. Wichtiger sei es, sich mit der Rolle von Kryptowährungen bei Kriminalität wie Erpressungen, Geldwäsche oder Terrorismus-Finanzierung auseinanderzusetzen. Für die Notenbanken stelle sich auch die Frage, ab welchem Punkt sie die Finanzstabilität gefährden könnten, etwa wenn Banken dafür zunehmend Kredite oder Liquidität bereitstellen würden. "Gerade angesichts des Hypes um die Kryptowährungen ist es aber aus meiner Sicht umso wichtiger, dass die Regulatoren einen kühlen Kopf bewahren und die Notwendigkeit von Eingriffen sorgfältig prüfen", sagte Weidmann.