Jens Weidmann im Foyer der Bundesbank-Zentrale ©Gaby Gerster

Weidmann: Vertrauen wertvollstes Kapital einer Zentralbank

Bundesbankpräsident Jens Weidmann hat die Bedeutung der Unabhängigkeit von Zentralbanken für ihren Erfolg herausgestellt. Sowohl die ökonomische Theorie als auch die historische Erfahrung hätten gezeigt, dass unabhängige Zentralbanken besser ausgerüstet seien, um die Inflation in Schach zu halten, sagte er bei einer Rede in Pretoria. „Um ihre Unabhängigkeit zu verteidigen, sollten die Zentralbanken ihre Mandate eng auslegen und die Unterstützung der breiten Öffentlichkeit suchen“, so Weidmann.

Euroraum noch nicht krisensicher

Mit Blick auf die Finanz- und Staatsschuldenkrise im Euroraum wies Weidmann auf fortbestehenden Reformbedarf hin. Neben wirtschaftlichen Fehlentwicklungen in den Mitgliedstaaten seien auch Schwachstellen im institutionellen Aufbau der Währungsunion zu den Ursachen der Krise zu zählen. „Der Euro hatte eine unbeschwerte Kindheit, aber eine schwierige Jugend“, sagte der Bundesbankpräsident mit Blick auf nunmehr 20 Jahre Gemeinschaftswährung. Mittlerweile habe es zwar wichtige Verbesserungen gegeben. Weidmann nannte hier explizit die Einführung eines permanenten Euro-Rettungsschirms sowie die Gründung der gemeinsamen europäischen Bankenaufsicht. „Dennoch haben wir noch nicht genug getan, um den Euroraum ein für alle Mal krisenfest zu machen", mahnte Weidmann. So seien weitere Schritte erforderlich, um etwa den europäischen Verschuldungsregeln die notwendige Glaubwürdigkeit zu verschaffen oder die unheilvolle Verknüpfung von Staaten und Banken zu lösen. „Der fortbestehende Reformbedarf im Euroraum birgt Risiken für das Eurosystem“, warnte Weidmann. Die Geldpolitik könnte gezwungen werden, erneut als Krisenfeuerwehr zu agieren. Das könnte es der Europäischen Zentralbank (EZB) erschweren, sich auf das Versprechen einer stabilen Währung zu konzentrieren.

Wissen schafft Vertrauen

Weidmann betonte in seiner Rede, wie wichtig das Vertrauen der Bevölkerung für die Arbeit der Notenbanken sei. Vertrauen finde man nicht in der Bilanz einer Zentralbank, es sei aber letztendlich ihr wertvollstes Kapital, sagte der Bundesbankpräsident. „Das Vertrauen der Bevölkerung gibt uns die Möglichkeit, Entscheidungen zu treffen, die auf kurze Sicht nicht immer beliebt sind“, sagte Weidmann. Es sei aber Aufgabe der Zentralbanken, der Öffentlichkeit verständlich zu machen, warum ihre Arbeit dennoch vorteilhaft für die Gesellschaft sei.

Weidmann ging in diesem Zusammenhang auch auf die Bedeutung von Wissen für die Vertrauensbildung ein. Studien zeigten, dass Wissen über Notenbanken und Geldpolitik einen positiven Einfluss auf das Vertrauen in Zentralbanken hätten, erklärte er. Effektive Kommunikation zu geldpolitischen Themen könne nur dann funktionieren, wenn die Menschen ein grundsätzliches Verständnis von Begriffen wie Inflation oder Zinsen hätten. Die Bundesbank engagiere sich daher stark auf dem Gebiet der ökonomischen Bildung, indem sie beispielsweise Seminare für Lehrkräfte und Schulklassen veranstalte und ein Geldmuseum betreibe.

20 Jahre Euro

Mit Blick auf das Euro-Jubiläum bezeichnete Weidmann die Stabilität der gemeinsamen Währung als Erfolg. In den vergangenen 20 Jahren habe die Inflationsrate im Euroraum bei durchschnittlich 1,7 Prozent gelegen, wobei der EZB-Rat bei einer Inflation von „unter, aber nahe 2 Prozent“ von Preisstabilität spreche. Im Vergleich zu seinen Vorgängerwährungen, wie der D-Mark oder dem Franc, sei der Euro sogar eine noch stabilere Währung, so Weidmann.