Newsletter „Zahlungsverkehr und Wertpapierabwicklung“ 45. Ausgabe – März 2021

Neues aus der Analyse

Diskussionspapier beschäftigt sich mit verschiedenen Datenquellen zum Geldmarkt, teilweise basierend auf Zahlungsverkehrsdaten

25.03.2021

Eine gute Datengrundlage ist die Voraussetzung für fundierte Analysen, die Entscheidungsträger in ihrem Handeln leitet. Möglichst granular verfügbaren und zuverlässigen Daten zum Geldmarkt kommt deshalb eine wichtige Bedeutung zu: Daten zur Geldmarktaktivität spielen für die geldpolitische Implementierung eine wichtige Rolle. Daneben dienen Geldmarktzinssätze als Referenzzinssätze, an denen sich etwa Kreditzinsen von Banken orientieren und auf die sich Finanzkontrakte beziehen. 

Die Autoren Alexander Müller und Jan Paulick untersuchen in einem neuen Papier  Geldmarktdaten aus verschiedenen Quellen, die teils mit nicht unerheblichem Aufwand erhoben werden. Im Bereich des unbesicherten Interbankenmarkts kommen dabei drei unterschiedliche Verfahren zum Einsatz, die sich hinsichtlich der Stichprobe, der Marktabdeckung und der Granularität unterscheiden:

  • Umfragedaten auf freiwilliger Basis
  • Daten auf Grundlage von Meldepflichten
  • Aus Zahlungsverkehrsdaten identifizierte Geldmarkttransaktionen

Aggregierte Umfragedaten haben den Nachteil, dass die Mikrostruktur des Geldmarkts nicht detailliert analysiert werden kann. Zudem sind Umfragedaten weniger zuverlässig und schlimmstenfalls anfällig für Manipulation. 
Um Umfang und Qualität der verfügbaren Daten zu verbessern und damit die Analysefähigkeit des Eurosystems zu erhöhen, werden seit Juli 2016 transaktionsbasierte Daten im Zuge der Geldmarktstatistik (Money Market Statistical Reporting - MMSR) erhoben.
Neben Umfrage- und Meldedaten können unbesicherte Geldmarktkredite aus Zahlungsverkehrsdaten abgeleitet werden. Ein Algorithmus paart Auszahlungen und Rückzahlungen zweier Banken auf Basis von Annahmen zu Marktkonventionen und plausiblen Zinssätzen. Grundlage bilden Daten aus TARGET2.
Erstmals nehmen die Autoren Müller und Paulick einen detaillierten Vergleich von Transaktionsdaten der Geldmarktstatistik und der aus TARGET2 abgeleiteten Daten für das Segment des unbesicherten Interbankengeldmarkts vor. Der Titel „The devil is in the details“ spiegelt die mannigfaltigen Unterschiede und deren komplexes Zusammenspiel wider. Die Unterschiede sind jedoch erklärbar, wie der Zusatz im Titel („but so is salvation“) deutlich macht. Neben methodischen und technischen Spezifikationen identifizieren die Autoren das geldpolitische Umfeld, die Struktur des Bankensystems und die Lage an den Finanzmärkten als relevante Einflussfaktoren. 
Insgesamt erweist sich die Geldmarktstatistik als der umfassendere Datensatz, insbesondere durch die Abdeckung von Segmenten über den unbesicherten Interbankenmarkt hinaus. Bestimmte Transaktionen werden jedoch nur in den TARGET2-Daten erfasst. Die Identifizierung aus Zahlungsverkehrsdaten ermöglichte es im Eurosystem auch vor dem Start der Geldmarktstatistik Analysen des unbesicherten Geldmarkts auf Basis von Transaktionsdaten durchzuführen. Auch zukünftig können beide Datenquellen verwendet werden und sind dabei als Komplemente zu sehen. Methodische Pluralität kann daher die Robustheit von Analyseergebnissen erhöhen.